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HEIDELBERG: I CAPULETI E I MONTECCHI

29.12.2021 | Oper international

Heidelberg: I Capuleti e i Montecchi (Romeo und Julia)  28.12.2021

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Foto: Online-theaterheidelberg

Die ganze Oper spielt bei den Capulets, sie heißt zwar in der Komposition von Vincenzo Bellini, Libretto: Felice Romani, „I capuleti e i montecchi“, aber die Montagues (montecchi), also der Stamm von Romeo, kommt eigentlich nur aus dem Off mit Kriegsgeschrei vor. In der Inszenierung von Andrea Schwalbach ist aber der Montague Romeo fast dauerpräsent. Zum ersten Mal kommt er in der Verkleidung als Abgesandter in den mit etwa 15 Sesseln bestuhlten Ratssaal der Capulets, um ein Friedensangebot zu unterbreiten, das aber schroff zurückgewiesen wird. Der Ratssaal ist die meist in düsteres Dunkel gehaltene Offene Bühne, im Hintergrund hohe verschiebbare und unterschiedlich zuordenbare Wandteile mit Symbolen darauf wie herunterfließendes schwarzes Blut, die von den Protagonisten und Choristen selbst bewegt werden (Bühne: Anne Neuser). Hier ist auch Giulietta von Anbeginn, kurzhaarig, in ihrem Einheitsgewand, knappes weiße Mieder, ein grauweißes bauschiges Tutu und schwarzen hohen flachen Stiefeln zugegen (Kostüme: Pascal Seibicke). Hier wird sie von Vater Capellio und den Höflingen bedrängt, der Heirat mit dem Capulet Tebaldo zuzustimmen. Dabei ist sie wie ein Spielball inszeniert, der von den Männern einander zugeworfen wird. Romeo wird in einem schicken rostroten Anzug und mit Pferdeschwanz, erst als Gesandter, dann wenig geändert als Anführer der Montagues gezeigt, und es gelingt ihm auch nicht, Giulietta von der gemeinsamen Flucht  zu überzeugen, da sie an einem Vaterkomplex leidet. Auch den Trank von Lorenzo läßt sie sich nur langsam einreden. In einer Zwischenszene geraten Romeo und der offensichtlich betrunkene Tebaldo aneinander, und Romeo verletzt ihn am Bein mit einem Messer, wie überhaupt Messer permanent zwischen Romeo und den Capulets hin- und herwandern.

Es folgt darauf das bekannte Ende, nur daß Giulietta von den Männer ohne Bahre getragen wird, und Romeo endlich allein mit der Scheintoten sich um sie im Schmerz windet, und sie in die Arme drückt. Als sie erwacht, und er am Gift gestorben ist, „rächt“ sie sich am ankommenden Vater, indem sie sich den Dolch vor seinen Augen in die Brust stößt.

Die erzromantische Musik, die ja dem Belcanto eines Rossini weitgehend entsagt, wird im Orchestergraben immer spannend und dezidiert aufbereitet. Elias Grandy hält seine Philharmoniker, die endlich wieder vollständig auftreten können, zu robustem Spiel an, wobei aber vielfältig polyphone Stimmen nie im Klangrausch verschwinden. Die schönen Gesangslinien werden mit höchster Sensibilität und Delikatesse begleitet. Die Klarinette  spielt ihre vielen Soli immer pointiert aus. Und dann kommen wieder die Blechbläser gewaltig zum Zug. Es ist sicher ein ganz anderes Stück als der französisch-filigrane Gounod-Romeo (& Juliette).

Der 12 Mann starke Herrenchor (E.: Michael Pichler) schlägt sich gut und bildet dabei ein wohlstimmiges flexibles Ensemble. 

Giulietta ist in dieser Aufführung Jennifer Lary und bringt einen edlen Sopran mit. In ihre Zwiespalte, besonders in die Vaterbindung legt sie ihre ganze Gesangskraft, kann aber auch in ihrer Liebe zu Romeo völlig unbeschwert erglühen. Dieser wird von Anna Alás i Jové mit großer stimmlicher Wärme und blendend im Ausdruck gesungen. Ein großer, oft fast mannhaft wirkender wundervoll timbrierter Mezzo. 

James Homann gibt den Capellio mit warmem brünstigen und nie scharfen Baß. Als Tebaldo firmiert Chaz’men Williams-Ali als chancenloser Heiratskandidat fast erbarmungswürdig und mit bestens plaziertem hohem Tenore di grazia mit einigem Schmelz. Ipca Ramanovic ist mit wohlig rundem voluminösem Baß als Lorenzo der Unterstützer von Giulietta.       

 Friedeon Rosén

 

 

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