Innsbruck / Tiroler Landestheater: „ARIADNE AUF NAXOS“ 15.11.2025 – Zerbinetta triumphiert

Foto: Toni Suter
Es war ein typischer Repertoire-Abend mit einigen vokalen Glanzpunkten, viel Solidem und auch Unerfreulichem.
Dass diese Neuinszenierung (Pr. 20.9.) einen weiteren Beweis lieferte, wie eine banal-ideenarme Regie (Nina Russi) mit hilfloser Personenführung einem Meisterwerk wie der „Ariadne“ jeglichen Zauber nehmen kann, konnte bereits bei der Premiere festgestellt werden. Unter Insidern kursierte in früheren Jahren der Kalauer „Ist des Regisseurs Ideenkraft versiegt, werden Kinder und / oder Tiere auf die Bühne gehievt“. Heutzutage bedient man sich stattdessen mit zumeist fragwürdigen, dem Stück nicht gerecht werdenden Videoeinspielungen, deren Sinn lediglich die Eingeweihten erklären können. Desgleichen gilt das auch für das unlogische Hineinplatzen von Bühnenpersonal in eine Szene, in der es laut Textbuch noch gar nichts verloren hat. Selten wird man ein derart belangloseres Vorspiel zu sehen bekommen als in dieser Produktion – steriles Ambiente, die köstlichen Pointen werden nicht serviert, sondern lediglich herunter gehudelt. Susanne Gschwenders atmosphärenbefreite Szenerie sowie Annemarie Bullas seltsames Kostümgemisch (Zerbinettas Begleiter treten durchwegs unbehost auf. Sinnhaftigkeit??? Oder ist das Geld für deren Beinkleider ausgegangen?) trugen auch nicht zur optischen Erbauung bei.
Auch musikalisch blieben etliche Wünsche unbefriedigt. Mit Staunen vernahm man, wie undifferenziert, stellenweise sogar grobschlächtig das Spiel des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck unter Leitung von Gerrit Prießnitz dieser kostbaren Partitur zu Leibe rückte. Ohne Rücksicht auf so manche Sängernöte wurde darauf losgespielt. Ärgerlich! Zum Glück veredelten zumindest einige wenige Sänger den Hörgenuss. Zuvörderst gilt es, Annina Wachter als virtuose Zerbinetta zu würdigen. Keine Zwitschermaschine, sondern ein Mensch mit Herz und Charme vollbrachte mit ihrem fülligen, höhenstabilen Sopran Ohrenfreuden ohnegleichen. Die „Großmächtige Prinzessin“ gelang ihr fabelhaft. Obwohl als indisponiert angekündigt, vollbrachte Florian Stern als göttlicher Knabe Bacchus Beachtenswertes. Ohne Anstrengung bewältigte er die tenoralen Aufschwünge im Schlussduett mit Ariadne. Der wunderschöne Gesang von Camilla Lehmeier (Komponist) bereitete uneingeschränktes Vergnügen, sofern sie von den Orchesterwogen nicht erdrückt wurde. Anna Gabler (Ariadne – Debut) überzeugte in ihren Klagegesängen mehr als im finalen Liebesrausch mit Bacchus. Da machte sich ein breites Vibrato bemerkbar. Generell ging die Sängerin mit den herrlichen Strauss-Sopran-Bögen sehr sparsam um. Benjamin Chamandy (Harlekin), der im Anschluss an die Vorstellung mit dem Förderpreis der „Freunde des TLT“ für seine herausragenden Leistungen in der Saison 24/25 gewürdigt wurde, sang das melancholische Ständchen wunderschön. Jacob Philipps (ein sehr junger Musiklehrer!), Oliver Sailer (Brighella), Abongile Fumba (Dryade) sowie Anastasia Lerman (Echo) erfüllten ihre Aufgaben routiniert-zufriedenstellend. Hazel Neighbours vorlauter, zur Schärfe neigender Sopran störte die Nymphengesänge empfindlich, Jakob Nistler gab mit verquollenem Tenor und läppischem Tuntengetue den Tanzmeister. So manche Engagements werfen Fragen bezüglich der Qualitätsansprüche des Hauses auf.
Ausdauernd herzlicher Applaus mit starken Ovationen für Annina Wachter und Camilla Lehmeier sowie Benjamin Chamandy.
Dietmar Plattner

