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HAGEN/ Osthaus-Museum: The Second Best – Julian Schnabel und Jiri Georg Dokoupil in Hagen

26.06.2021 | Ausstellungen

The Second Best –

Julian Schnabel und Jiri Georg Dokoupil in Hagen

Julian Schnabel (* 26. Oktober 1951 in New York City, New York) ist ein US-amerikanischer Maler und Filmregisseur. Der Sohn jüdischer Eltern – sein Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann – wuchs in Brooklyn auf. 1965 übersiedelte seine Familie, der auch noch zwei ältere Geschwister angehören, nach Brownsville, Texas. Nach dem Umzug in die ländliche Umgebung begann Schnabel unter Einsamkeit zu leiden, suchte Trost in der Malerei. Er gilt als einer der Hauptvertreter des Neoexpressionismus/New Image Painting. (Quelle: Wikipedia)

Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

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Julian Schnabel als Second Best in Hagen.

Augenzwinkernd zeigt Julian Schnabel sein eigenkreiertes und selbstbemaltes T-Shirt mit den Worten „The Second Best“, denn über „Simply The Best“ sprechen sowieso immer alle. Völlig unkonventionell, leger gekleidet, kommt er in Begleitung seines Kollegen Jiri Georg Dokoupil, seines Galeristen Dirk Geuer, des Kurators der Ausstellung, Reiner Opoku, und des Direktors des Osthaus Museums, Tayfun Belgin, zur Pressekonferenz der Ausstellung mit dem Titel „Two Czechoslovanians Walk into a Bar“. Nachdem er seinen Kollegen Dokoupil im Jahren 1982 bei einer Ausstellung in Berlin kennengelernt hatte, kam es vor sechs Jahren zufällig, wiederum in Berlin, zur spontanen Zusammenarbeit mit ihm. Daraus entstanden 13 großformatige Gemälde, die nun im Osthaus Museum von Hagen zu sehen sind.

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Julian Schnabel mit Jiri Georg Dokoupil im Osthaus Museum von Hagen. Foto: Andrea Matzker

Julian Schnabel macht keine normale Pressekonferenz. Nein, er nimmt die in der Runde aufgestellten Stühle und fordert alle Anwesenden auf: „Take your chair“ und vergrößert den Kreis, um die großen Werke aus der Entfernung besser auf sich wirken lassen zu können. Einem Herrn, der nicht ganz so gut zu Fuß ist, hilft er kurzerhand mit „Come!“ auf die Beine und führt ihn zu einer neuen Sitzmöglichkeit. Eine Journalistin fragt ihn, ob sie ihn fotografieren könne vor einem seiner Bilder. Er bittet sie, doch Englisch mit ihr zu sprechen, auch wenn er gerne Deutsch sprechen würde: „Später gerne. Jetzt mache ich keine Fotos vor meinen Bildern, ich will sie mir erst einmal ansehen!“ Denn seit ihrem Entstehen vor sechs Jahren hat er sie nie mehr gesehen, vor allem nicht in diesem ausgezeichnet gehängten Zustand.

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Julian Schnabel mit seinem Werk Untitled Cologne Cathedral 2016.

„Wenn ihr wollt, erzähle ich euch vor jedem Bild, wie es dazu kam, wenn ihr das wissen wollt. Ich denke, das ist interessanter als eine langweilige Sitzung.“ Mit diesen Worten geht er, umzingelt von den Journalisten und Fotografen, in den Nebenraum: „Aber nur, wenn einer einen Stuhl für den Herrn holt, der noch nebenan sitzt, damit er es auch hören kann. Als keiner einen Stuhl holt, geht er zurück in den Saal mit dem Herrn und fängt dort an.

Die Journalistin von vorher: „Erinnern Sie sich, wie lange Sie an den Bildern gearbeitet haben?“ Julian Schnabel: „Natürlich! Ich habe doch keinen Alzheimer! So ca. drei Tage lang.“ Und dann erzählt er bildhaft von der Entstehung der „Bubbels“ (Blasen) auf den großen Werken. Befragt nach seiner Motivation für das Malen, antwortete er mit den Worten van Goghs aus dem von ihm produzierten Film: „Wenn ich male, denke ich nicht.“ Und weiterhin: „Für mich ist Malen wie Atmen.“

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Julian Schnabel mit seinem Sohn Cy in Hagen

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Julian Schnabel mit seinen Kindern Lola und Cy

Begleitet wird er auch von seinem Sohn Cy, dem er zwischendurch den Inhalt seiner Jackentasche reicht, und begrüßt, umarmt und küsst zwischendurch herzlichst eine wunderschöne junge Frau: „Das ist meine Tochter Lola. Sie ist auch Malerin, und zwar eine sehr gute Malerin.“ Von der Ausstellung ist er sehr angetan, alle Bilder sind so gehängt, dass sie großartig – jedes einzelne für sich – wirken. Als sei das Haus für sie geschaffen.

Sein Freund Jiri und er haben beide tschechische Vorfahren, und die Zusammenarbeit mit ihm erwuchs auch aus dem großen Vertrauen heraus, das die Freunde sich gegenseitig entgegenbringen. Selbstverständlich haben sie die drei Tage der Zusammenarbeit nicht nur gemalt, wie er lachend sagt, und Dokoupil führt an „Es waren auch ein paar Whiskys dabei“, daher auch der Titel der Ausstellung.

Zauberhaft, mit sehr viel Geschmack und Geist zusammengestellt, ist auch die riesige Einzelausstellung „Prints 1983-2021“ Schnabels, die in den weiteren, großzügigen und zugleich verschachtelten Räumlichkeiten des Museums zur Geltung kommt, darunter ein entzückendes Kabinett mit seinem Kölner Dom und weiteren Werken oder den vielen durch Italien inspirierten Gemälden, Graphiken und Drucken. Beide Ausstellungen werden am 27. Juni 2021 für das Publikum eröffnet, dauern bis zum 15. August 2021 und sind absolut sehenswert. Parallel dazu ist die von Schnabel eingerichtete Böhm-Kapelle in Köln ein weiteres Ereignis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

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Julian Schnabel: Untitled For Anna Magnani 1984. Foto: Andrea Matzker

Kurz: Ein überzeugender Mann und Künstler hinter einem eindrucksvollen Werk, wahrhaft, echt und menschlich, wie die von ihm verehrte Anna Magnani, die am 26. März 1956 um 5:30 Uhr morgens im Morgenmantel am Telefon in Rom von ihrer Oscar-Verleihung erfahren hatte, und der er in der Ausstellung ein Werk gewidmet hat.

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Julian Schnabel signiert Poster der Ausstellung mit seinen Kindern Lola und Cy. Foto: Andrea Matzker

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Julian Schnabel vor einem seiner Werke. Foto: Andrea Matzker

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Julian Schnabel mit seiner Tochter Lola. Foto: Andrea Matzker

 

Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

 

 

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