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GÜNTHER GROISSBÖCK: „Ich hab’ es gern, wenn man Figuren beseelen kann“

02.03.2014 | Sänger

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Foto: Erich Reismann

GESPRÄCH MIT GÜNTHER GROISSBÖCK

„Ich hab’ es gern,
wenn man Figuren beseelen kann“

Sein Erfolg, man kann schon sagen Triumph als Wassermann in der „Rusalka“-Premiere der Wiener Staatsoper ist noch ganz frisch im Gedächtnis, da steht schon die nächste Premiere für Günther Groissböck an: Diesmal wird es mit dem „Lohengrin“ Wagner sein, der für ihn derzeit (und wahrscheinlich auch in Zukunft) wichtigste Komponist. Dafür, dass er das Haus einst nach einer Saison (2002/03) verlassen hat, kehrt der Niederösterreicher nun mit großen Ansprüchen an die Staatsoper zurück.

Von Renate Wagner

Herr Groissböck, ganz so anstrengend wie für den Direktor war es für Sie nicht – die „Neunte“ in New York, Flug nach Wien, abends Opernball. Immerhin müssen Sie nicht wieder postwendend nach New York zurück, dafür beginnen am Montag die Proben an der Staatsoper (und davor haben Sie noch Zeit für uns): Der König Heinrich im „Lohengrin“ ist aber ein alter Bekannter für Sie?

Ja, ein ganz, ganz alter. Zuhause, in Waidhofen an der Ybbs, gab es viele Opernschallplatten, aber nur zwei von Wagner – die „Tannhäuser“-Gesamtaufnahme unter Sawallisch mit Silja und Bumbry und den Querschnitt von „Lohengrin“, der originellerweise nicht mit dem Vorspiel begann, sondern gleich mit dem Einsatz des Königs Heinrich: „Gott grüß‘ euch, liebe Männer von Brabant!“… Später, in meiner Wiener Studien- und Stehplatzzeit, habe ich, glaub’ ich, keine Oper so oft gehört wie den „Lohengrin“, und da dachte ich, es müsse schon schön sein, einmal in diesem edlen Gewand da zu stehen und den König zu singen… Das war aber nicht die Kosky-Inszenierung, denn da war ich schon nicht mehr in Wien und die habe ich nie gesehen. Wie die neue unter Andreas Homoki nun wird, dazu kann ich leider noch gar nichts sagen, denn man unterschreibt ja einen Vertrag im Vorfeld in den allermeisten Fällen „blind“. Aber ich denke, dem König kann in einer Interpretation nicht allzu viel „passieren“. Ich habe ihn ja schon in Houston, in der „berühmten“ „Häuselbauer“-Inszenierung von Richard Jones, in München, in Berlin konzertant, in Tokyo und nochmals in Berlin an der Deutschen Oper gesungen. Ich kenne diese Partie also gut und mag die Rolle eigentlich auch sehr, obwohl sie so gefürchtet ist. Denn beinahe alles, was er zu singen hat, ist schwer – die Partie liegt im Ganzen eher hoch, d.h. die Höhe muss stehen, obwohl natürlich auch die Tiefe wichtig ist, und auch wenn man psychologisch meistens nicht allzu viel zeigen kann, muss er als Persönlichkeit doch mitreißen.

Ihren Lohengrin, Klaus Florian Vogt, kennen Sie gut, obwohl Sie heuer in Bayreuth nicht im „Lohengrin“, sondern im „Tannhäuser“ und im „Rheingold“ gesungen haben?

Wir kennen uns lange, und ich erinnere mich noch, als ich ihm 2006 in Berlin erstmals für eine „Missa Solemnis“ begegnet bin. Damals gab es zwei aufstrebende deutsche Tenöre, Jonas Kaufmann und ihn. Und ich hatte die Vorstellung, ein Tenor müsse kraftvoll losdrücken – und dann hörte ich diese wunderbar reinen Klänge, die er erzeugt. Niemand kann so sauber, so „entkörperlicht“, so wie aus einer anderen Welt singen wie Klaus, und das ist für den Lohengrin ja ideal. Mich persönlich fasziniert dieser reine Klang stets von neuem… Außerdem ist er ein wunderbarer Mensch, und ich kann sagen, wir sind Freunde. In Bayreuth spielen wir gemeinsam mit dem Chor Fußball, was für Sänger eigentlich verboten ist… nicht offiziell, aber doch. Ich spiele im Mittelfeld rechts, bin so eine Art „Flügelflitzer“, und ich schwöre, beim Fußball lernt man die Leute am allerbesten kennen. Klaus ist so sportlich in seiner ganzen Einstellung und so normal, dass es einfach eine Wohltat ist. Ich bin sicher, wir beide, Camilla Nylund, mit der ich letzten Sommer in Bayreuth im „Tannhäuser“ gesungen habe, Wolfgang Koch, unser Wotan im Castorf –„Ring“, und Detelf Roth, der Bayreuther Amfortas der letzten Jahre, werden ein gutes Team ergeben. Nur die Ortrud, Frau Michaela Martens, kenne ich noch nicht.

