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HEIDELBERG/ Theater: DIE HEILIGE ENTE von Hans Gal – Wiederaufnahme

27.10.2023 | Oper international

Theater Heidelberg: Die heilige Ente, von Hans Gal, 26.10.2023, Wiederaufnahme

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Foto: Theater Heidelberg

„Die heilige Ente, Ein Spiel mit Göttern und Menschen“, Textdichtung K.M. von Levetzow und L.Feld, Uraufführung vor 100 Jahren, also 1923, deutet im Untertitel eher auf ein Singspiel und eine Komödie hin als auf eine (große) Oper. Tatsächlich entstand sie aber im Reigen der Erfolgsopern der 20er Jahre in der deutschen ‚Weimarer Republik‘ und Österreich mit anderen Opern von Zemlinsky, Franz Schreker, Korngold,aber auch R.Strauss,die bis auf letzteren ab 1933 verboten wurden,entweder weil sie für die Nazis zu modern oder ihre Verfasser jüdischer Abstammung waren.

‚Die heilige Ente‘ bedient sich auch an der damaligen Mode für Stoffe aus exotischen Ländern, hier einem sagenhaft vorzeitlichen China, in dem unter kaiserlicher Oberhoheit die Mandarine in abgesperrten Bezirken herrschten.Aus Langeweile wollen die Götter „über dem Wasserbecken, an der Türe und an dem überhöhten Sitz“ (auch gesanglich höchst präsent Jaesung Kim, Lars Conrad, Han Kim) ein wenig Chaos unter den Menschen stiften. Und zwar im Vorspiel, bei dem sie,ganz ergraut mit langen Bärten und fantastischen Kopfbedeckungen auf einem zentralem Sockel hocken. Musikalisch lässt Gal gleich keinen Zweifel daran aufkommen,dass er von der Romantik weg will, mit grossem Symphonieorchester witzig charakteristische Situationen mit individueller Tonsprache plastisch schildern kann und sich damit konsequent in die Reihe anderer damaliger ‚Neutoener‘ wie Hindemith oder auch Hans Eisler katapultiert. 

Die Story nimmt sich so aus: Der Kuli Yang hat eine ‚heilige Ente‘ beim Haushofmeister des Mandarins abzuliefern, die ihm aber entfleucht. Er wird vom Mandarin zumTod durch Enthauptung verurteilt. Im heiligen Bezirk hat er vorher Li, die Frau des Mandarins gesehen und sich in sie verliebt. Sie erfleht Gnade für Yang, und in einer Sommernacht des Vergessen gewährt der Mandarin Opium und Tee für alle. Im Schlaf vertauschen die Götter die Köpfe von Yang und dem Mandarin, von Bonze (Polizist) und Gaukler,was bei diesen auch zu Streit um die Tänzerin führt. Yang erfährt dadurch die Liebe Lis,und am Morgen stürzen sie sich alle auf den Mandarin und wollen ihn köpfen. Yang begreift, daß er für den Mandarin gehalten wird, nun kann er alle Standesunterschiede abschaffen und die Götter auch gleich dazu. Diese tauschen aber gleich die Köpfe wieder zurück. Yang, nun von Li abgewiesen, resigniert im 3.Akt an der Liebe und am Leben, aber die Ente schickt ein Ei als Wunderzeichen von oben und somit wird er als Götterbote zum Entenbonzen erhoben.

Im diesem Schlussakt entwickelt sich die Musik mit Anklängen an die grossen zeitgenössischen Opern eines Schreker und Korngold, die damals en vogue waren und heute nach und nach wiederentdeckt wurden. Die Musik wird vom Philharmonischen Orchester unter dem souveränen Dirigat Dietger Holms mit grosser Leuchtkraft eindrucksvoll wiedergegeben.

Sonja Trebes inszeniert die Oper als Parabel auf Menschenschicksale.Die z.T. asiatisch-chinesischen Outfits stammen von Jula Reindell. Als Bühnenbild fungiert der bereits erwähnte Sockel, der nach dem Sitz für  die Hausgötter auch als Ofen und Kamin des Oberkochs.mit schwarzer Mütze und Riesenkochlöffel, als Geldtresor und als Hochbett für das Liebespaar fungiert.(Bühne: Dirk Becker) In der Nacht des Vergessens ist die Szene mit riesigen roten Phantasieblüten drapiert. Mit dem vielseitig eingesetzten (Volks)chor, auch mit Entenmasken und -schnaebeln, ergibt sich eine ansprechende teils rasante Personenführung und Choreographie. 

In der Einstudierung von Virginie Dejos singt Opern- und Extrachor auf sehr passablen Niveau. Den Mandarin gibt Ipca Ramanovic mit seinem sonor dezidierten ausdrucksstarken Bariton.Die Li übernimmt Irina Simmes mit ihrem makellos perlenden  schön timbriertern immer noch jugendlich frischen Sopran in einem roten angegossenen Kleid. Der Yang wird tenoral von Winfrid Mikus übernommen, und er steigert sich vom einfachen Kuli,wo er auch noch etwas unbeholfen ja ungeschlacht wirkt, zum reifen ‚Mandarin‘ und Entenbonzen, wobei er auch musikalisch verklärte und heroische Passagen abliefern kann. Eine Tänzerin ist Theresa Immerz mit angenehm expressiven Sopran. Ihr Gaukler wird von James Homann mit wuchtig derbem (Bass)bariton zuverlässig bewältigt. Den Bonzen stellt Winfried Staber mit seinem warmtimbrierten voluminösen Dunkelbass. Joao Terleira ist mit gestochen höhensicherem Tenor der Haushofmeister.

Friedeon Rosen 

 

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