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HANAU/ Congress Park: Konzert der Neuen Philharmonie Frankfurt unter Jens Troester. Orchesterklang entfacht festlichen Zauber 

14.12.2025 | Konzert/Liederabende

HANAU/ Congress Park: Konzert der Neuen Philharmonie Frankfurt unter Jens Troester. Orchesterklang entfacht festlichen Zauber am 13.12.2025

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Foto: Christian Palm

Ein Dezemberabend in Hanau, draußen kühl, drinnen lebendig. Der Konzertsaal ist nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt, das Publikum aufmerksam, erwartungsvoll, bereit für Musik. Das zweite Saisonkonzert der Neuen Philharmonie Frankfurt verspricht keinen routinierten Weihnachtsaufguss, sondern einen bewusst gestalteten Abend mit Charakter. Vier Werke, vier sehr unterschiedliche Klangwelten, verbunden durch eine klare Handschrift am Pult: Jens Troester. Was sich über den Abend hinweg entfaltet, ist mehr als ein stimmiges Programm – es ist das Ergebnis konzentrierter Probenarbeit, hörbarer Lust am Musizieren und eines Orchesters, das seinem Dirigenten sehr aufmerksam folgt.

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Jens Tröster. Foto: Mike Bender

Den Auftakt macht Samuel Coleridge-Taylors „Christmas Overture“. Ein Werk, das an diesem Abend genau den richtigen Ton trifft. Coleridge-Taylor verbindet hier bekannte Weihnachtsmelodien mit romantischer Orchesterfarbenlust, ohne in bloße Gefälligkeit abzugleiten. Jens Troester nimmt diese Ouvertüre ernst, aber nicht schwer. Er hält den Fluss in Bewegung, modelliert Übergänge sorgfältig und lässt die Themen organisch aus dem Orchestersatz entstehen. Die Neue Philharmonie Frankfurt zeigt sich von Beginn an präsent und geschlossen. Die Streicher spielen mit warmem, flexiblem Klang, das Holzbläserregister setzt klare, freundliche Akzente, das Blech bringt festlichen Glanz, ohne je zu dominieren. Besonders auffällig ist die Balance: Troester achtet auf Transparenz, nichts wird zugedeckt, jede Stimme bleibt hörbar. So wird diese Ouvertüre zu einer offenen Einladung – freundlich, elegant und voller Spielfreude.

Mit Robert Schumanns „Konzertstück für vier Hörner und Orchester“ rückt danach ein Werk ins Zentrum, das hohe Anforderungen an alle Beteiligten stellt. Kurz eingeführt als Produkt einer euphorischen Schaffensphase und als klingendes Zeugnis von Schumanns Begeisterung für das Ventilhorn, entfaltet sich hier ein komplexes Geflecht aus Virtuosität, lyrischer Innigkeit und dramatischem Schwung. Jens Troester macht von Beginn an klar, dass dieses Werk kein reines Solistenstück ist. Er versteht es als Dialog, als gleichberechtigtes Miteinander von Orchester und Hörnern.

Die vier Hornisten von QuadriCor – Lucie Krysatis, Damien Müller, Jernej Cigler und Anton Doppelbauer – fügen sich nahtlos in dieses Konzept ein. Schon die ersten fanfarenhaften Rufe sind satt, golden und präzise. Technische Brillanz verbindet sich mit klanglicher Geschlossenheit. Im lyrischen Mittelsatz entsteht ein Moment großer Ruhe: Die vier Hörner verschmelzen zu einem einzigen, warmen Klang, getragen von einem schimmernden Orchesterteppich. Hier zeigt sich die große Qualität dieses Ensembles: gemeinsamer Atem, absolute Balance, kein Drängen nach vorne.

Im finalen Presto schließlich zieht Troester das Tempo an, ohne die Kontrolle zu verlieren. Energie baut sich auf, Phrasierungen greifen ineinander, Virtuosität wird zum Ausdrucksmittel. Das Orchester reagiert wach, flexibel, mit hörbarer Lust am Mitgestalten. Die Neue Philharmonie Frankfurt und Jens Troester erweisen sich dabei als idealer Partner. Herrlich, wie instinktsicher Troester den Schumann’schen Überschwang trifft! Die Streicher tragen die weiten Bögen mit elastischem Atem, die Holzbläser kommentieren aufmerksam, das Blech bleibt präsent, aber kontrolliert. Nichts wirkt zufällig, alles ist logisch aufgebaut. Der Applaus ist entsprechend begeistert. Als Zugabe folgt ein ganz besonders schöner Moment von QuadriCor: Gemeinsam mit den vier Hornisten des Orchesters erklingt der Abendsegen aus Humperdincks „Hänsel und Gretel“. Acht Hörner, dicht beieinander, ein runder, ruhiger Klang, der sich wie ein warmer Atem durch den Saal legt. Ein stiller, inniger Abschluss dieses Programmteils.

