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HAYDN MAL 2 CD MICHAEL & JOSEPH HAYDN: HORNKONZERTE – Přemysl Vojta, Haydn Ensemble Prag; CAvi Music

15.12.2018 | cd

HAYDN MAL 2

 

CD MICHAEL & JOSEPH HAYDN: HORNKONZERTE – Přemysl Vojta, Haydn Ensemble Prag; CAvi Music

 

Joseph und sein jüngerer Bruder Michael hatten beide Leitungspositionen bei exzellenten Hofkapellen inne, als sie wunderbar virtuos verspielte Konzerte  für verschiedene Soloinstrumente schrieben. In den Orchestern des Fürsten Esterházy und des Erzbischöflichen Hofs in Salzburg gab es offenbar einzigartig technisch versierte Musiker, die u.a. auf dem schwer zähmbaren Naturhorn brillieren konnte. Joseph Haydn einzig erhaltenes Konzert für Jadghorn in D-Dur hatte er Joseph Leutgeb auf den Leib komponiert, allerdings ihn wie damals üblich mit exklusivem Nutzungsrecht ausgestattet. Eine Gepflogenheit, die leider dazu geführt hat, dass viele Konzerte (mit nur einer Abschrift) der damaligen Zeit unwiederbringlich verloren gegangen sind. Jenen Leutgeb übrigens, für den Mozart später mehrere Hornkonzerte verfasste. Ein zweites zeitweilig Joseph zugeschriebenes Konzert, ebenfalls in D-Dur, könnte aber eher von Michael stammen. Mit diesem Concerto per il Corno principale eröffnet der tschechische Hornist Přemysl Vojta seine großartige neue CD. Wir wollen uns nicht weiter mit spekulativen Fragen der Zuschreibung befassen, sondern feststellen, dass das sonnige, alle Sinne wärmende zweisätzige Concertino für Horn und Altposaune (als Teile einer elfsätzigen Serenata D-Dur) ganz sicher von Michael ist. Das vierte auf dem Album gespielte Concertino per il Corno in D-Dur besitzt wie alle anderen ebenfalls einen phantastischen Unterhaltungswert.

 

Das Haydn Ensemble Prag unter der muskulösen musikalischen Leitung von Martin Petrák   legt sich so richtig ins Zeug, um dem großartigen Přemysl Vojta, aktuell Solohornist beim WDR Sinfonieorchester Köln, dialogisierender Sparringpartner auf Augenhöhe sein zu können.  Vojta vermag bei aller Schönheit der Tonproduktion die Musik in schillernd dynamischen Schattierungen blühen zu lassen und von kraftvoll mit geschwellter Brust jubilierend bis feierlich getragen unendliche Leagtobögen spinnen. Vojta folgt mit Begeisterung den einzigartigen neuen Kadenzen des israelischen Komponisten, Dirigenten und Musikwissenschaftlers Uri Rom. Sie übertreffen womöglich viele der nicht-dokumentierten Solokadenzen des 18. Jahrhunderts an Umfang, Virtuosität und stilistischer Bandbreite, ohne über die Möglichkeiten des damaligen Naturhorns hinauszugehen. Der junge Fabrice Millischer entlockt der Altposaune rotgoldene Klanglichter.

 

Das Album bietet unbeschwertes Hörvergnügen, es ist ohne Übertreibung ein klingendes Antidepressivum, rezeptfrei und ohne Nebenwirkungen. Suchtgefahr besteht schon, die ist in diesem Fall aber harmlos. Die Aufnahmequalität ist hinreißend.   

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

CD JOSEPH HAYDN: VIOLIN- UND CELLOKONZERTE – Amandine Beyer, Marco Ceccato; Gli Incogniti; harmonia mundi

 

Wer sich eine Idee davon machen will, welch ein überragender Geiger Joseph Haydn gewesen sein muss, sollte sich diese Aufnahme zweier seiner Violinkonzerte mit dem französischen Originalklangensemble „Gli Incogniti“ und der mit aristokratischer Eleganz brillierenden Solistin Amandine Beyer anhören.  Wir wollen einmal davon ausgehen, dass Haydn, der hervorragend singen, Klavier und Violine spielen konnte, seine Werk dann und wann auch selbst vorgetragen hat. 

 

Das immens virtuose Konzert in C-Dur, das „Concerto per Il Violino fatto per il Luigi“ war für Luigi Tomasini bestimmt, dem damaligen Konzertmeister der Esterházy‘schen Hofkapelle. War Haydn als Symphoniker in der Zeit zwischen 1760 und 1770 (in der fast alle Konzerte entstanden sind) ein kühnen Experimenten gegenüber aufgeschlossener Vorwärtsstürmer, so sind die Konzerte aus einem traditionelleren, galanten Ton geschnitzt. Dieser spätbarocke Geist soll uns heutige Musikfreunde aber nicht daran hindern, ein teuflisches Vergnügen etwa beim finalen Presto dieses Konzertes in C-Dur zu empfinden. In welchem Tempo, unglaublicher Agilität und Fingerfertigkeit hier Amandine Beyer die Läufe, Doppelgriffe, Arpeggien und Triller in quicklebendiger Spiellaune und heiterer Leichtigkeit serviert, ist mitreissend. Der langsame Mittelsatz gleicht „einer Serenade, in der der Gesang des Soloinstruments von einer sanften Pizzicato-Begleitung des Orchesters profitiert wie Don Giovanni von der Mandoline.“ (Wolfgang Fuhrmann).

 

Das ebenfalls dreisätzige Konzert in G-Dur quillt über vor melodischem Erfindungsreichtum, raffinierten Effekten, Meisterschaft an Verzierungen in der hohen Lage. Amandine Beyer vermag hier mit Poesie und einer enormen dynamischen Bandbreite zu verblüffen. Der Hörer darf sich vom Allegro Moderato mit den winzigen melancholischen Einschüben, den augenniederschlagenden Wendungen nach Moll und seinem unwiderstehlichen Charme verzaubern lassen. Und einer mit all ihrer Leidenschaft und ihrem wendigen Bogenstrich das musikalische Leben der pannonischen Tiefebene des 18. Jahrhunderts revitalisierenden provencalischen Geigerin. 

 

Zwischen die beiden Violinkonzerte hat das Ensemble „Gli Incogniti“ Haydns berühmtes erste Cellokonzert in C-Dur geschoben. Marco Ceccato heißt der begabte Solist. Er spielt das flotte Konzert sehr konzentriert, ohne je die außergewöhnliche Dichte und gewaltige Sonorität etwa eines Pieter Wispelwey zu erreichen. Das Orchester glänzt mit einem Füllhorn an bunt koloriertem Spiel, nicht nur der Bläsergruppe. Quel plaisir!

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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