Um bei Wagner zu bleiben: Sie waren im „Rheingold“ der Fasolt im umstrittenen neuen Bayreuther „Ring des Nibelungen“ von Frank Castorf, um den ja auch eine heftige Kritikerfehde entbrannt ist. Wie steht man dazu, wenn man mitten drin steckt?

Also, ehrlich, ich hatte nie das Gefühl, dass Castorf um jeden Preis provozieren oder irgendetwas mutwillig zerstören wollte. Er ist uns allen als netter, unkomplizierter, wenn auch etwas im besten Sinne des Wortes schräger „Theatervogel“ erschienen, wenngleich ich nicht sagen kann, dass ich stets den Eindruck hatte, er wüsste immer zu 100% genau, wo er denn hin will, was bei diesem Monsterstück aber vielleicht beim ersten Mal sogar normal ist. Da ich ja nächsten Sommer nicht in Bayreuth bin und dort stets als „Work in Progress“ verfahren wird, werde ich leider vorläufig nicht erleben, wie es mit diesem „Ring“ weitergeht.

Sie verzichten durch die nächstjährige Bayreuther Abstinenz auch auf die Fernsehaufzeichnung des „Tannhäuser“, dem Sie nun schon einige Jahre so treu gedient haben – eine Inszenierung, mit der nicht nur ich absolut nichts anzufangen wusste.

Das war, glaube ich, der große Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Meine Kollegen und ich haben wohl selten ein Konzept – das einer in sich geschlossenen Gesellschaft – so intelligent erläutert bekommen wie durch Sebastian Baumgarten und seinen Dramaturgen Carl Hegemann. Dieses Konzept dann in die Biogas-Anlage zu stellen, weil der Ausstatter ein ähnliches Projekt als eine Art Aktionskunst in Rotterdam gemacht hat, musste ein Publikum natürlich überfordern. Aber wir Darsteller, die wir die Erklärungen mitbekommen haben, haben uns dann ganz wohl gefühlt in dieser Welt, denn „handwerklich“ stimmte zwischen den Figuren sehr Vieles.

Bleiben wir bei Wagner, der eine so wichtige Rolle für Sie spielt. Sie singen außer Landgraf und König Heinrich allerorten immer wieder den Hunding, und Sie sind ein „echter“ Bass mit den Möglichkeiten, in baritonale Höhen zu gelangen. Das eröffnet Ihnen bei Wagner ein Riesenfeld – inklusive der Königsklasse, also Wotan und Sachs. Streben Sie das an?

Ja, sicher eines Tages. Grundsätzlich würde ich mich als „Basso cantante“, also als hohen Bass bezeichnen und meine „stimmfarblichen“ Möglichkeiten eher im dunkelbronzenen Spektrum sehen als nur irgendwo zwischen grau und schwarz. Das heißt, ich kann sozusagen je nach Belichtung entweder sehr dunkel, durchaus auch Schwärzliches, aber eben auch ganz interessante hellere, bronzene Farben bieten. Was die großen „Brocken“ betrifft, so kommt jetzt Ende 2016 nun endlich mein heiß ersehnter Gurnemanz, der mir gut liegen sollte und dann werden wir sehen. Es sind ja auch Entscheidungen zu treffen, wenn man von der Stimme her sowohl den Holländer wie auch den Daland singen könnte. Holländer ist als Figur wohl interessanter, aber das hat natürlich mit Angeboten zu tun und auch damit, wie sich die Stimme weiterentwickelt. Da muss ich selbst wissen, was ich tue, und eigentlich sagt mir mein Instinkt immer, was richtig ist.

