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Günter Fuhrmann: HAUS DER KÖNIGE

21.05.2018 | buch

Günter Fuhrmann:
HAUS DER KÖNIGE
Das Wiener Palais Coburg – Throne, Triumphe, Tragödien
272 Seiten, Amalthea Verlag, 2018

Das Palais ist Heimstätte, aber gewissermaßen nur Vorwand für das Buch: Wenn Autor Günter Fuhrmann vom „Haus der Könige“, dem Wiener Palais Coburg, berichtet, dann geht es natürlich im Grunde um die Familie – die Coburger, eine der erstaunlichsten, weil erfolgreichsten Dynastien Europas.

Einst „nur“ ein deutsches Adelsgeschlecht, Nebenlinie sogar, brachten sie es zu Königen von Belgien und setzten ihre Familienmitglieder auf Throne. Oder verheirateten extrem günstig – den Prinzen Albert mit Queen Victoria (die beiden wurden glücklich), die Prinzessin Stephanie mit dem Kronprinzen Rudolf (die beiden wurden unglücklich). Und es gibt zu erzählen rund um dieses eleganten Palais, das – etwas versetzt hinter der Ringstraße –höchst interessante Leute beherbergte.

Tatsächlich fädelt der Autor die Coburger chronologisch auf, mit Schwerpunkt auf einzelnen Persönlichkeiten, was die Lektüre für den Leser „freundlich“ macht. Man liest von äußerst geschickten Ehen (oft in Richtung Russland, aber auch mit den Portugiesen und Briten und Schweden), von gewonnenen Thronen (Belgien, Bulgarien), von Skandalen. Ihr Wiener Palais ließen sich die Coburger während des Ringstraßen-Aufbruchs errichten (der Autor berichtet ausführlich). Franz Joseph half der Familie, als es um eine nicht ganz standesgemäße Heirat ging, indem er die Koharys (aus deren Reihen die Braut stammte) in den Fürstenstand erhob – damals war dergleichen noch wichtig. Ferdinand Georg von Sachsen-Coburg-Saalfeld begründete den „Kohary“-Zweig des Hauses.

Vom Hochadel zum Königtum –Leopold, jüngerer Bruder von Ferdinand Georg, heiratete in erster Ehe die englische Prinzessin Charlotte, konnte durch deren frühen Tod aber nicht jene Rolle einnehmen wie später sein Neffe Albert bei seiner Gattin Victoria. Aber auch die künftige Queen Victoria war Leopolds Nichte, hatte er doch seine Schwester mit dem Herzog von Kent verheiratet. Und deren Tochter sollte dann die berühmte „Queen“ werden. Und ihren Cousin heiraten. Coburgisch doppelt gemoppelt, und alle heutigen „Windsors“ stammen aus dieser Beziehung…

Leopold I., der selbst König von Belgien wurde und das alles so geschickt eingefädelt hat, war (über seinen Sohn Leopold II., der mit einer Habsburgerin verheiratet war) Großvater jener Damen Stephanie (Gattin von Kronprinz Rudolf) und Louise, die wiederum einen Cousin der Kohary-Linie, Philipp von Coburg, heiratete und die Wiener Gesellschaft, in der man sich bewegte, mit einem Skandal entzückte: Sie brannte nämlich mit einem feschen Ulanen durch, der sich „Graf“ Mattachich nannte, ohne einer zu sein (ein Adeliger nämlich). Aber darauf kam es dann auch nicht mehr an…

Das sind jene Geschichten, die man kennt (auch jene des „Königs von Bulgarien“, Bruder von Philipp von Coburg, der vor allem in der Society zu finden war), aber die Coburger waren ein so weit verzweigtes, kinderreiches Geschlecht, dass noch von vielen anderen, nicht weniger farbigen Figuren zu berichten ist, die weniger populär wurden.

Glücklicherweise hat das Buch, das bis in die Gegenwart führt, am Ende einen ausführlichen Stammbaum: Man könnte sonst glatt die Übersicht verlieren.

Renate Wagner

 

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