
Copyright: Theater Heidelberg/ Ludwig Olah
Heidelberg: Idomeneo 16.11. 2018 Premiere
Am Ende ist das Meer zu grauweißem Eis erstarrt, davor der rohe Bühnenboden des Theater Heidelberg. Hier hatten Vater Idomeneo und Sohn Idamante sich gegenseitig erschossen und liegen zwischen einem auf die Bühne gekommenen Streichquartett in schwarz, das requiemartig die letzen Sequenzen von Mozarts Jugendoper Idomeneo spielt. Es sind nun alle Beteiligten bis auf die mit gelben Putzwesten bekleideten Kreter tot. Doch nun wird die Applausordnung zum fröhlichen Eingangschor des Stücks wieder und wieder vom Band gespielt wie bei einer Operette oder Musical, zu dem die Beteiligten erneut und im Takt auftreten.Das löst starkes Befremden aus, ist aber sicher so gewollt.
Dabei hatte die Regie von Peter Konwitschny eher heiter begonnen. Mit Meeresrauschen, sich bewegenden Wellen und Insel-Feeling samt Palme und Liegestuhl. Nur die in phönizischer Tunika auftretende Elektra beklagt ihr Exil-Schicksal, und daß Königsohn Idamante ein Auge auf die trojanische Gefangene Ilia und nicht auf sie geworfen hat. Ganz fein und mit Witz ist auch die Szene zwischen Ilia und dem heimgekehrten Idomeneo gestaltet, die sich am Strand gegenseitig necken. Doch als das neue Unheil von Meergott Poseidon eintritt, löst sich die Szenerie auf, und Idomeneo wird nach oben zum Orchester katapultiert. Dieses spielt hier nämlich sichtbar hinter der Szene, wird auf Podien hoch- und niedergefahren und ist samt Dirigent in die Handlung integriert. Sein Stabführer Dietger Holm wollte mit einem kleinen Orchester einen kompakten Sound erreichen, aber es wirkt, trotz geringem Vibratospiel der Streicher, aus der weiten Entfernung, eher stumpf und nicht so farbenreich prägnant, wie man es sich gerade bei dieser so harmoniereichen Musik des jungen experimentierenden Mozart wünscht.
Im 2.Teil wirkt die sich anbahnende Liebe der Königskinder wie die Ruhe vor dem Sturm, der sich dann in der Ausweglosigkeit bahnbricht, in der sich die vier handelnden Personen verfangen haben. Hier ist bei deren Quartett auch die Personenführung Konwitschnys hervorzuheben, der aber auch die Chöre in allen möglichen (Zuschauer)Räumen und der Bühne agieren läßt. Die trojanischen Flüchtlinge werden von Idamante mit einer Maschinenpistole niedergemäht, da er sie für das dem Meer entstiegene Ungeheuer des Poseidon hält. Ein nicht zu rechtfertigender Eingriff stellt aber die Auslassung der abschließenden Elektra-Rachearie dar, einer der größten Kleinode der Partitur.

Copyright: Theater Heidelberg/ Ludwig Olah
Die tolle Bühne und die Kostüme, eine beliebte Mischung aus Antike und Moderne, stammen von Okarina Peter und Timo Dentler.
Der Idomeneo wird von KS Winfrid Mikus hervorragend in seiner Zerrissenheit dargestellt, seine Arien unterliegen aber auch der Kürzung wegen der ausgreifenden Koloraturen, vor denen er zuweilen gern in den Sprechgesang changiert. Der Idamante ist Namwon Huh mit eher kleinem Tenor, den er zwar pronociert einsetzt, aber in längeren Phrasen nicht aufblühen lassen kann. Von anderem Kaliber ist da seine Partnerin Yasmin Özkan (Ilia), die über einen schönen, lyrisch fließenden Sopran verfügt und im Bikini am Stand , aber auch in wasserblauer Tunika gute Figur macht. Elektra ist Hye-Sung Na, die sehr passional singt und der zornig aufgewühltem Atridentochter massives stimmliches Gewicht verleiht. Sehr gut und lässig kommt auch Nenad Cica als Arbace herüber.
Mit guten ChorsolistInnen sind die Kreterinnen und Trojaner besetzt und repräsentieren einen klanglich starken Chor, der in Mozarts einziger Choroper eine Protagonistenrolle innehat.
Friedeon Rosén