Filmstart: 24. August 2018
GRENZENLOS
Submergence / USA / 2017
Regie: Wim Wenders
Mit: Alicia Vikander, James McAvoy u.a.
Keine Frage, Namen sind wichtig – und wenn Wim Wenders einen Film mit Alicia Vikander und James McAvoy inszeniert, sind die Erwartungen entsprechend hoch gespannt. Wim Wenders ist die Vielseitigkeit selbst, und wenn er nicht immer Meisterstücke abliefert – mit einem oder anderen seiner Arbeiten hat er sich ins goldene Buch des Films geschrieben. Darüber hinaus ist klar, dass zwei Schauspieler wie diese einen ganzen Film mühelos schultern können (die Nebenrollen spielen keine Rolle). Also!
Also sehen wir einen weißen Mann in irgendeinem Kellerloch in Afrika gefangen. Und die Rückblenden erzählen, wie so oft, von besseren Zeiten. Damals, als er in einem Ferienhotel in der Normandie (mit ihrer landschaftlichen Schönheit, sehr düster-pittoresk) die Biomathematikerin Danielle Flinders kennen lernte: zwei einsame Menschen, die beide allein an fernem Ort Weihnachtsurlaub machten.
Schon ganz zu Beginn, beim Zusammentreffen der beiden so interessanten, attraktiven Persönlichkeiten, merkt man, dass hier ein Roman („Submergence“ des Schotten J. M. Ledgard) verfilmt wurde und dass die Dialoge recht steif und künstlich ausgefallen sind. Immerhin, sie erzählt von ihrer Arbeit, so tief am Meeresspiegel (es gibt fünf Zonen der Unterwasserwelt…), dass dort nur noch das „Nichts“ ist – was sie fasziniert und demnächst in einem Tauchgang bei Island näher erforschen will. Stichwort: Klimawandel. Keine Angst, man muss sich nicht auskennen. Darum geht es gar nicht.
Wenn James Moore von seiner Arbeit erzählt, er ist British-Scottish, wie er betont (und in der Originalfassung ist der Akzent des Darstellers hinreißend), lügt er allerdings: Er wird als Wasseringenieur nach Somalia gehen, um den Leuten dort beizustehen, Brunnen zu graben, sagt er. Tatsächlich ist er ein britischer Undercover-Agent, auf der Spur von Al Qaida Terroristen im Lande.
Man liebt sich, man muss sich trennen, beiderseits auf Verbindung dazwischen und ein Wiedersehen hoffend. Aber Wim Wenders schickt seine beiden Protagonisten nun wirklich und wahrhaftig ins Herz der Finsternis. Er in Afrika, wo er sich offenbar nicht sehr gescheit verhalten hat, da ihm die Einheimischen offenbar gar nichts glauben und ihn sofort ins Kellerloch werfen. Szenen wie eine fingierte Hinrichtung oder andere Brutalitäten machen diesen Teil der Handlung schwer erträglich, bieten aber keinerlei Einsichten, die aufhorchen lassen würden.
Sie wartet in dem U-Boot vor Island vergeblich auf seinen Anruf und hat den langweiligeren Teil der Geschichte erwischt: Denn in ihren schwarzen Meereslöchern tauchen keine Riesenhaie auf und passiert auch sonst nichts von Interesse. Wenngleich der Film zwischen trostloser Gegenwart und schönen Erinnerungen kreuz und quer geschnitten ist, sogar mit dramaturgischen Entsprechungen – sobald man weiß, wo es lang geht, ist das Ganze rein gar nicht mehr interessant. Da hätte man aus den getrennten Liebenden, aus der Verlorenheit ihrer seelischen Situation, mehr Intensität schlagen können.
Und das trotz der Ausstrahlung, die Alicia Vikander einfach immer mitbringt, und der Glaubwürdigkeit, die James McAvoy (auch halbnackt sehr überzeugend anzusehen) dem Agenten verleiht, der seine Identität nie preisgeben würde. Da haben drei erstklassige Künstler (man betrachtet schließlich auch den Regisseur als solchen) schlechtweg Zweitklassiges geliefert.
Renate Wagner