Jacques Offenbach: Die Prinzessin von Trapezunt, Theater für Niedersachsen, Hildesheim
Premiere am 03.03.2019
Es gibt gute und schlechte Gründe Raritäten auszugraben und da ist ein schlechter Grund, wie hier der 200. Geburtstag besser als gar kein Grund und das Stück weiter in den Archiven schlummern zu lassen. Wobei, eine echte Rarität ist diese Prinzessin gar nicht, denn zu des Komponisten Lebzeiten war sie eines seiner populärsten Werke. Nach dem die Operetten-Rarität, so die Pressemitteilung des Theaters für Niedersachsen, vor vier Jahren an den Ort seiner Uraufführung zurückkehrte, hat sich nun das Theater für Niedersachsen der Prinzessin von Trapezunt angenommen. Dazu hat man zwei Stars der Komischen Oper aus Berlin eingeladen: Max Hopp für die Inszenierung und Adam Benzwi, so weist es der Besetzungszettel aus, für «Musikalische Leitung und Klavier».
Foto: Jochen Quast
Für die neu erstellte Hildesheimer Fassung hat Adam Benzwi auf die zweite Fassung der Prinzessin von Trapezunt in der kritischen Edition von Jean Christophe Keck zurückgegriffen. Bereits während der Entstehung des Auftragswerks für ein Gastspiel der Bouffes-Parisiens in Baden-Baden (31.07.1869) arbeitete Offenbach an einer erweiterten Fassung für Paris, die ihre Uraufführung am 07.12.1869 erlebte. Die Texteinrichtung von Max Hopp verwendet die Fassungen von Julius Hopp und Harald Kunz. Neu eingefügt hat Max Hopp die Figur des Conférenciers, der durch den Abend führt. «Illusion ist hier Wahrheit» und «Träumen der Auftrag ans Publikum» wie er am Anfang ausführen wird.
Max Hopp zeigt die Prinzessin von Trapezunt in der Ausstattung von Caroline Rössle Harper der Handlung entsprechend als Theater im Theater und das ganz realistisch, wenn er am Anfang die Gauklertruppe zusammen mit den Bühnenarbeitern die Bühne («Êtres singuliers & bizarres doués de talents divers») aufbauen lässt. Vorher noch schwebt eine wunderschöne Puppe durch die schwarze Leere der Bühne. Ein phantastisches Traumbild. Als der Conférencier die Charaktere vorgestellt hat, Cabriolo, Chef der Truppe, transsilvanischer Gaukler in fünfter Generation, seine Schwester Paola, die glaubt ein verlorenes Fürstenkind zu sein, seine Töchter, die rebellische Regina und die verschlossene Zanetta, und Tremolini, zugelaufener Kammerdiener und jetzt Clown in der Truppe. Hopp erzählt die operettentypische Geschichte klar und deutlich, so dass der Handlung, auch weil mit hervorragender Diktion auf Deutsch gesungen wird, problemlos zu folgen. Es kommt, wie es in der Operette kommen muss, am Schluss kommen alle zusammen, die zusammen gehören. Menschlichkeit zieht ein: Cabriolo erhält seine Erhebung in den Adelsstand, die ihm da schon fast unangenehm wirkt und ist froh sein altes Leben weiterführen zu könne und Graf Kasimir kann sich seine Vorurteile bewahren, auch wenn er selbst zugeben muss einst ein Verhältnis zu einer Zirkusartistin gehabt zu haben. Die der französischen Operette eigene Sozialkritik könnte deutlicher zum Ausdruck kommen. Letztlich wird hervorragende Unterhaltung wie sonst in den Operetten an der Komischen Oper in Berlin geboten. Die Gedanken der Offenbach-Marionette (Beginn 2. Akt) über den Giebelspruch (Der Menschheit Würde | ist in Eure Hand gegeben | bewahret sie sie sinkt mit Euch | mit Euch wird sie sich heben) des Hauses mögen zwar richtig sein, sind an dieser Stelle aber deplatziert.
Ein entscheidender Beitrag zum gelungenen Abend ist wie fast immer im Fall von Operetten die musikalische Leitung Adam Benzwis vom Flügel aus. Er feuert die gut zwei Dutzend Musiker der TfN-Philharmonie im hochgefahrenen Graben leidenschaftlichst an und erreicht einen wunderbaren Orchesterklang: lyrisch, dramatisch, tänzerisch… Alles ist möglich!
Foto: Jochen Quast
Paul Hentze führt als Conférencier sehr angenehm und immer bestens verständlich durch den Abend führt. Zu grosser Form läuft er im dritten Akt auf, wenn er die drei Pagen Brocoli, Finochini und Riccardo gleichzeitig spielt und spricht. Bravissimo für ein wahrhaftes Kabinettstück! Levente György singt und spielt einen hervorragenden Cabriolo, Direktor der Gaukler. Katharina Schutza singt seine Schwester Paola und spricht die Rolle mit herrlichem Akzent. Meike Hartmann und Neele Kramer sind die manchmal arg dramatischen Töchter Zanetta und Regina. Julian Rohde als Prinz Raphael war als indisponiert angesagt und entzieht sich daher dem Bericht, da die Erkältung deutlich vernehmbar war. Jan-Philipp Rekeszus sang einen tadellosen Tremolini. Uwe Tobias Hieronimi gab einen herrlich sonoren Graf Kasimir und Dieter Wahlbuhl stand ihm als sympathischer Vertrauter Sparadrap und Erzieher seines Sohnes in Nichts nach.
Traumhafte Operette! Nicht verpassen!
Weitere Aufführungen (Musikalische Leitung und Klavier Adam Benzwi):
Di, 05.03.2019, 19:30 Uhr | Hildesheim
Sa, 09.03.2019, 19:30 Uhr | Hildesheim
Weitere Aufführungen (Musikalische Leitung und Klavier Sergei Kiselev):
So, 24.03.2019, 15:00 Uhr | Itzehoe
Mi, 27.03.2019, 15:00 Uhr | Nienburg
Do, 28.03.2019, 20:00 Uhr | Nienburg
So, 31.03.2019, 16:00 Uhr | Hildesheim
Mi, 08.05.2019, 19:30 Uhr | Hildesheim
So, 12.05.2019, 19:00 Uhr | Hildesheim
Do, 16.05.2019, 19:30 Uhr | Hildesheim
Mo, 20.05.2019, 19:30 Uhr | Hildesheim
So, 26.05.2019, 18:00 Uhr | Wolfsburg
Fr, 31.05.2019, 19:30 Uhr | Hildesheim
Do, 06.06.2019, 19:30 Uhr | Hildesheim
04.03.2019, Jan Krobot/Zürich