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HANNOVER/ NDR-Konzerthaus: Jörg Widmann dirigierte die NDR Radiophilharmonie Hannover. Beschwingter und poetischer Mendelssohn

23.02.2025 | Konzert/Liederabende

Beschwingter und poetischer Mendelssohn
Jörg Widmann dirigierte die NDR Radiophilharmonie Hannover
NDR Konzerthaus, Großer Sendesaal, 23.02.2025

Neben den klassischen Sinfoniekonzerten hat sich seit einigen Jahren die Reihe Klassik Extra im Programm der NDR Radiophilharmonie Hannover etabliert. Rund 75 Minuten, ohne Pause, dafür mit Moderation, um das Publikum mehr in die Werke hereinzuholen und in Kontakt mit den Künstlern zu bringen.

Beim dritten Konzert der Reihe in dieser Saison dirigierte Jörg Widmann, erster Gastdirigent des Orchesters, ein reines Mendelssohn-Programm. Und er dirigierte es nicht nur. Den Anfang machte das Andante aus der Klarinettensonate des fünfzehnjährigen Mendelssohn, das Widmann selbst 2016 für Streichorchester, Harfe und Celesta bearbeitet und nun als Solist musiziert hat. Moderatorin Friederike Westerhaus verriet er, dass er sich bereits als Kind in das Stück verliebt habe, weswegen es ihm ein Anliegen gewesen sei, durch seine Bearbeitung den Charakter der Komposition aus einer ganz anderen Warte zu beleuchten. Ein Stück voller Poesie und schönster Melodik, das ist das Original, aber auch Widmann Bearbeitung, die vor allem durch die Farben von Celesta und Harfe ihren ganz besonderen Reiz erfährt.

Ein wesentlich reiferes Werk ist die Hebriden-Ouvertüre, sicher eines der meistgespielten Werke Mendelssohns überhaupt. Das Meisterhafte der Komposition besteht vor allem darin, wie Mendelssohn ein kurzer Einfall, das einleitende Motiv, reicht, um daraus in allen Formen und Variationen ein hoch differenziertes Werk zu schaffen, ebenso dramatisch auftrumpfend wie von der für Mendelssohn so typischen elfenartigen Leichtigkeit. Jörg Widmann und die NDR Radiophilharmonie hatten größte Freude daran, die Ouvertüre in all ihren Finessen auszubreiten und vor allem die von der Natur inspirierten Farben und Klänge sehr plastisch zu musizieren.

Im gleichen Alter wie die Klarinettensonate schrieb Mendelssohn seine erste Sinfonie. Abgesehen davon, wie sicher und souverän er sein kompositorisches Handwerk versteht, besticht das Werk vor allem durch seine sehr unterschiedlichen Gemütslagen. Vielleicht ein Spiegel des hin- und hergerissenen Teenagers? Jörg Widmann hält das nicht für ausgeschlossen, wie er im Gespräch darlegte. Anklänge an seine großen Vorbilder Bach, Mozart und Beethoven seien der Sinfonie ebenso deutlich anzuhören. Das Ungestüme und das Beschwingte konnte der Dirigent der bestens aufgelegten NDR Radiophilharmonie ebenso entlocken wie die Fülle herrlichster Melodien, vor allem in den Holzbläser. Das Nebeneinander von sinfonischer Größe und kammermusikalischer Intimität brachten Widmann und seine Musikerinnen und Musiker wirkungsvoll zum Klingen.

Starker Beifall für einen ebenso vitalen wie leichten Start in den Sonntag Vormittag im ausverkauften Großen Sendesaal.

Christian Schütte

 

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