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HEIDELBERG/ Theater: LES CONTES D’HOFFMANN. Neuinszenierung

03.11.2022 | Oper international

Heidelberg: Les Contes d’Hoffmann  2.11.2022

hof
Foto: Theater Heidelberg/Susanne Reichhardt

Das Theater Heidelberg stellt eine Neuinszenierung von ‚Hoffmanns Erzählungen‘ von J.Offenbach vor. Sie ist im ganzen sehr schmissig und laut und trumpft auch vom Visuellen her in fast schreienden bunten Farben der Kostüme auf. Dazu viel Bewegung auf der Bühne in dem Kunstzirkel, so wie ihn sich Regisseurin Andrea Schwalbach im modernen Ambiente vorstellt. Kein Theater, keine urige Kneipe, dafür eine Einheitsbühne aus warmem rotbraunem Mahagony-Holz eines bürgerlichen Salons mit großer Nische nach hinten für Chorauftritte und eine kleinere links als Rückzugsraum für Olympia, Antonia und Giulietta. In die Wände sind Regale für Bücher und Globusse eingelassen (Bühnenbild: Anne Neuser).

Die Stella, die ja im Anfangs- und Schlußakt, also in der Realhandlung, alle der drei Geliebten Hoffmanns in den Erzählungen stumm verkörpern soll, hat Schwalbach mit der Schauspielerin  Katharina Ley aufgewertet, die in allen Akten präsent ist und auf  französisch Zwischentexte rezitiert. Wie auch die anderen Figuren der einzelnen Akte dauerpräsent sind, ein beliebter Griff des Regietheaters. Während Stella in den ersten Akten eher männlich konnotiert ist, dabei aber auch mit der Muse Nicklausse ins Gehege kommt,  ist sie am Ende wie ein Tanzmariechen gekleidet, also super weiblich, und fungiert damit vielleicht als ‚Reserve‘ für die ebenfalls verlorene Giulietta. 

Wie schon angedeutet kommt die Musik (Dirigent: Elias Grandy) eher sehr selten mit leisen Passagen daher. Aber daß viele Instrumentalgruppen und -soli der Philharmoniker so zupackend (sforzati bei den Geigen) agieren, hat natürlich auch sein Gutes bei der oft schon plakativen Musik. Nur bei den Arienbegleitungen nimmt Grandy seine Musiker etwas zurück. An einigen Stellen fällt auch auf, daß die Texte (deutsche Übertitelungen) die Musik sozusagen interpretieren, denn man sieht sie plötzlich wie in einem anderen Licht.

Aber dem Chor samt Extrachor scheint das Orchester von der Lautstärke her überlegen, da könnten dann doch noch ein paar ausdrucksstarke Stimmen hinzukommen. Der vielleicht beste Chor im Olympia- Akt wird sehr akkurat genommen (E.: Michael Pichler).

Die Olympia (rotschwarzes Kostüm mit Bustier und Tutu) ist Theresa Immerz und kann nicht auf sehr hohem Niveau agieren. Sie spielt zwar lässig und gekonnt den Automaten, die Spitzentöne wirken aber fast gewaltsam herausgeschleudert, und die Intonation und Präzision leiden auch in den hohen Regionen bei sonst angenehmem Timbre. Antonia, Alyona Rostovskaya, hat dagegen keine technischen Schwierigkeiten, ihr lyrischer Sopran scheint aber eher matt. Während Immerz ihre wuscheligen Naturlocken auch ins Spiel einbringt, trägt Rostovskaya eine Perücke, die wie ein glattes Dach ihren Kopf bedeckt. Einen weißen Rock mit kleinen Mustern läßt sie bei der Arie und im Duett mit Hoffmann glockenhaft schwingen. Giulietta Zlata Kershberg hat im 4.Akt ihren eher einen kurzen Auftritt. Mit warmer voluminöser Stimme und raffiniertem Kleid (Kost.: Alexandre Corazzola) zieht sie sich aber gut aus der Affäre.  Die Stimme der Mutter gibt Kylie Slee.

Den Hoffmann stellt überragend Zurab Zurabishvili, ein Heldentenor erster Güte. Nach dem Klein Zack-Lied, in dem er gleich zur ersten Geliebten abdriftet, kommt er in der ‚Olympia‘ schnell auf Hochtouren. Sein rundes schmeichelhaft einnehmendes Timbre kommt ihm zustatten, und er kann sich als einziger in dunkel -schwarzen Umhang als wirklicher Künstler gerieren, auch mit schmucker strahlend gänzender Brille bei Olympia.

.Die Stella und den Nicklausse singt Vera Semieniuk mit ansprechend schönem gutgeführtem Sopran.

Die ’schwarzen‘ Gegenspieler Lindorf, Coppelius Miracle, Dapertutto werden großartig von James Homann gegeben. Er strahlt, auch im beige-grau melierten  Stutzeranzug als Dr.Miracle abgründige schwarze Boshaftigkeit aus. Nathanael, Spalanzani und Pitichinaccio werden tenoral von Winfrid Mikus, auch zum Teil witzig gestaltet. Crespel, auch wie er eine Vaterfigur, wird als Vater Antonias bassal von Wilfried Staber in einem köstlichen blauen Jackett gegeben. Als Nebenfiguren komplettierten Adrien Mechler und Xiangnan Yao.                      

Friedeon Rosén

 

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