Inés Moreno Uncilla ist eine der faszinierendsten Künstlerinnen ihrer Generation, die sich mit Leidenschaft und Expertise dem Cembalo widmet
Inés Moreno Uncilla. Foto: Daniele Caminiti
Inés Moreno Uncilla ist eine der faszinierendsten Künstlerinnen ihrer Generation, die sich mit Leidenschaft und Expertise dem Cembalo widmet. Bereits als Kind entdeckte sie ihre Liebe zu diesem besonderen Instrument, das seither ihr Leben prägt. In diesem Interview gibt sie spannende Einblicke in ihre künstlerische Vision, ihren persönlichen Zugang zur Musik und die Herausforderungen der historischen Aufführungspraxis. Sie spricht über die Bedeutung von Mozart und Johann Christian Bach für ihre aktuelle CD, ihre prägenden Jahre an der Schola Cantorum Basiliensis und ihren Wunsch, das Cembalo einem modernen Publikum näherzubringen. Die Fragen stellte Ruth Wiedwald.
Ruth Wiedwald: Was bedeutet das Cembalo für Sie, sowohl beruflich als auch persönlich?
Inés Moreno Uncilla: Ich begann mit sieben Jahren Cembalo zu spielen, und seitdem ist es ein Teil meines Lebens. Natürlich habe ich auch Erinnerungen an die Zeit davor, aber ich könnte sagen, dass das Cembalo fast immer da war, soweit ich mich zurückerinnern kann. Als Kind denkt man nicht an die Zukunft, also war es damals einfach ein Instrument, das ich gerne spielte. Erst später wurde mir klar, wie wichtig es werden würde und dass es schließlich mein Beruf sein würde.
R.W.:Was ist am Klang des Cembalos besonders, das Sie Ihrem Publikum vermitteln möchten?
I.M.U.: Das Cembalo ist voller Farben und kann eine große Vielfalt an Klängen erzeugen, von sehr sanft und weich bis hin zu kraftvoll und intensiv – durch die Art des Anschlags und die verschiedenen Register..
R.W.: Was hat Sie an Ihrer neuen CD mit Mozart und Johann Christian Bach besonders fasziniert? Was bedeutet die Musik von Mozart und Johann Christian Bach für Sie persönlich?
I.M.U.: Indem ich den Kontext besser kennenlernte, in dem sich diese beiden Komponisten trafen und mehr über die Anekdoten, die sie gemeinsam erlebten erfuhr sowie über ihre gegenseitige Bewunderung las, konnte ich besser verstehen, was den jungen Mozart inspiriert haben könnte, Johann Christians Sonaten in diese Konzerte umzuwandeln. Diese Phase der Recherche ist wie eine Reise in die Vergangenheit, viele Jahrhunderte zurück. Es ist etwas, das man nicht in Worte fassen kann, ihre Musik unter den eigenen Fingern zu spüren und zu merken, dass sie noch heute lebendig ist. Ich liebe die Musik dieser Zeit und dieser beiden Komponisten sehr. Ein wichtiger Aspekt ist aber sicherlich auch, darüber nachzudenken, wo Johann Christian herkommt, denn unter der musikalischen Leitung von Johann Sebastian Bach aufzuwachsen – einem Komponisten, den ich tief respektiere – hat ihn mit Sicherheit enorm beeinflusst.
R.W.: Inwiefern beeinflusst Ihr spanisches Erbe Ihre Herangehensweise an diese Musik?
I.M.U.: Wie jeder Musiker habe auch ich eine persönliche Spielweise und vielleicht ist meine Art zu spielen durch meine starke Verbindung zur spanischen Musik geprägt. Doch wenn ich Alte Musik spiele und all das nutze, was wir glücklicherweise aus überlieferten Schriften und Dokumenten wissen, gestalte ich mein Spiel immer entsprechend der Epoche und dem Ort, aus dem die Musik stammt. Ich versuche so zu spielen, wie ich denke, dass es die Komponisten gewünscht haben – auch wenn es natürlich unmöglich ist, das genau zu wissen.
R.W.: Wie möchten Sie, dass Ihr Publikum Ihre Aufführung erlebt? Wie hoffen Sie, dass Ihre Zuhörer die Leidenschaft für das Cembalo in Ihrer Musik spüren?
I.M.U.: Ich hoffe einfach, vermitteln zu können, was ich fühle, wenn ich diese Musik spiele – die unterschiedlichen Farben und Klangregister des Instruments und das, was diese Musik in mir auslöst.
Inés Moreno Uncilla. Foto: Daniele Caminiti
R.W.: Wie haben Ihre Studien an der Schola Cantorum Basiliensis Ihre Perspektive auf die Cembalomusik verändert?
