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HOMBRECHTIKON/ ZÜRICH/ Operettenbühne: DER VOGELHÄNDLER

08.10.2018 | Operette/Musical


Adam (Daniel Zihlmann) schenkt die Rosen der Post-Christel (Andras Suter) – Die Kurfürstin (Cecilia Berglund) und Stanislaus (Luca Valentin Bernard) haben das Nachsehen. Copyright: Heiri Mächler

Operettenbühne Hombrechtikon/Zürich: DER VOGELHÄNDLER  

Premiere 8.9.2018, besuchte Aufführung 7.10.2018  

Lockere Professionalität    

Die Operettenbühne Hombrechtikon bringt jedes Jahr in Eigeninitiative eine Operette oder eine Oper des leichten Genres auf die Bühne und spielt sie dann en Suite sechzehn Mal.

Diesmal fiel die Wahl auf Carl Zellers „Vogelhändler“- wahrlich eine gute Wahl. Diese Operette, wohl eher eine Opéra comique, verzichtet musikalisch auf billige Effekte und entzückt durchwegs durch die wirklich gepflegte Komposition, die Charme, Pepp und Qualität aufweist. Das kleine vorzügliche Orchester stand auch diesmal unter der Leitung des erfahrenen Dirigenten Caspar Dechmann, der gerade für dieses Genre ein ausgezeichnetes Flair besitzt. Obwohl er das Orchester zu animiertem Musizieren führt, deckt er niemals die Sänger und Sängerinnen zu. Er atmet mit ihnen, unterstützt sie, feuert sie an, gibt ihnen Sicherheit, hilft ihnen auch über eventuell knifflige Stellen hinweg: einfach grossartig. Auch den aus Laien zusammengesetzten spielfreudigen Chor führt er sicher durch die nicht ganz einfache Partitur des Zeller’schen Kleinods. Denn das ist „Der Vogelhändler“ in der Tat.  Natürlich kennt man die Schlager wie das Adams-Lied, die „Rosen, die man sich im Tirol schenkt“ und die „Christel von der Post“, aber es gibt mindestens ebenso viele wunderbar lyrisch empfundene Arien, Duette und vor allem ganz fabelhafte Ensembles.

Das Sänger-Ensemble war auch diesmal hervorragend ausgewählt und mit den ihm richtig angepassten Partien besetzt. Der Vogelhändler Adam findet in Daniel Zihlmann einen typengerecht perfekten Darsteller und auch Sänger. Allerdings dürfte ihm die „Rosen aus dem Tirol“ nicht ganz in der Stimme liegen, das könnte er noch optimieren. Zihlmann war der einzige, der sich im Tiroler Dialekt versuchte, den er auch ganz gut hinkriegte. Seine Partnerin, die Christel von der Post, war mit der jungen Andrea Suter ideal besetzt. Die Sopranistin singt mit einer richtigen lyrischen Soubretten-Stimme technisch sauber und verfügt über eine herrlich freie Höhe. Dass sie es fertigbrachte, fast den ganzen Abend in einem gelben Overall auch noch apart auszusehen und charmant zu spielen – natürlich neben dem fabelhaften Gesang – zeichnete Andrea Suter ganz besonders aus. Als ihre Kollegin war Cecilia Berglund ebenfalls ideal eingesetzt. Obwohl vor der Pause etwas gar zurückhaltend, holte sie im dritten Akt gewaltig auf und verkörperte eine elegante Kurfürstin. Ihre Stimme hat ein ganz eigenes, apartes Timbre, wie man es heutzutage, wenn überhaupt, in diesem Fach kaum mehr antrifft. Erich Bieri war wieder in einer seiner Glanzrollen zu sehen und zu hören. Denn neben der Figur des „komischen Alten“ ist die Partie sängerisch von hohem Anspruch und muss auch richtig gut gesungen werden. So ist sie bei Erich Bieri bestens aufgehoben. Als sein Neffe Stanislaus war der junge Tenor Luca Valentin Bernard zu erleben.  Er verfügt über ein schönes lyrisches Material, welches er auch technisch gut zu nutzen weiss und vor allem stimmlich nicht mehr gibt, als er hat. Wir sind gespannt, wie sich der junge Mann in Zukunft entwickeln wird. Witzig und darstellerisch nicht übertreibend war Barbara Schröder als Adelaide und sang auch ansprechend. Jürg Peter war der erste Prodekan, d.h. hier waren’s nicht nur deren zwei, sondern gleich fünfe, die eine köstliche Revue-Nummer boten. Bravo auch den nicht genannten Kollegen. Nicht zu vergessen die Operettenkinder, die auch schon ganz gut wissen, wie man sich bei der Vorhangordnung verhält.

Und last but not least sei der Regie von Bettina Dieterle (mit Bühnenbild von Dave Leuthold und Kostümen von Monika Schmoll) ein grosses Lob gespendet. Wie diese Frau es verstanden hat, dieser Aufführung den Anstrich einer lockeren Professionalität angedeihen zu lassen, ist grosse Klasse. Jede Szene sitzt, es gibt keine regielichen Leerläufe und keine dramaturgischen Leerstellen. Alles hat einen guten Rhythmus und geht immer vorwärts, ohne jemals verhetzt oder verkrampft zu wirken. Auch wenn nicht verschwiegen werden darf, dass diese Operette auch „ihre Längen hat“ (Zitat aus „Ariadne auf Naxos“), wäre vielleicht im dritten Akt hie und da eine Raffung von Vorteil gewesen. Aber das ist reine Beckmesserei…

Fazit: ein gelungener Operettenabend auf erstaunlich hohem professionellen Niveau, wie man es den finanziell verwöhnten grossen Bühnen mal öfters wünschen möchte.

John H. Mueller

 

 

 

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