Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

HEIDELBERG/ Stadthalle: „RUDOLF BUCHBINDER-CITY OF BIRMINGHAM S.O.- MIRGA GRAZINYTE-TYLA

Konzert zum Heidelberger Frühling 2018

09.04.2018 | Konzert/Liederabende

Heidelberg: „RUDOLF BUCHBINDER-CITY OF BIRMINGHAM S.O.-

MIRGA GRAZINYTE-TYLA

Konzert am 08.04. 2018 zum Heidelberger Frühling 2018

Wie bereits am Vorabend durfte man das vortreffliche englische Qualitäts-Orchester COBSO unter der Leitung seiner Chefdirigentin Mirga Grazinyte-Tyla am selben Ort in der traditionsreichen Jugendstil-Stadthalle erleben, lediglich mit anderem Solisten und zwar dem Pianisten Rudolf Buchbinder.

Der Grandseigneur des Klaviers hatte das „Klavierkonzert“ von Robert Schumann auf seinem Programm. Aristokratisch, in emotional bewegtem Mienenspiel musizierte der erfahrende Pianist geprägt von souveräner Reife und dennoch jugendlich-blühendem Ton. Exquisite Phrasierungen schenkte Buchbinder dem Allegro affettuoso, ließ die artikularen Finessen sensibel perlen und lotete die dynamischen Grenzwerte mit energischem Zugriff formidabel aus. Zielstrebig entfaltete sich das romantische Hauptthema zur orchestralen Untermalung, man gewann den Eindruck der Pianist schien es dem Klangkörper regelrecht nach zu träumen und mit den Holzbläsern eine reizvolle Konversation zu führen.

Wie magisch entrückt erklangen Intermezzo, Andantino, offenbarten in jeder Note die exzeptionelle Variante des Pianisten, glich einer transzendentalen Episode über verlorene Gefühlswelten. Anmutig, elegant entstand der Dialog zwischen Streichern und Klavier um sich sodann im gesamten Instrumentarium zu prachtvoller Klangpoesie zu entwickeln.

Effektvoll begleitete das City of Birmingham Symphony Orchestra von Mirga Grazinyte-Tyla emphatisch geführt in hinreißender Klangfülle den Solisten.

Auf ganz universelle persönliche Weise gestaltete Rudolf Buchbinder das finale Allegro vivace, argumentierte in rhythmischen Dialogen, formulierte die Thematik in melodischen Kühnheiten. Voll elastischer Flexibilität, schattierender Dynamik und lichter Transparenz spannte Buchbinder in phänomenaler Rasanz die Coda.

Wellen überschäumender Begeisterung schlugen den Künstlern entgegen und Rudolf Buchbinder revanchierte sich mit zwei Zugaben: einer herrlich variabel musizierten Johann-Strauß-Paraphrase sowie dem unvergleichlich berührend interpretierten „Impromptus Es-dur“ (Schubert).

Dank der litauischen Dirigentin durften die Konzertbesucher der Komponistin und Landfrau Raminta Serksnyte (ich bitte um pardon – die Interpunktionen fehlen meiner Laptop-Tastatur) begegnen, deren Orchesterstücke elementaren Naturphänomenen zu Grunde liegen so auch das heute präsentierte „Fires für Orchester“. In klanglichen Differenzierungen suggestierte das brillant aufspielende COBSO akustisch höchst anschaulich das multilaterale Mysterium des Feuers als zündelnde Flamme, aufkeimendes Inferno, verheerende Feuersbrunst sowie Sturmglocken etc.

Das Finale des Konzertabends bildete ein Ohrwurm der Musikliteratur Ludwig van Beethovens „Schicksals-Symphonie“. Schon unzählige Male gehört, aber selten zuvor in derart analytischer Transparenz erlebt? Nein! In atemberaubender Akkuratesse strukturierte Mirga Grazinyte-Tyla die Tonsätze dieser Komposition, dass es einem den Atem verschlug. Im gewaltigen Fortissimo pocht das Schicksals-Motiv an die Pforten des Allegro con brio , beherrscht den Satz unentwegt im variablen Spiel der Streicher, Klarinetten um sodann im Gedränge der gesamten Instrumente zu zerflattern. Bratschen und Celli stimmten in herrlich sattem Ton die innige Weise des Andante an, die vortrefflichen Holzbläser übernahmen und sangen mit den Streichern um die Wette. Die aufkeimende Freude dämpften jedoch die präzisen Trompeten zum Schmettern des sieghaften Marsches.

Die aufkeimende beklemmende Stimmung im dritten Satz ging vom schemenhaft aufsteigenden Hauptthema aus, geisterte rhythmisch durch die Themen, wurde vom wilden Fugato des Trio aufhellend abgelöst um schließlich im leisen Pizzicato und der leise rumorenden Pauke wieder in die ursprüngliche Atmosphäre zu beschwören. Gleich einem Triumphmarsch erhob sich das sieghafte C-Dur-Thema zum Finale in rasantem Instrumental-Jubel. Die Dirigentin ließ ihrem Temperament tänzerisch, sprunghaft, hüpfend freien Lauf inspirierte ihr in elektrisierender Spiellaune musizierendes COBSO zu dynamisch-orchestraler Explosivität, deren Timing und Klang-Opulenz das Publikum zu Beifallsstürmen hinrissen.

Von wegen coole Briten – sichtlich erfreut bedankten die Gäste mit einem musikalischen Brillant-Feuerwerk dem Finale aus „Concert Romanese“ (Ligeti).

Gerhard Hoffmann

 

 

Diese Seite drucken