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GYÖR: UNGARISCHES TANZFESTIVAL 2018

Von buntem Folklore-Taumel bis zu sensibler Moderne

22.06.2018 | Ballett/Performance

UNGARISCHES TANZFESTIVAL 2018 in Györ (18. bis 24.6) – von buntem Folklore-Taumel bis zu sensibler Moderne

Magyar Nemzeti Balett: A vágy villamosa
Magyar Nemzeti Ballet: A VÁGY VILLAMOSA. Copyright: Ungarisches Tanzfestival Györ

Es scheint eine ewige Melodie zu sein. Klänge, Rhythmen, die zum Tanz auffordern. Dieser Sog der so spezifisch mitreißenden ungarischen Musik zieht sich durch das ganz Land, unterstreicht nationale Gefühle. Und es klingt immer gut und kraftvoll – von professionellen Ensembles wie von Laien musiziert.

Auch das große alljährliche Ungarische Tanzfestival in Györ vermittelt solch einen positiven Eindruck. Das durch sein stilistisch fein gestalteten modernen Tanzstücke auch international erfolgreiche Györi Balett ist Veranstalter dieses nun schon zur Tradition geworden einwöchigen Festivals. Eingeladen sind alle Kompanien des Landes, vom Nationalballett der Budapester Staatsoper bis zu kleineren Folklore-Amateur-Formationen. Aber auch das Europaballett St. Pölten mit einer Choreographie von Renato Zanella, Tänzer aus Brünn oder das Kiev Modern Ballet sind heuer gern gesehene Gäste.

KIJEVI MODERN BALETT: ВOLERO
Kijevi Modern Balett: BOLERO. Copyright: Ungarisches Tanzfestival Györ

Rassige ungarische Folklore als hochkultivierte Ausdrucksform drückt dem XIV. Magyar Táncfesztivál einen markanten Stempel auf. Genau so wie die Pflege des zeitgenössischen Tanzes durch die Kompanien etwa aus Kecskemét, Szeged, Eger. Lászlo Felekei ist zur Zeit der Choreograph, welcher dem Györi Balett zu einer noblen modernen Linie verhilft. Eröffnungsabend mit der Uraufführung von Felekeis „Pianoplays“ zu Klaviermusik von Franz Liszt und Richard Wagner (nun ja, „Tristan“-Klänge in Klaviertranskription). Acht Paare, nicht nackt, doch so gestylt, führen in wunderbarer Harmonie und mit verblüffender Eleganz feinsinnige Liebesspiel, –beziehungen, –versprechungen vor. Auf frauliche Schönheit zielend und in reinster tänzerischer Harmonie – und somit erinnert „Pianoplays“ doch auch an die edlen Klavierballette des Jerome Robbins.

Es überrascht vor allem, dass sich reiner ungarischer, auf Folklore beruhender Tanz in den letzten Jahren derartig verfeinert weiter entwickelt hat. Früher sind es geschlossene Tanzgruppen gewesen, jetzt finden sich mehr und mehr Jugendliche, Kinder, reifere Menschen in sogenannten ‚Tanzhäuser‘, welche zu Volkstanz in gepflegter Manier einladen. Und alle sind mit vollster Freude mit dabei – wie beim Táncfesztivál auf dem Platz vor dem Theater auf improvisierter Bühne mit aller Hingabe stimmungsvoll demonstriert wird.

MINDEN, AMI TÁNC
Minden: AMI TÁNC. Copyright: Ungarisches Tanzfestival Györ

Zoltán Zsuráfsky, alterprobte Folklore-Choreograph und Leiter des Ungarischen Nationalen Tanzensembles, bereitet mit seinen Tänzern große historische Tableaus auf, überreich verführerisch mit dem buntesten regionalen Trachtenzauber. Beim Tanzfestival zu sehen: „Compromise / 150“. Es beginnt zwar kriegerisch vor 150 Jahren – ungarische Revolutionäre werden anno 1848 im Aufstand gegen die Habsburger-Herrschaft exekutiert. Doch schnell wendet sich bei Zsuráfsky das Blatt zu einer Hommage auf das Haus Habsburg: Das bürgerliche Budapest blüht in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf, zeigt sich am Ende k.u.k. Monarchie in habsburgischem Glanz. Und somit gibt es in schier endloser Folge eine überwältigende Folklore-Revue. Johann Strauß mit einbezogen. Und womit klingt dieses Tanzfeuerwerk aus? Bitte …. der Radetzkymarsch.

FEHÉR FERENC: THE STATION
Feher Ferenc: THE STATION.  Copyright: Ungarisches Tanzfestival Györ

János Kiss, der langjähriger Chef des Györi Balett, ist es, der für das Festival dieses riesige Angebot an Ensembles herbeizaubert. Kiss meint: „Unser Magyar Táncfesztival ist der mit Abstand größte populäre Tanzevent in Mitteleuropa. Tanz wird bei uns gefördert, doch trotz immer stärker wachsender Folklore-Truppen bleiben die Subventionen hinter Musik und Theater“. Zum Glück: Audi Hungaria mit seiner großen Produktionsstätte in Györ hilft mit. Und da sich Györ neben Veszprém und Debrecen bemüht, für das Jahr 2023 als Kulturhauptstadt Europas gekürt zu werden: Das Györi Balett zählt zu den Pluspunkten der gepflegt wirkenden Stadt mit ihren schönen historischen Baujuwelen im Zentrum.

www.magyartancfesztival.hu

Meinhard Rüdenauer

 

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