Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

HEIDELBERG/ Theater: DIE DREIGROSCHENOPER von Brecht/ Weill. Premiere

25.06.2019 | Theater

Bildergebnis für heidelberg die dreigroschenoper
Foto: Sheila Eckhardt, Ensemble,  (c) Sebastian Bühler

Heidelberg: Die Dreigroschenoper   23.6. 2019  Premiere

In der Stückfassung am Theater Heidelberg wird Macheath, Chef einer Platte von Straßenbanditen, nicht aufgehängt, sondern von einem Reiter des Königs, der hier allerdings auf einem Riesenschwan daherkommt, „anläßlich der Thronbesteigung der Königin“ (wohl Elizabeths I., wenn man den Text John Gays zugrunde legt), „begnadigt und gleichzeitig in den erblichen Adelsstand versetzt“. Danach geht es noch kurz weiter mit Weills Musiken und Brechts Text, so dass man meint, hier würde eine Variante des Teams von 1928 (Brecht, Weill und Elisabeth Hauptmann, die Übersetzerin des Gay-Textes) gespielt. Darüber gibt das Programmheft aber keine Auskunft. Wie dem auch sei, dem Wagner-Apostat Brecht gerade mit einem Schwan zu kommen, (ohne allerdings seine Musik zu zitieren)  erscheint in der Inszenierung von Holger Schultze doch sehr an den Haaren herbei gezogen.Die übrigen Szenen hat er dagegen mit ganz wenigen Hilfsmitteln (als Tische werden z.B.Platten mitgebracht und gehalten) plastisch und teils super originell in Szene gesetzt. So gleich am Anfang der Bettler (Dietmar Nieder), der von Peachum seinen ‚Arbeitsplatz‘ angewiesen bekommt. Oder die Eheszenen der Peachums, die sich Kostenrechnungen der Bettlerplatte um den Kopf werfen und den männlichen Umgang ihrer Tochter Polly besprechen. Macheath (schauspielerisch blendend: Steffen Gangloff) paßt ihnen gar nicht, aber sie sind zu spät: Diese feiern bereits ihre Hochzeit in einem ‚alten Pferdestall‘. 

Dieser gibt auch die Grundstruktur der Einheitsbühne ab. Eine durch nach vorn immer größer werdende bunt beleuchtbare Kreise angedeutete Röhre, hinten bei der kleinsten Kreisverjüngung ein Propeller, der  wohl die „Motorik“ der Geschichte andeuten soll. Gleichzeitig dient sie als Öffnung und Einstieg für die Besucher,  die aber ‚aufgefangen‘ werden müssen oder über eine Rutsche festen Boden erreichen (Bühne & Kostüme: Lorena Diaz Stephens, Jan Hendrik Neidert). Die Musiker (u.a, Akkordeon, Banjo, Saxofon) sind gleichzeitig Macheaths Straßenbanditen und sind in science fiction-mäßig bunt bemalten Ganzkörpertrikots gekleidet. Während Mrs. Peachum im schrill-gelben engen Kostüm stolziert, trägt Tochter Polly bei der Hochzeit silberne Stiefel bis zum Oberschenkel, ein weißes Mieder und einen aufgebauschten kurzen Rock. Die Tochter des Polizeichefs von London, Lucy Brown, die anscheinend ebenfalls Macheath versprochen ist, trägt ein lila Kleid und simuliert eine Schwangerschaft. Spelunkenjenny, kurz schwarzhaarig im Gegenssatz zur blonden Polly, geht in langem rosa Kleid und Federboa. 

Die Songs von Kurt Weill, die damals einen ganz avantgardischen Ton angeschlagen haben und nichts von ihrer auch harmonisch schrägen Spritzigkeit verloren haben, sind prima einstudiert von Dominik Dittrich, den man manchmal im Hintergrund die Band dirigieren sieht. 

Auch sängerisch werden fast durchweg beste Leistungen abgeliefert. Klaus Fleischmann als Peachum hat wohl am meisten Textanteil in seinen Songs zu absolvieren  und führt dazu eine sehr natürliche ausdrucksvolle Stimme ins Treffen. Seine Bühnengattin Katharina Quast ist eher für ‚Quietschen‘ zuständig, was sie aber auch gekonnt erfüllt. Polly Peachum ist Sheila Eckhardt und singt ihre berühmten Songs mit musikalischer Finesse bei ordentlichem Stimmumfang. Macheaths Leute treten neben ihrem versierten Instrumentalspiel auch chorisch auf und werden von einigen groß gewachsenen  E-Chor-Damen dabei wirkungsvoll ergänzt. 

 Friedeon Rosén

 

 

 

 

Diese Seite drucken