Vor der Pause tritt Jens Troester auch als Komponist in den Vordergrund. Seine „Fantasie über Stille Nacht“ wird kurz eingeführt als persönliches Werk, entstanden aus Orgelvariationen und geprägt von biografischer Nähe. Was dann folgt, ist eine gut fünfzehnminütige Folge von Charakterbildern, die das bekannte Lied immer wieder neu beleuchten. Troester spielt mit Stilen, Erwartungen und Hörgewohnheiten. Pastorale Ruhe wechselt mit leiser Ironie, tänzerische Passagen stehen neben strengeren Abschnitten. Walzer, Fugato, Bolero, Tarantella – alles taucht auf, verschwindet wieder, wird neu zusammengesetzt.

Als Dirigent kennt Troester jede Schicht seines Orchestersatzes. Er arbeitet Details heraus, ohne den großen Bogen zu verlieren. Die Neue Philharmonie Frankfurt zeigt hier ihre ganze Flexibilität. Schnelle Stimmungswechsel, ungewöhnliche Klangfarben und präzise gesetzte Effekte wie Schellen oder Peitsche werden aufmerksam umgesetzt. Besonders beeindruckend ist die Disziplin im Zusammenspiel. Jeder Einsatz sitzt, jede Farbe hat ihren Platz. Troester fordert Konzentration, das Orchester folgt mit sichtbarer Spielfreude. Der Schluss, getragen von Glocken und Blechbläsern, klingt ruhig aus, ohne Pathos, ohne Effekt – ein nachdenklicher Moment, der lange nachhallt.

Zum Abschluss öffnet sich mit Tschaikowskys „Nussknacker“ noch einmal die große orchestrale Bühne. Auch hier eine kurze Einführung, dann entfaltet sich die bekannte Musik mit frischer Energie. Die Ouvertüre klingt leicht und transparent, der „Marsch der Zinnsoldaten“ präzise und federnd. Jens Troester differenziert die Tänze klar voneinander, gibt jedem Abschnitt sein eigenes Profil. Besonders die schnellen Tänze wie der „Trepak“ und „Mutter Gigone“ werden mit Rasanz vorgetragen. Die Tempi sind lebendig, die Akzente sitzen punktgenau. Besonders die Soli stechen hervor: die Harfe mit silbrigem Glanz und sonorem Ton, die Trompete strahlend und klar, die Celesta märchenhaft schimmernd. Dann wieder feine Ruhepunkte im „Tanz der Rohrflöten“ oder besonders eindringlich in einem herrlichen „Blumenwalzer“.

Die Neue Philharmonie Frankfurt spielt diesen Tschaikowsky nicht routiniert, sondern sehr aufmerksam und mit hörbarer Freude. Die Balance stimmt, die Farben sind sorgfältig abgestimmt. Vor allem das Blech überzeugt durch Geschlossenheit und edle Klangfarbe. Im feierlichen Schlusschoral bündelt Troester die Kräfte des Orchesters noch einmal. Kein dröhnendes Finale, sondern ein getragenes, festliches Ausklingen, das den Saal für einen Moment geradezu orchestral hell leuchten lässt, bevor der begeisternde Applaus einsetzt.

Dieses Konzert lebt von seiner inneren Geschlossenheit und von der Haltung aller Beteiligten. Jens Troester erweist sich als Dirigent mit klarem Gestaltungswillen, feinem Ohr für Klangfarben und einem sicheren Gespür für Dramaturgie. Die Neue Philharmonie Frankfurt folgt ihm mit Engagement, Präzision und sichtbarer Freude am gemeinsamen Musizieren. QuadriCor setzt einen glänzenden solistischen Akzent und zeigt, wie lebendig und kommunikativ Hornmusik sein kann. Ein Abend, der leicht beginnt, reich wird an Details und festlich endet – und der das Publikum spürbar bewegt entlässt.

Dirk Schauß, 14. Dezember 2025

Konzert der Neuen Philharmonie Frankfurt am 13. Dezember 2025 im Congress Park Hanau

 

 

 

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