Das heißt, es ist richtig, im Sommer 2014 aus Wagner auszusteigen und bei den Salzburger Festspielen etwas ganz, ganz andere zu machen?

Ja. Tatsächlich ist der Ochs im „Rosenkavalier“ außer dem Pistola im „Falstaff“, den ich in meinen Anfängen einmal als Staatsopern-Leihgabe an der Volksoper gesungen habe, meine erste komische Rolle. Und so schwer! So extrem, dass ich mich manchmal frage, warum bin ich Idiot nicht gemütlich in Bayreuth geblieben, statt mir das anzutun? Aber dann hat man einen inneren Drang, und der sagt mir: Das ist richtig. Auch, weil Harry Kupfer einen Typ wie mich wollte, um endlich einmal dem Klischee des dicklichen, älteren Mannes zu entkommen. Ein junger Ochs, der fast wie eine Art Yuppie erscheint, müsste auch eine Art von Gefährlichkeit haben – der könnte der Marschallin sehr viel Ärger bereiten, wenn er etwa ihren Seitensprung, den er dann genau durchschaut, publik machte. Er wird auch in meiner Darstellung durchaus unsympathisch sein – und komisch durch seine Unverfrorenheit. Ich sage, er ist ein präpotenter „Kotzbrocken“ – mit österreichischem Charme. Wenn man kein Österreicher ist, kann man das meiner Meinung nach eigentlich gar nicht so richtig darstellen. Diese Mischung aus „Hinterfotzigkeit“ und Frechheit muss man vielleicht im Blut haben. Nur Ausländer, die hier so „sozialisiert“ sind wie etwa Lars Woldt, schaffen das auch.

Und wie lernt man diese extrem schwierige Rolle?

Man „mietet“ sich einen Korrepetitor, der das Werk gut kennt. Ich arbeite gerne mit Verschiedenen zusammen, momentan aber beim „Rosenkavalier“ speziell mit Hans Fuchsberger von der Wiener Staatsoper. Er ist mittlerweile in Pension, daher zeitlich flexibel und weiß unglaublich viel über die Partie, ihre Schwierigkeiten und auch, was die einzelnen Dirigenten an dieser und jener Stelle wollen. Was das Stimmtechnische betrifft, so ist mein großer Lehrer, José van Dam, leider nicht immer verfügbar bzw. bin ich auch sehr viel unterwegs. Ich erinnere mich übrigens sehr gerne daran, wie wir zusammen kamen. Ich war in Zürich engagiert, sang in den „Meistersingern“ den Nachtwächter, er den Hans Sachs. Und er sagte zu mir auf seine unvergleichliche Art: „Du hast eine schöne Stimme, aber Du bist kein guter Sänger.“ Ich habe dann gewagt, ihn wegen Unterrichts anzusprechen, und wann immer wir uns treffen konnten, haben wir gearbeitet. Am schönsten war es, wie er Jahre später, sagte: „Langsam beginnst Du zu singen.“

Ein weiterer Ochs an der New Yorker „Met“ unter der Regie von Robert Carsen mit Renée Fleming ist schon abgemacht – bis wann ist Ihr Kalender eigentlich voll?

Ich würde sagen, bis Ende der Spielzeit 2017 /18. In dieser Zeit sind insgesamt vielleicht noch zwei Monate offen. Nach dem Wiener „Lohengrin“ und vor dem Salzburger „Rosenkavalier“ gibt`s noch zwei „Walküren“ in Genf und ein paar schöne Konzerte in Dresden und München, wo dann in einer Neuproduktion der Gessler in Rossinis „Wilhelm Tell“ ansteht. Weitere schöne, große Rollendebüts der nächsten Jahre umfassen dann noch Rocco im „Fidelio“, Zaccharia in „Nabucco“ oder auch den Orest in „Elektra“. Es ist mir wichtig, nicht nur Wagner zu singen – so wichtig dieser für mich auch ist und so viel ich auch hier noch vor habe -, erstens um nicht nur als Wagner-Bass festgelegt zu werden, und eben auch weil es stimmhygienisch und geistig gesund ist, immer wieder etwas anderes zu singen. Ich hab’ es einfach gern, wenn man Figuren beseelen kann. So „lechze“ ich natürlich sehr nach Rollen wie z.B. den König Philipp im „Don Carlos“, wo man wirklich seelische Tiefe zeigen kann. Das bisher einzige Angebot dafür aus Madrid, wo man natürlich der historischen Figur, die keine 50 km entfernt im Escorial begraben liegt, auch örtlich näher kaum sein könnte, kollidierte leider terminlich mit einem „Landgraf“ an der MET, was aber unter diesen Umständen dann auch zu verschmerzen war…

