NDR Radiophilharmonie Hannover mit Werken von Sofia Gubaidulina und Anton Bruckner
20. April 2018
Für ihr siebtes Konzert im Ring A haben die NDR Radiophilharmonie Hannover und ihr Chefdirigent Andrew Manze ein Werk nach Hannover geholt, was sehr eng mit dem Orchester, aber auch mit der Stadt verbunden ist – das Tripelkonzert für Violine, Violoncello, Bajan und Orchester von Sofia Gubaidulina. Die Uraufführung dieser Komposition, die im Auftrag der NDR Radiophilharmonie, des Boston Symphony Orchestra, der Carnegie Hall New Yorl und des Tonhalle-Orchesters Zürich entstanden ist, sollte bereits Ende 2016 in Hannover als Abschluss des Akkordeonfestes stattfinden, das wesentlich von der hiesigen Hochschule für Musik, Theater und Medien initiiert und organisiert wurde. In Hannover ist Elsbeth Moser seit 1983 Professorin für Bajan, sie verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft mit Sofia Gubaidulina, die einige Werke für dieses besondere Instrument geschrieben hat. Da die Komponistin jedoch mit der Arbeit nicht fertig war, musste die Uraufführung auf Februar 2017 verschoben werden, sie fand in Boston statt, die Leitung hatte Andris Nelsons, als Solisten wirkten neben Elsbeth Moser Baiba Skride und Harriet Krijgh mit. Dieses Trio spielte nun, nach weiteren Aufführungen in New York und Zürich, die deutsche Erstaufführung in Hannover.
Mit der Besetzung als Tripelkonzert knüpft Gubaidulina natürlich an bedeutende Werke, vor allem das Ludwig van Beethovens, an, setzt zugleich ganz neue Akzente, indem sie das Bajan einsetzt. Die Komposition ist bestimmt durch eine dunkle, düstere Atmosphäre, es ist über weite Strecken ein komtemplatives Stück ohne auftrumpfende Höhepunkte. Der Fokus liegt auf Konzentration, die drei Solostimmen stehen weniger als solche im Mittelpunkt, sind vielmehr in fließenden Prozessen in den Orchesterklang integriert. Andrew Manze führte sein Orchester und das Solistentrio mit sicherer Hand durch diese komplexe Partitur.
Diesem nicht einfach zu fassenden Werk stellte Manze nach der Pause einen symphonischen Berg entgegen, Anton Bruckners vierte Symphonie. Über den Verlauf der vier Sätze arbeitet Manze den für Bruckner so typischen Kontrast abrupter, eruptiver dynamischer Wechsel mit sich steigernder Intensität heraus. Er ließ die Musiker im spätromantischen Klangrausch schwelgen, ohne die Neuartigkeit von Harmonien und Klangfarben zu vernachlässigen, mit denen Bruckner sich so unauslöschlich in die symphonische Geschichte eingeschrieben hat. Die Radiophilharmonie folgte seinen dynamischen Vorgaben mit großer Aufmerksamkeit. Die dankbare Gelegenheit, diese Symphonie zu spielen, kosteten die Musiker voll und ganz aus. Die Streicher klangen mal satt und voll, mal silbrig zart, die Holzbläser intonierten mit wunderbar leuchtenden Farben, Hörner und Blechbläser waren ebenso glanzvoll wie majestätisch.
Eine absolut gelungene klingende Visitenkarte hat das Orchester, das vor dem Konzert von Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok als Partner der Unesco City of Music Hannover ausgezeichnet wurde, damit gegeben. Das Publikum im so gut wie ausverkauften Großen Sendesaal des NDR spendete dafür intensiven Beifall.
Christian Schütte