Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

HEILBRONN/ Komödienhaus: DER HEXER von Edgar Wallace – Spannung mit Humor. Premiere

20.05.2016 | Theater

„Der Hexer“ von Edgar Wallace im Komödienhaus Heilbronn – SPANNUNG MIT HUMOR

Premiere „Der Hexer“ von Edgar Wallace am 20. Mai 2016 im Komödienhaus/HEILBRONN

Achtung: „Spoiler“

04-Hexer_73
Nils Brück, Anjo Czernich, Oliver Frit, Sylvia Bretschneider, KatharinaLeonore Gobel. Copyright: Thomas Braun

In der Regie von Eike Hannemann (Ausstattung und Video: Birgit Stoessel) führt die Reise zurück in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts, wo die Edgar-Wallace-Filme im Fernsehen zum Publikumsrenner wurden. Ein schräges Zimmer mit großer Orgel, Fenster, Sessel und Schreibtisch verbreitet gleich zu Beginn eine unheimliche Aura. Man hört das Glockenläuten des Big Ben. An der Orgel sitzt der windige Londoner Rechtsanwalt Maurice Meister (sehr emotional: Oliver Firit), der einen Lorbeerkranz mit einer Morddrohung des „Hexers“ erhält, was ihn zunächst aber nicht allzu sonderlich aufregt. Dieser „Hexer“ nennt sich Henry Arthur Milton – aber im Programm wird bei seinem Namen kein Schauspieler aufgeführt, alles bleibt mysteriös und steigert die Spannung ganz erheblich. Seit Jahren ist Scotland Yard hinter diesem gefährlichsten Mann Englands her – völlig vergeblich. Mädchenhändler, schmierige Geldverleiher und Verbrecher sind seine Opfer. „Der Hexer ist ein Meister der Täuschung“, weiß die Polizei. Und er möchte nun zum Rächer in eigener Sache werden, denn seine Schwester Gwenda Milton beging Selbstmord – vermutlich ist ihr Liebhaber Maurice Meister daran schuld. Meisters Reichtum wächst auf wundersame Weise, wenn einer seiner Klienten irgendwo einen Raub begangen hat. Aber er ist jetzt vor dem „Hexer“ nicht mehr sicher. „Hallo! Hier spricht Edgar Wallace“ hallt es durch den Saal, das Licht geht aus, Pistolenschüsse krachen, unheimliche Gestalten huschen gespenstisch vorüber, recken die Hände in die Höhe und fuchteln unentwegt herum. Die Filmwelt der 60er Jahre macht auf sich aufmerksam.

Das ist hier überzeugend gelungen. Maurice Meister wird nun vor dem „Hexer“ geschützt, die Polizei umstellt sein Haus, ist letztendlich aber machtlos. Das zeigt Eike Hannemanns Regie sehr drastisch und mit satirischem Humor – etwa dann, wenn es zu einer wilden Verfolgungsjagd auf dem Hausdach kommt. Nils Brück mimt furios den Einbrecher Johnny Lenley, der seine Schwester Mary Lenley (ausdrucksstark: Katharina Leonore Goebel) in Gefahr sieht, die bei Maurice Meister angestellt ist und von diesem sexuell erpresst wird. Da braut sich etwas zusammen, das sehr elektrisierend wirkt. „Wo ist mein Geld, Meister?!“ schreit Johnny wütend und reisst eine Orgelpfeife heraus, mit der er den Rechtsanwalt massiv bedroht. Die Personen wissen im Grunde genommen gar nichts über den „Hexer“, das macht die Sache so kompliziert. Nils Brück als Inspektor Bliss und Anjo Czernich als Inspektor Alan Wembury von Scotland Yard werfen dem Rechtsanwalt Meister nun in seiner Wohnung vor, als Jurist ein Wohltäter für die Unterwelt zu sein, was dieser brüsk zurückweist. Oliver Firit als Meister kann hier das Publikum aufgrund seiner starken Bühnenpräsenz stets fesseln. Auch der schusselige Butler Samuel C. Hackitt, der von Raik Singer undurchsichtig gemimt wird, passt hier bestens ins Bild. Raik Singer spielt auch den seltsamen Polizeiarzt Dr. Lomond, der sich zuletzt plötzlich die Maske abzieht und sich als der „Hexer“ entpuppt.

07-Hexer_32
Raik Singer, Sylvia Bretschneider, Anjo Czernich. Copyright: Thomas Braun

Ein überraschendes Ende. Auch das Ende des Rechtsanwalts ist besiegelt, zumal er zuvor noch von der Ehefrau des „Hexers“, Cora Ann Milton (virtuos: Sylvia Bretschneider),  eindringlich gewarnt wird. Aber es ist alles vergeblich. Zahlreiche Bobbies versuchen das Opfer zu schützen – doch auf einmal geht das Licht aus, alles schreit panisch durcheinander, man hört einen gellenden Schrei. Maurice Meister hängt von seinem eigenen Spazierstock aufgespießt tot an der Wand – der „Hexer“ hat gnadenlos zugeschlagen. Im Schwarz-Weiß-Format gelingen Eike Hannemann hier packende Bilder. Die Bühnenfassung, die er zusammen mit Andreas Frane sorgfältig erstellt hat, beweist immer wieder ihre enorme visuelle Präsenz und Stimmigkeit. Da sitzt jede Pointe und jede Bewegung. Und es kommt keinen Augenblick Langeweile auf. Man lässt die Taten des legendären „Hexers“ noch einmal Revue passieren, der den „Frosch mit der Maske“ und den „Zinker“ tötete und erledigte. Am Ende sieht man den „Hexer“ mit seiner Frau Cora Ann in trauter Zweisamkeit – und plötzlich verschwindet er wieder, nachdem ihn seine Frau  zunächst scheinbar erschossen hat. Doch dies ist nur eine ganz raffinierte Finte.

„Niemand sah den Hexer wieder in dieser Nacht, noch in den vielen Nächten, die dieser folgten,“ heißt es bei Edgar Wallace am Schluss des Kriminalromans. Und auch Eike Hannemann lässt dieses unglaubliche Ende stark nachwirken. Riesenbeifall des Premierenpublikums.

Alexander Walther  

 

Diese Seite drucken