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HAMBURG/ Staatsoper: MANON von Massenet. Premiere als NDR-Stream

25.01.2021 | Oper international

Hamburg Staatsoper: Massenet: Manon             Premiere 24.1.2021 — NDR Stream

Unknown
Elsa Dreisig. Foto: Staatsoper Hamburg

Auch die Hamburgische Staatsoper reiht sich in die Liste vieler Opernhäuser ein, die momentan kostenfreie Streaming -Angebote zeigen.

Jules Massenets Manon hat Premiere. Regisseur ist DAVID BÖSCH, der sich an das Gebot von Mindestabständen unter den Protagonisten hält. Dass die Inszenierung nicht überzeugen kann, liegt weniger an den Hygieneregeln als am Mangel originärer Einfälle.

Der Bühnenraum ist komplett charmefrei. (Bühne: PATRICK BANNWART): ob Schänke, Studentenbude, Nachtclub oder Kartause, kein Bild unterstützt die Sänger in ihren Aktionen.

Vielleicht gelingt am ehesten das fast abstrakt gehaltene Schlussbild.

Szenisch werden hauptsächlich Klischees bedient und Stilebenen beliebig gemischt. So wird die abrupte Wandlung Manons von der grauen Maus (mit Katze) zum „angeblichen Bühnen-Vamp“ von der Regie kaum glaubhaft vorbereitet. Sie unvorteilhaft als Marilyn Monroe- Imitat (Kostüme:  FALKO HEROLD) zu präsentieren, macht es der ansonsten so gewandten Protagonistin nicht leichter. Auch Lescaults hemmungslose Drogenkarriere ist eher trivial gezeichnet, als wirklich ergreifend. Des Grieux´s Innenleben ist nicht wirklich zu fassen und die übrigen Comprimarii dürfen meist nur eindimensional staffieren.

Das ist aber den Sängern nicht anzukreiden. Sie machen ihre Sache großteils ausgezeichnet.

Youtz
Elsa Dreisig als „Manon“. Foto: Youtube

Allen voran ELSA DREISIG in der Titelrolle. Dieser Manon gelingt es, das tiefe Seelenbild einer lebendigen jungen Frau zu zeichnen. Vielschichtig, von anfänglicher Heiterkeit über die große Geste bis hin zur gebrochenen, gereiften Frau macht sie mit ihrem klaren, kompakten, dennoch frei klingenden Sopran alles stilsicher erlebbar.

IOAN HOTEAs hoch gelagerter Tenor liegt bestens auf dem forderndem Des Grieux. Seine Stimmungsumschwünge kommen darstellerisch mehr intuitiv als szenisch geführt, und auch er bringt Jugend und Verve mit. Das Liebespaar entwickelt mit Fortdauer der Handlung eindrückliche Momente.

Der Lescault ist bei BJÖRN BÜRGER sehr gut aufgehoben. Eher tönt er als markiger Macho denn als verschmitzter Zuhälter. Ein paar ironische, charmantere Noten kann er dabei noch entdecken. Dieser Cousin Manons protegiert den reichen Bretigny, den ALEXEJ BOGDANCHIKOV szenisch noch sehr grün, aber bereits mit reifem Bariton gibt. Sonor dunkel bringt DIMITRY IVANSHCHENKO seine Autorität als Vater Des Grieux auf die Bühne und auch MARTIN SUMMER´s Wirt kann mit einem noblen Bass aufwarten. Auffällig wach gestaltet DANIEL KLUGE mit seinem Charaktertenor den Guillot Morfontaine. Das Damentrio Pousette ((ELBENITA KAJTAZI), Javotte (NAREA SON) und Rosette (IDA ALDRIAN) ist präzise studiert und vokal absolut integer. COLLIN ANDRE SCHÖNING und HUBERT KOWALCZYK vervollständigen als Wachen das homogene Ensemble.

Der Chor von EBERHARD FRIEDRICH hat sich auf den Rängen des Zuschauerraumes aufgestellt und gefällt sowohl von der klanglichen Abstimmung wie der Koordinationsfähigkeit.

Musikalisch wird der Abend von SEBASTIEN ROULAND geleitet. Er hat vor sich ein Rumpforchester, bei dem auf allen Positionen deutlich ausgedünnt worden ist. Manche Streicherkantilene bleibt so arg dünn und intonatorisch hatte das Staatsorchester in allen Gruppen schon sicherere Tage.

Bei Hochachtung der zur Stunde gegebenen Möglichkeiten wird man sich auf den Tag freuen, an dem wieder ein volles Orchester im Graben sitzen kann und die enormen Anstrengungen lautstark applaudiert werden dürfen.

Die fabelhaften Sängerleistungen machen diese Produktion zu einem wichtigen Erfolg in schwierigen Zeiten.

 

Christian Konz

 

 

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