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GRAZ/ Opernhaus: „SCHÖN IST DIE WELT“ – Operette von Franz Lehár

19.05.2025 | Operette/Musical

18.05.2025  Opernhaus Graz: „SCHÖN IST DIE WELT“

schön
Foto: Oper Graz

Als bekennender Richard Tauber und Rudolf Schock Verehrer kannte ich natürlich die beiden Tenorschlager – neben der „Titelmelodie“ noch das „Liebste glaub an mich“ – aber sonst praktisch nichts aus dieser vorletzten Operette von Franz Lehar, 1930 am Metropoltheater in Berlin uraufgeführt – danach folgte nur mehr 1934 die „Giuditta“ an der Wiener Staatsoper mit Jarmila Novotna und Richard Tauber. Aber eigentlich war diese „Uraufführung“ eine Umarbeitung der bereits 1914 in Wien zur Premiere gelangten Operette „Endlich allein“ – zugeschnitten auf das Traumpaar Gitta Alpar ( 1903 als Regina Klopfer in Budapest geboren ) und eben Richard Tauber, Lehars Lieblingstenor!

Nun, den Beiden gehört auch der ganze zweite Akt, wo Prinz und Prinzessin in die Berge gehen, sich ineinander verlieben – aber unbekannterweise und erfreulicherweise genau so, weil sie füreinander zur Heirat vorgesehen sind! Also Ende gut, alles gut! Lehar hat hier große opernhafte Szenen geschrieben, im Orchester die herrliche Bergwelt zum Klingen gebracht, und verlangt von den Protagonisten da einiges mehr als in den „sonstig üblichen „ Werken dieses Genres.

Auch ich „verlange“, erwarte, erhoffe immer eine stückadäquate Umsetzung eines Werkes, was heute aber leider nur in seltenen Fällen passiert! Erfreulicherweise kann ich jedoch hier von einem solchen berichten: es wurde ein szenisch abwechslungsreicher, höchst intelligent sehr behutsam aktualisierter Operettenabend, der ich das Prädikat „Vorzeigeproduktion“ verleihen möchte. Immer dem Stück folgend, mit Pfiff und auch manch geschmackvoller Ironie hat Florian Kutej seine allererste Operettenproduktion fabelhaft auf die Bühne gestellt. Isabel Toccafondi hat ein praktikables Bühnenbild gebaut, das nicht nur geschmackvoll und zweckmäßig, auch witzig und immer sinnvoll die Handlungsorte charakterisiert: das Stück spielt hier in einem Top-Wellness -Hotel in Kitzbühel, die stiliserten Berge zeigen karthografische Darstellung der Kitzbüheler Alpen, speziell das Kitzbüheler Horn. Wirkt beschrieben bei Weitem nicht so amüsant wie auf der Bühne! Daria Kornysheva hat – mit einer einzigen, leider aber auch gravierenden Ausnahme! – das gesamte Bühnenpersonal köstlich, abwechslungsreich und bunt eingekleidet. Der Chor und Extrachor ( Einstudierung Georgi Mladenov) war mit unglaublicher Spielfreude mit dabei, stellten köstliche Typen dar ( unter anderem waren zwei schwarzverschleierte Damen aus dem arabischen Raum, wo nur die Augenschlitze frei blieben mit teuren Einkäufen auf der Bühne unterwegs) und waren wie die Statisterie und das Ballett – hervorragende Figur machten die das Hotelpersonal darstellenden Damen und Herren! – bestens ins flotte Geschehen integriert. Dabei waren liebevolle Details herausgearbeitet, der junge, regieführende Mann aus Kärnten, der durch sein eigenes Statistendasein bei Manon Lescaut – 2012 in Graz – vom Musiktheatervirus befallen wurde, scheint ein großes Talent zu sein! Bravo!! Auch lichtechnisch war alles sehr gelungen – Johannes Schadl; und Philipp Fleischer (Video) zauberte über die ganze Bühne ein herrliches Bergmassiv – auch die abgehende Lawine ( das kommt in natura am Kitzbüheler Horn allerdings kaum vor) war optisch bestens gelöst.

