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HEIDELBERG: „TRULS MORK – BERGEN PHILHARMONIC ORCHESTRA – EDWARD GARDNER“

06.04.2019 | Konzert/Liederabende

Heidelberg: „TRULS MORK – BERGEN PHILHARMONIC ORCHESTRA – EDWARD GARDNER“  –  05.04.2019

Läutete eine Serie vielseitiger Liederabende den „Heidelberger Frühling 2019“ ein, stehen nun Symphonie-Konzerte mit internationalen Orchestern und Solisten im Fokus des Festivals.

Mit der Tondichtung „Don Juan“ (Richard Strauss“ eröffnete das Bergen Philharmonic Orchestra den spannenden Konzertverlauf. Das erste symphonische Werk des 24jährigen Komponisten gilt noch heute als sein bedeutendstes und tiefstes Orchesterklangerlebnis.

Gleich dem Leitgedanken zum Gedicht von Nikolaus Lenau wollte Strauss nicht den „Genießer“ verherrlichen sondern mehr oder weniger den diesseitsgerichteten, ewig Suchenden. Vortrefflich offerierte Edward Gardner mit dem prächtig musizierenden norwegischen Klangkörper den eigenwilligen Rhythmus, das überschwängliche Verlangen des Helden in unwiderstehlichem Fortissimo der Violinen bekundend. Schier berstend vor sinnlicher Kraft und Lebensfreude tönen die Hörner von der unermesslichen Lust des Helden und ganz in dessen Sinne strebte Strauss die Überwindung festgefügter Strukturen an. Zwar scheinen in dieser Tondichtung Sonatenansätze und Rondo-Formen  durch, bleiben aber dennoch Fragment. In überschäumender Musizierfreude offerierte Gardner mit seinem BPO jenen magischen instrumentalen Zauber, den drängenden Melodienverlauf, das Absinken der Triolen, die herrlichen Piani bis dem letzten finalen Aufbäumen aufs Trefflichste.

Im Mittelpunkt stand der in Bergen gebürtige Truls Mork mit dem „Cello-Konzert“ von Edward Elgar. Der norwegische Cellist adelte das Füllhorn ungeahnter Klangfarben, Melodik und Harmonik auf besonders kantable Weise. Traumhaft satte, warme, dunkelgetönte Couleurs entlockte Mork seinem Instrument in wunderbarer Schwerelosigkeit. In klanglicher Raffinesse formte der Cellist die tiefen Akkorde facettenreich in brillanter Akkuratesse, emotional feinnervig, melancholisch, wie aus einer anderen Welt erklang das Adagio.

Energiegeladen, dicht an der motivischen thematischen Verknüpfung begleitete sensibel Edward Gardner mit dem famos aufspielenden BPO den Solisten.

Die überschäumende Begeisterung des Publikums belohnte Truls Mork mit dem elegisch atmosphärisch musizierten Ersten Satz der „Cello-Sonata“ (Britten).

Nach der Pause erklang die „Erste Symphonie“ von Johannes Brahms, jenem musikalisch gemalten Epos, dem Kampf eines Menschen gegen die Gewalten des Schicksals. In mühevollen Schritten von quälender Unruhe erfüllt, von schwermütigen Dissonanzen durchwebt erhob sich das einleitende Motiv. Die Bässe das dunkle Kontrafagott intonierten die lastende Schwere des Themas. Mir schien Edward Gardner rückte die düsteren Farben des Allegro in Bruckner-Nähe jedoch keineswegs verstörend oder zu überdimensioniert. Ausgezeichnet entfaltete das konzentriert bestens disponierte norwegische Eliteorchester sein immenses instrumentales Spektrum und beleuchtete farbenreich den mystischen Charakter dieses chromatischen Satzes.

Nach und nach verlosch die Unruhe im Andante ab, Oboe und Klarinette stimmten zuversichtlichere Töne an, im Goldtimbre ertönte das Horn bis es dann im zartesten Gesang der Solovioline im Halbtonmotiv schwerelos verwebte. Wie in gedämpftem Licht erschienen die heiteren Bilder des Allegretto welche sich jedoch im weiteren Verlauf zur schmerzlichen Klage motivierten. Im graziösen Trio, dem „Hin und Her“ der bestens disponierten Bläser und den fein instrumentierten Streichern verlöschten all jene kummervollen Gedanken. Gegen Ende des Scherzo baten schließlich freundlichere Weisen zum heiteren Reigen.

Der eigentliche Schwerpunkt dieser genialen Symphonie liegt natürlich im letzten Satz: Adagio – Andante – Allegro. Der Chefdirigent setzte auf dynamisch-bewegte Artikulationen des vortrefflich musizierenden Bergen Philharmonic Orchestra, ließ weihevolle Klänge vom präzisen Chor der Posaunen „malen“, es gärte, brodelte nochmals heftig im orchestralen Geschehen, konsequent und leidenschaftlich führte Edward Gardner sein Orchester, welches er seit 2016 leitet,  in himmelstürmender Freude zum hellen Glanz des Jubel-Finales.

In diesen Jubel stimmte auch das begeisterte Publikum mit ein und wurde mit zwei Zugaben belohnt: hinreißend karikativ artikuliert erklang „Der Kobold“ (Grieg) und fein strukturiert, transparent gesponnen ein „Prelude“ (Walton).

Gerhard Hoffmann

 

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