Sie sind ja noch sehr jung, erst im Herbst 2016 werden Sie überhaupt 40 sein, da ist für den Philipp ja noch Zeit. Allerdings haben Sie den Boris Godunow, 2012 in Madrid, sehr früh gesungen. Zu früh?

Finde ich nicht, und ich war auch recht zufrieden damit. Ich konnte es an Mitschnitten kontrollieren – manchmal lasse ich auch bei Proben zur Kontrolle das Handy laufen -, und ich bin wirklich sehr, sehr streng mit mir, aber das ist mir, glaube ich, gelungen. Es macht einfach Spaß, wenn das, was man tut, nicht nur eine „Monokultur“ ist, sondern ein bunter Gemüsegarten, deutsch, italienisch, slawisch – wenn auch letztendlich das Wagner-Gemüse dann doch am besten schmeckt… An Mozart gehe ich noch – mit Ausnahme eines gelegentlichen Sarastro – vorbei, den Papageno werde ich wohl nie singen, und für den „Don Giovanni“ bin ich, ich sage es ganz offen, technisch noch nicht reif. Die „Champagnerarie“ muss man nicht nur ohne die geringsten Schwierigkeiten ganz schnell singen können, sie hat auch eine hohe Tessitura, und da sind auch noch ganz unangenehme Sprünge drinnen… Eines Tages vielleicht, echte Bässe wie Siepi oder Ghiaurov haben das auch ganz wunderbar gekonnt. Figaro und Leporello wären aber jetzt zum Beispiel durchaus schon realistische und interessante Partien.

Sie sind in den letzten Jahren bereits sehr viel herumgekommen und haben mit sehr vielen Regisseuren zusammen gearbeitet. Gab es eine Situation, wo Sie gesagt haben: Danke, das doch nicht?

Ja, einmal in Köln, bei der „Zauberflöte“. Ich sage offen, das war, meiner Meinung nach, echt ein haarsträubender Blödsinn. Es gibt Ideen von Regisseuren, da sagt man okay, vielleicht kapiere ich das Konzept nicht, ich muss mich einarbeiten. Und ich bin wirklich für vieles zu haben und kann körperlich schon einiges bieten, auch wenn ich auf der Bühne herumkraxeln muss. Aber dieser Regisseur wollte den Sarastro von der ersten bis zur letzten Minute auf der Bühne haben und hat ihn in ein Mieder aus Kunstleder geschnürt, mit einem zweieinhalb Meter breiten Reifrock, dazu ein Mickymaus-Hütchen mit Tüllschleier bis zum Boden. Das war nicht nur das Absurdeste, was man je von mir verlangt hat, sondern auch praktisch nicht durchführbar. Und da war ich dann froh, als ich aussteigen konnte.

Ich möchte gerne auf Ihren großen Wiener Erfolg als Wassermann zurückkommen – Sie haben ja in Ihrer Jugend nur eine Saison an der Staatsoper gesungen, sind dann in dem neuen Bechtolf-„Ring“ je einmal als Fafner und Hunding eingesprungen und haben, ohne weitere Resonanz, in Repertoire-Zauberflöten 2010 und 2011 den Sarastro gesungen. Das heißt, sie waren mit dieser „Rusalka“-Premiere für das Publikum so gut wie neu. Und sind wirklich stürmisch aufgenommen worden. Hört man eigentlich die Qualität des Applauses, wenn man da auf der Bühne steht?