Auf der Bühne war mit Richard Samek ein ausgezeichneter Tenor als Kronprinz Georg aufgeboten. Der routinierte tschechische Künstler servierte seine Paradestücke mit Strahlkraft und auch Differenzierung, spricht ein exzellentes Deutsch und war auch im Gesang immer äußerst textverständlich. Er meisterte die nicht geringen Anforderungen souverän und war auch szenisch glaubhaft. Übel mitgespielt wurde da seiner Prinzessin Elisabeth: Sieglinde Feldhofer konnte einem dauern den ganzen Abend über in die scheußlichsten Klamotten gesteckt zu werden, dazu noch „gekrönt“ mit einer unmöglichen Perücke – kein Zoll eine „Prinzessin“. Dazu schien die verdiente Grazer Solistin auch stimmlich nicht den besten Abend erwischt zu haben, der an sich aparte Sopran sprang des öfteren nur auf Druck an, und viele steife Töne trübten den Eindruck, die „glamouröse Linie“ wollte sich nicht und nicht einstellen. Die Herzogin Marie wurde von Uschi Plautz humorvoll gesprochen, der König war dem langjährigen Grazer Ensemblemitglied David McShane anvetraut, der auch noch seinen Bariton demonstrieren durfte. Köstliche Typen stellten Martin Fournier, mit kräftigem Tenor als Hoteldirektor, und Kathryn Birds als Bedienstete der Herzogin Marie dar. Bleibt last not least noch Ivan Orescanin als Graf Karlowitz, mit kräftigem Bariton und viel Spielwitz als geplagter – lange Zeit „im Geheimen“ – Ehemann und Adjutant des Königs. Ja, Ehemann der brasilianischen Primadonna Mercedes del Rossa, der – verständlicherweise – auch der Herr König den Hof machte: denn Katharina Linhard bot in der dankbaren Rolle eine Klasseleistung! Ihre gesanglichen Nummern lieferte sie mit bestens fokusssiertem Sopran mit Pep und Esprit locker ab; blendend aussehend, beeindruckte sie erneut mit ihrer Bühnenpräsenz und Persönlichkeit – brava!

Und das, obwohl sie akustisch „benachteiligt“ war! Und da kommen wir jetzt zum großen „Minus“ des Abends! Ich war ehrlich entsetzt, als ich alle Solisten mit kleinen Mikrophonen auf der Bühne rumlaufen sah! Tatsächlich waren alle akustisch verstärkt – ein Trauerspiel! Sind die Sänger von heute nicht mehr in der Lage Häuser „auszusprechen“? Ich kann das nicht glauben! Gut, dann muß man eben nach vorne reden und nicht 10m im Bühnenhintergrund in die Kulisse brabbeln! Das läßt sich doch alles einrichten! Das muß ein unverfälschter Klang doch wert sein – denn JEDER, noch so gute verstärkte Ton – sei es gesprochen oder gesungen – verzerrt die wahre Leistung, entspricht nicht den natürlichen Gegebenheiten. „Mercedes“ klang an diesem Abend „anders“ als alle anderen, leicht, aber hörbar mit „Nebengeräusch“ – einer anderen Sängerin hätte dies zum Verhängnis werden können, doch konnte man deutlich die Meriten der Ausführenden, und den „Beiklang“ ausnehmen.

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Schlussapplaus: Foto: Michael Tanzler

Aber das wäre alles vermeidbar – passiert das auch an anderen Häusern? Ich hab sowas bei Oper / Operette – abseits von „Open-Air Kolossalproduktionen“ noch nicht erlebt. Schade! Trotzdem aber überwog der positive Eindruck einer stimmigen Operettenproduktion, die es absolut Wert ist, angesehen zu werden! Und angehört: da auch die Grazer Philharmoniker allerfeinsten Leharklang aus dem Graben zauberten, bestens geführt vom jungen Stefan Birnhuber, der auch die Bühne aufmerksam begleitete. Noch gibt’s Möglichkeiten dazu in dieser Saison…….!

Michael Tanzler

 

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