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HEIDELBERG: FAUST (Margarete).

Neufassung unter Verwendung von Elfriede Jelineks "FaustIn and out"

17.03.2018 | Oper


 v.l. Martin Piskorski,Magdalena Neuhaus, Raphael Rubino, James Homann, (c) Barbara Aumüller

Heidelberg: FAUST (Margarete) 16.3.2018 

Faust (Margarete), die Oper von Charles Gounod nach Carré und Goethes Faust I wurde in der Regie von Martin G.Berger in einer Neufassung unter Verwendung von Elfriede Jelineks „FaustIn and out“, Texten von  Schopenhauer, Schiller,sowie Prozeßakten und einem Urteil des Bundesgerichtshofs gespielt. In dem Jelinek-Stück, einem ‚Sekundärdrama‘ zur Gretchentragödie, wird die Geschichte von Elisabeth Fritzl erzählt, die von ihrem Vater jahrelang unterirdisch eingesperrt und vergewaltigt wurde, wobei mehrere Kinder gezeugt wurden.

Sie bildet den Ausgangspunkt dieser  Fassung, ein Fernseher in dem unteridischen Geschoß blendet die Figuren des Faustdramas ein, die dann aus dem Bildschirm heraustreten. Die ursprünglichen Figuren Er und Sie finden somit ihre Entsprechung in Faust und Gretchen. Es werden nach einer eigenen Dramaturgie des Regisseurs/Autors Szenen aus der Gounod-Oper gespielt, interpoliert öfter auch vom  ‚Er‘, der frauenfeindliche Schopenhauer-Texte rezitiert, und ‚Sie‘ , die Jelinek skandiert. Gounods Schmuck-Arie ist dabei relativ weit nach vorne gerückt, während der Mephisto-Walzer  erst gegen Ende und sehr verkürzt figuriert. Gretchen, die am Anfang noch ein blaues  Kleid getragen hat, tauscht Kleider mit der ‚Sie‘, Schlabberhose und Pulli. ‚Sie‘ läßt sich auch klassizistischen ‚Blauen‘ von Faust in Einhornmaske nicht verführen und wechselt wieder in den Schlabberlook. Die Geschlechterrolle werden auch getauscht, wenn Er das Gretchen im Tutu darstellt, das Faust begehrt. Gretchens weiterer Verehrer Siebel ist einer Fernsehshow in Latexkleidchen entstiegen. Bei der ‚Szene im Dom‘ wird in einem oben abgeteilten Bühnengesschoß eine Familienszene beim Essen dargestellt, die  Kinder mit Kopfmasken, die an den Film ‚Das weiße Band‘ erinnert. Die ‚Sie‘ ist in der Schlußszene ‚Gretchen im Kerker‘, bei der sie  gegen den gesamten Musikapparat und Chor anbrüllt, natürlich nicht mehr zu verstehen. 

Die Musik hat in dieser Fassung einen schweren Stand und wird von den Philhamoniker unter GMD Elias Grandy trotzdem mit Anstand soweit exekutiert. Der Chor wird von Ines Kaun geleitet. Die z.T. aufwendige Bühne stammt von Sarah-Katharina Karl, und die  ausgefallenen Kostüme steuern Sabine Hartzsch und Dennis Ennen bei.

Martin Piskorski singt den Faust bei der Arie ‚Demeure chaste e pure‘ mit Schwierigkeiten. Mephistopheles im roten Teufelskostüm hat wenig zu singen: James Homann. Marguerite Hye-Sung Na wirft sich ins Geschehen und ist stimmlich gewohnt stark. Den Valentin singt Oleksandr Prytolyuk ganz hingebungsvoll. Mit sattem Mezzo gibt Shahar Lavi den Siebel.

Die Schauspieler Er und Sie sind Raphael Rubino und Magdalena Neuhaus.           

Friedeon Rosén 

 

 

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