Ich glaube, dass ich eine sehr gute „Antenne“ für die Qualität von Applaus, wie auch für Buh-Rufe, die wir ja z.B. in Bayreuth immer wieder bekamen, habe. Und es ist für einen Sänger, der sich ja wirklich ganz ausgibt, wunderbar, wenn man ein ganz spontanes Feedback bekommt. Ich ziehe mich grundsätzlich eher schüchtern gleich wieder zurück, weil ich immer das Gefühl habe, dass jetzt mein Teil eigentlich getan ist und alles Weitere etwas eitel wirkt. Ich weiß, dass das so nicht ganz stimmt, aber was für mich nach der Akzeptanz des Publikums, die mir wirklich viel bedeutet am meisten zählt, sind Wiedereinladungen und ein daher voller Kalender mit schönen, tollen (neuen) Rollen. Außerdem ist es auch schön, und ich schäme mich überhaupt nicht darüber zu reden, wenn man anhand der langsam steigenden Gagen merkt, wie im gesunden Spiel von Angebot und Nachfrage der eigene Marktwert steigt – abgesehen von Bayreuth, wo strikt nur nach Rolle bezahlt wird. Egal ob z.B. Domingo den Parsifal singt oder ein No Name, sie bekommen die gleiche Summe für die gleiche Partie, und da das alle wissen, es immer so war und jeder damit einverstanden ist, ist das auch gut so.

Wie kam es eigentlich zum Wiener Wassermann in „Rusalka“? Den haben Sie übrigens in drei verschiedenen Fassungen gesungen – irritiert das nicht?

Ich weiß nicht ganz genau, wie jetzt im Konkreten das Wiener Engagement zustande gekommen ist. Okay, man wird von seiner Agentur für eine bestimmte Rolle vorgeschlagen, aber das hat in den meisten Fällen noch nicht viel zu bedeuten. Bestimmt hatte es aber mit meinem damaligen Münchner Erfolg in dieser Partie zu tun, denn das war nur wenige Wochen bevor das Wiener Angebot kam. Sehr genau kann ich mich hingegen noch an den Beginn der legendären Münchner Produktion erinnern: Martin Kusej wollte mich kennen lernen und hat mich darauf vorbereitet, wie er „Rusalka“ anlegen will: Das war ein wenig die Fritzl-Situation, der Mann, der die jungen Mädchen einsperrt – das ist die reinste Ironie, wenn man denkt, dass ich aus Waidhofen komme und der Fritzl im Amstetten war, das ist 25 Kilometer ums Eck. Die Aufführung war faszinierend, typisch Kusej, der den Blick auf Abgründe öffnet, die man in den Stücken auf den ersten Blick nicht immer gleich sieht. Aber das ist ja auch seine große Qualität, er hat einen Nerv getroffen, der zu dem Zeitpunkt perfekt war. „Kellerkinder“ gab es ja nicht nur bei Fritzl, sondern auch der Fall Kampusch war im öffentlichen Bewusstsein noch sehr präsent. Dann kam „Rusalka“ unter Stefan Herheim in Barcelona, und das war dann wieder ganz anders, da war der Wassermann die heimliche Hauptfigur, ein frustrierter Bürohengst, die fremde Fürstin war seine Gattin, und das ganze Geschehen stellte gewissermaßen nur seinen Traum dar. Es war eine ungeheuer intelligente Version, bei der ich die ganze Zeit auf der Bühne war, und obwohl es keine Premiere war, wurde wochenlang daran gearbeitet. In Wien bei Bechtolf – hatte der Wassermann durchaus auch etwas von seinem „Ring“-Alberich, mit den langen Haaren des Loge, aber man muss ja auch bedenken, dass schon von Dvorak bzw. Kvapil, der Librettist, her die Stellung des Wassermanns zu den drei Nixen nicht wirklich ganz genau definiert ist, man kann sie also immer neu sehen. Jede Interpretation war für mich völlig anders, und jedes Mal gab es die Möglichkeit, in wochenlangen Probenarbeiten in die jeweilige Inszenierung hineinzuwachsen, dass es dann keine Probleme gab, es könnte einem etwas durcheinander geraten.

Weiß man schon, wie es mit Wien und Günther Groissböck weitergehen wird?

Also an der Wiener Staatsoper wird es in der nächsten Spielzeit 2014/15 drei Abende, in 2015/16 vier Abende, in 2016/17 acht Abende geben, alles in Wiederaufnahmen. Und 2017/18 ist wieder eine Neuproduktion geplant, die allerdings noch nicht unterschrieben ist…

Dieses Interview enthält auch Passagen aus dem Gespräch, das Anton Cupak in der Merker-Galerie am 5. Februar 2014 mit Günther Groissböck geführt hat

 

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