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HANNOVER: LA JUIVE. Neuinszenierung

29.09.2019 | Oper

La Juive: Staatsoper Hannover, 27. September, Premiere am 14. September

Pompös ist der Start in die Intendanz Laura Bermans an der Staatsoper Hannover gelungen. Lydia Steier hat Halévys Grand Opéra in den Bühnenbildern von Momme Hinrichs und den herrlich anzusehenden Kostümen von Alfred Mayerhofer inszeniert. Viele schöne, auch eindrucksvolle Bilder sind entstanden. Die Idee, das Geschehen als rückwärtsgerichtete Zeitreise von den 50er Jahren in den USA über die späten 20er in Deutschland, die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts bis hin zur realen Spielzeit der Geschichte während des Konzils von Konstanz 1414 zu erzählen, ist ein durchaus interessanter Ansatz, den Lydia Steier konsequent durchzieht.

Als alle fünf Akte beherrschendes Bühnenbildelement imponiert eine den ganzen Raum einnehmende massive Mauer, vielleicht eine Anspielung auf die Klagemauer in Jerusalem? Die Inszenierung hat Vitalität, geizt nicht mit optischen Reizen und nähert sich der Geschichte auf wirklich ambitionierte Art und Weise. Doch irgendetwas, vielleicht das entscheidende, will sich nicht recht einstellen. Dass das vor allem am Stück und weniger an der Aufführung liegt, darauf könnte ein Beitrag im Programmheft hinweisen. La Juive blickt auf eine lange Aufführugstradition in Hannover zurück, die ein Jahr nach der Uraufführung beginnt und bis 1930 relativ konstant bleibt. Der Beitrag im Programmheft zitiert eine Besprechung aus dem Hannoverschen Anzeiger von 1918: „Trotz des greuel- und qualvollen Stoffes und trotz der durch denselben bedingten Überfülle der Dramatik pflegt doch Die Jüdin gewöhnlich die Zuschauer, je nachdem dieselben veranlagt sind, entweder als Schau- und Prunkstück zu ergötzen oder als musikalisches Schauerdrama zu folten.“ Abgesehen vom Schluss der Bemerkung, hat der Kollege von damals nichts ganz Abwegiges festgestellt.

Musikalisch bewegt sich die Neuproduktion jedoch auf sehr hohem Niveau. Haley Clark ist mit ihrem leichten, gleichwohl durchsetzungsfähigen, in der Höhe leuchtenden Sopran eine eindrucksvolle Rachel. Kurzfristig eingesprungen ist Roy Charles Smith als Eléazar, er gibt dem Goldschmied mit kraft- und charatkervollem Tenor ein starkes Profil. Matthew Newlin ist für den Prinzen Leopold mit seinem höhensicheren und edel timbrierten Tenor eine ideale Besetzung. Mercedes Arcuri setzt die viel Beweglichkeit und Höhe erfordernde Partie der Prinzessin Eudoxie mit ihrem sicher und präzise geführten Sopran souverän um, und Shavleg Armasi tönt als Kardinal Brogni mit dem gewohnt profunden Klang seines Basses.

Chordirektor Lorenzo da Rio hat den Staatsopernchor wunderbar auf seine dankbare und große Aufgabe vorbereitet. Valtteri Rauhalammi, 1. Kapellmeister der Staatsoper, am Pult des von kleinen Wacklern abgesehen sehr genau und differenziert musizierenden Staatsorchesters sorgt für ausgewogene Balance zwischen Bühne und Graben und verleiht den dramatischen Höhepunkten den nötigen Nachdruck.

Begeisterter Beifall und viele Bravos.

Christian Schütte

 

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