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HANNOVER: Cornelius Meister dirigierte die NDR Radiophilharmonie Hannover. Elegant und episch

10.05.2025 | Konzert/Liederabende

Elegant und Episch
Cornelius Meister dirigierte die NDR Radiophilharmonie Hannover am 9.5.2025

Der Titel des Konzertes, das Cornelius Meister mit der NDR Radiophilharmonie in Hannover dirigieren wollte, lautete Episch! – und beide geplanten Werke sind das, Brahms’ Doppelkonzert für Violine und Cello und Bruckners 9. Sinfonie. Leider musste die Geigerin Julia Fischer ihr Mitwirken kurzfristig absagen. Daniel Müller-Schott spielte stattdessen ein Solokonzert für Cello, das allerdings weniger episch, sondern vielmehr elegant ist.

Joseph Haydns erstes Cellokonzert in C-Dur fordert die Virtuosität des Solisten vor allem im letzten Satz, der seinem Titel Molto allegro wirklich gerecht wird. In den ersten beiden Sätzen kommt es eher darauf an, den luftig-eleganten Themen und Melodien Haydns genau nachzuhören und ihnen Leichtigkeit und Nonchalance zu geben. Vermutlich ist es eine der größten Herausforderungen dieses Konzertes, die Anforderungen völlig vergessen zu machen und das Publikum in eben genau die Heiterkeit und Leichtigkeit mitzunehmen, die Haydn, möglicherweise, gemeint hat. Das ist Daniel Müller-Schott famos gelungen. Cornelius Meister war ihm dabei ein wunderbarer Partner, der die Musikerinnen und Musiker der NDR Radiophilharmonie zu größter Klarheit, Beweglichkeit und Transparenz animierte. Begeisterter Beifall für Daniel Müller-Schott, für den er sich mit zwei Zugaben von Bloch und Bach bedankte.

Die zweite Konzerthälfte war dann, ganz dem Titel entsprechend, episch, denn das ist Bruckners 9. Sinfonie zweifelsohne. Cornelius Meister ist etwas gelungen, dass Seltenheitswert hat. Er hat über die ganze Stunde der Sinfonie hinweg eine durchgehende Atmosphäre von größter Ruhe und Konzentration geschaffen. Zwischen den Sätzen kaum Geräusche, erst recht nicht das obligatorische Husten; nach dem letzten Satz ein Moment von Stille, den Meister sicher noch länger gehalten hätte, wenn nicht der erste Applaus eingesetzt hätte. Doch Ruhe und Konzentration machten sich nicht nur in den Momenten zwischen und nach der Musik, sondern vor allem währenddessen bemerkbar.

Wie nähert sich ein Dirigent Anton Bruckners Sinfonik? Eine Frage, auf die jeder seine Antwort finden muss. Sicher ist es möglich, das eruptive, die mitunter schroffen Gegensätze in der Dynamik, das Unentschlossene, ja Zerklüftete in Bruckners Partituren besonders herauszustellen. Oder, wie es Cornelius Meister tat, der Dirigent vertraut darauf, dass diese Elemente in der Musik so stark sind, dass sie von sich aus wirken, und geht mehr mit dem Bestreben vor, diese Unterschiedlichkeiten unter einem großen Bogen, einem weiten Atem zusammenzufassen. Meister dirigierte mit weiten, fließenden und sehr konzentrierten Bewegungen, ließ den Spannungsbogen auch unter den noch so schroffen dynamischen Gegensätzen nie abreißen. Eine Interpretation von großer Sogwirkung. Nicht nur auf das Publikum, sondern auch auf das Orchester. Die NDR Radiophilharmonie war in allen Instrumentengruppen großartig klangintensiv und übertrug die von Cornelius Meister vorgegebene Spannung und Konzentration mit jeder Note.

Eine intensive Aufführung war das, für die sich das Publikum mit ebensolchem Beifall bedankte!

Christian Schütte

 

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