I.M.U.: Meine Zeit an der Schola Cantorum Basiliensis hat meinen Zugang zur Alten Musik insgesamt geprägt. Es ist wohl das einzige Konservatorium, in dem ausschließlich historische Instrumente gelehrt werden, von der mittelalterlichen bis zur romantischen Periode. Dadurch sind auch alle theoretischen Fächer konkret und tiefgehend auf diese Epochen fokussiert, was in anderen Einrichtungen nicht der Fall ist, da Alte Musik dort normalerweise nur eine kleine Abteilung innerhalb des Konservatoriums ist. Dieses intensive Eintauchen bringt uns der Musik, die wir spielen, viel näher.
R.W.: Was haben Sie aus Ihrer Zeit bei Andrea Marcon und Jörg-Andreas Bötticher mitgenommen?
I.M.U. Während meiner acht Jahre an dieser Institution wurde ich in der Cembalo-Interpretation von Andrea Marcon betreut, der meinen Zugang zur Musik und mein Spiel enorm beeinflusst hat. Außerdem wurde ich von Jörg-Andreas Bötticher in Generalbass und Cembalopädagogik unterrichtet, von dem ich ebenfalls viel gelernt habe. Eine weitere inspirierende Persönlichkeit war Dirk Börner, bei dem ich mich in Improvisation spezialisiert habe. Alle drei sind großartige Lehrer und Menschen.
R.W.: Was hat Sie bei der Auswahl der Werke für diese CD besonders beeinflusst?
I.M.U.: Im Rahmen meines Studiums spielte ich zwei der drei von Mozart adaptierten Konzerte und war begeistert. Da sie auf Sonaten von Johann Christian Bach basieren, fand ich es spannend, Konzerte und Sonaten gemeinsam zu präsentieren, um die Unterschiede erlebbar zu machen. Dabei entdeckte ich, dass die drei Sonaten aus demselben Opus stammen, was schließlich zur Idee führte, das gesamte Opus aufzunehmen.
R.W.: Wie setzen Sie die dialogische Struktur zwischen Cembalo und Orchester um?
I.M.U.: In diesem Fall können wir nicht wirklich von einem Orchester sprechen, da diese Konzerte für die Begleitung von zwei Violinen (jeweils mit einer eigenen Linie) und einem Cello geschrieben wurden. Es handelt sich um einen sehr intimen Klang, der als Kammerensemble betrachtet werden sollte. Bezüglich der dialogischen Struktur: Besonders auffällig ist der volle Klang im Tutti im Kontrast zu den Momenten, in denen das Cembalo solistisch spielt und die anderen Instrumente begleiten.
R.W.: Was sind die zentralen Aspekte der rhythmischen Raffinesse in diesen Werken?
I.M.U.: Ich denke, der Schlüssel in diesem Musikstil ist wahrscheinlich die Eleganz.
R.W.: Wie erreichen Sie ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Klangregistern des Cembalos?
I.M.U.: Man könnte es mit dem Dynamikumfang eines Klaviers vergleichen: Das Pianissimo entspricht dem Lautenregister auf dem zweiten Manual, das Piano dem Acht-Fuß-Register auf dem zweiten Manual, das Mezzopiano oder Mezzoforte dem Acht-Fuß-Register auf dem ersten Manual, das Forte den Acht-Fuß-Registern beider Manuale zusammen, und das Fortissimo diesen beiden Registern zusammen mit dem Vier-Fuß-Register. Man kann sie kombinieren und je nach musikalischem Moment wechseln, geleitet von den Gefühlen.
R.W.: Welche technischen Herausforderungen stellen die Solo-Sonaten von Johann Christian Bach dar?
I.M.U.: Besonders die fünfte Sonate hatte ein erstes Allegro assai und ein drittes Prestissimo. Aufgrund der Art, wie sie geschrieben sind, war ich intuitiv geneigt, beide fast im selben Tempo zu spielen. Ich wollte jedoch, dass der Zuhörer einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Tempi spürt, und musste daher meine Interpretation anpassen: Das erste langsamer spielen, als es sich für mich anfühlte, und das dritte schneller. Heute kann ich sie mir nicht anders vorstellen.
R.W.: Was möchten Sie mit Ihrer Musik erreichen, und wie hoffen Sie, dass Ihr Publikum reagiert? Wie möchten Sie, dass Ihre Arbeit das moderne Verständnis von Cembalomusik beeinflusst? Wie bleibt Ihre Musik für ein modernes Publikum relevant, und welche neuen Wege möchten Sie erkunden?
I.M.U.: Diese Fragen sind ziemlich schwierig, und ich habe keine präzise Antwort. Ich habe keine konkrete Erwartung, wie das Publikum reagieren soll. Ich hoffe einfach, dass ich ihnen durch mein Spiel vermitteln kann, was ich fühle, wenn ich spiele, und was ich über Musik empfinde. Das Cembalo ist immer noch ein ziemlich unbekanntes Instrument, und ich hoffe, dass es mit der Zeit immer bekannter wird und die Alte Musik auch ein jüngeres Publikum erreicht.
Inés Moreno Uncilla | Cembalo
Minué Ensemble
OPUS V
W.A. Mozart |J. Ch. Bach
Ars Produktion, Juli 2024