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HEIDELBERG: RIGOLETTO. Premiere

23.09.2018 | Oper


Carly Owen, Ipca Ramanovic. Foto: Sebastian Bühler

Heidelberg:  Rigoletto  22.9.2018 Premiere

Das größte Rätsel in Rigoletto stellt für die die Regisseurin Alexandra Szemeredy die Gilda dar. Man könne für sie kein Mitleid empfinden, ihr Freitod (sie schneidet sich bei ihr die Pulsadern auf) erscheine nicht plausibel. Ihr pathologischer Selbsthaß, diese Art Selbstaufgabe grenze an Fanatismus. Und ihre Co-Regisseurin, Magdolna Parditka, sekundiert ihr, „Gilda nimmt sich nur als Gegenstand wahr“, und „daß sie über den Akt der Selbsttötung endlich über ihren eigenen Körper verfügt“. Deswegen besetzen sie die Rolle auch mit einem jugendlich dramatischen Sopran, der Irin Carly Owen, der über eine außerordentliche stimmliche Potenz und Reife verfügt, auch wenn sie von der Gestalt her sehr mädchenhaft wirkt. Nun muß man aber auch auf das Objekt ihrer Liebe sehen: der Herzog ist ein junger hübscher blonder Mann, in der Gestalt des serbischen Tenors Nedad Cica. Gleich zu Beginn macht er keine Anstalten, sich gegen die laut aufdröhnende Bühnenmusik stimmlich durchzusetzen. Er ist ein lyrischer Tenor bester Güte, und wo alle anfangen, gegen die laut aufgespielte Musik zu forcieren, behält er immer seine Contenance, und sein samten sanft timbrierter Belcanto kann sich trotzdem den nötigen Klangraum schaffen. Auch szenisch stellt er mehr den sanften Jüngling dar und überläßt die Grausamkeiten seinem Gefolge und den Höflingen. Zwar treibt er auch ‚Machtspielchen‘ mit Gilda und fixiert sie im Bett, was aber nicht über heutige Sadomaso- Techniken hinausgeht. Man kann also behaupten, Gilda liebt diesen Mann, und will ihn endgültig für sich gewinnen, und gerade in dieser Inszenierung, wo er eben auch die wohl beste Gesangsleistung abliefert. Und damit steht auch die Aufopferung für den Geliebten in einem anderen Licht. Das kontercariert also in gewisser Weise die Ansichten der Regisseurinnen, die auch auch als Bühnen- und Kostümbildnerinnen fungieren. Ihre Rigoletto-Konzeption ist folgende: In dem Einheits-Bühnenbild, einer ausgedienten heruntergekommenen Schlachthofhalle, ist der Hofnarr hier der Oberkoch an einem großen links herausgefahrenem Herd mit allen Schikanen. Bei einem Bankett für die Höflinge wird eine Frauenleiche auf fahrbarem Tablett serviert. Weiters ist noch ein Hilfskoch, Sparafucile, angestellt, der für das Abstechen der Opfer in einer Zelle mit Plastikvorhängen zuständig ist. Auch Gilda ist hier mit einer Reihe von drogenabhängigen Mädchen in einer Art ‚Klinik‘ untergebracht, wo sie an Betten fixiert sind und von Krankenschwestern und einer Ärztin, u.a. Giovanna, aufgepeppelt werden. Sie sind in hellbraunen Negliges darunter weiße Unterwäsche gekleidet und stehen dem Herzog und den Höflingen zu Verfügung. Diese stöckeln wie Punks und Freaks in schwarzen Monturen mit schauerlichen Gesichtsmasken herum. Im 3.Akt sitzt der Herzog Maddalena an einem langen Tisch gegenüber, Gilda, nun im Frack, muß sie bedienen. Sparafucile hat dabei mehr die Funktion  des Zeremonienmeisters, der im Hintergrund hin- und hertrabt, während sich Gilda, assistiert von den hereinströmenden Höflingen, an einem Arm sich längs einschneidet.

Carly Owen bekräftigt ihre reife Stimme auch in der Caro-nome-Arie, die sie mit einiger suspence aufbaut und mit extrafeinen Koloraturen garniert. Als Rigoletto hat James Homann einen flexibel beweglichen Bariton, und er liegt ihm auch ganz angenehm timbriert in der Kehle. Manchmal bringt er auch eine ‚veristische Note‘ ein und krächzt eine kurze Phrase, naja. Als Vater kommt er nicht herüber. Die Maddalena ist Shahar Lavi mit gaumig schön timbriertem Mezzosopran, die Giovanna Carolyn Frank singt mit geradeheraus gesungenem bravem Mezzo.In den Nebenrollen agieren in 1.Linie Wilfried Staber, Daniel Choi, Ipca Ramanovic, Namwon Huh, Woo Kyung Shin, Mi Rae Choi, Hans Voss und Jana Krause. Die Philharmoniker spielen unter Elia Grandy zwar öfter zu laut, vermögen aber auch gute Akzente in der musikalischen Aufbereitung zu setzen. Die Herrenchöre zeigen sich klangstark und gut studiert.                                          

 Friedeon Rosén

 

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