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GRAZ Opernhaus: DIE ZIRKUSPRINZESSIN Viel Spielwitz und Zuckerwatte

12.02.2017 | Operette/Musical
Operette mit Zirkusathmosphäre Foto: Werner Kmetitsch - Oper Graz

Operette mit Zirkusathmosphäre    Foto: Werner Kmetitsch – Oper Graz

GRAZ Opernhaus
DIE ZIRKUSPRINZESSIN von Emmerich Kálmán
11.Februar 2017  Premiere

 

Viel Spielwitz und Zuckerwatte

 

Eingängige und schmachtende Melodien, Walzer, Csárdás, Wienerlied, sowohl ein dramatisches als auch ein komisches Liebespaar, Irrungen, Wirrungen und Verwechslungen am laufenden Band: Es scheint fast so, als hätte Emmerich Kálmán bei der Komposition der „Zirkusprinzessin“ eine Checkliste an Operettenmerkmalen abgearbeitet. Die fröhliche Operettenwelt mit der schillernden, bunten und lauten Welt des Zirkus verbunden versetzt das Publikum in eine heitere, fröhliche und etwas schrille Welt, die etwas nach Zuckerwatte schmeckt.

Die Inszenierung von Peter Lund mit  Kostümen von Daria Kornysheva vermag genau dies zu unterstreichen und hervorzuheben: Da sieht man Federboas, Glitzerkostüme, bunte Schmetterlingsflügel und Fräcke, Zylinder, Peitschen, Dompteure mit ihren tanzenden Großkatzen und auch Tänzer mit Pferdeköpfen. Dazwischen sieht man zauberhafte Choreographien sowie Kunststücke, liebevoll von Andrea Heil auf die Bühne gebracht.

Man ist sich während der gesamten Dauer der Operette nicht sicher, wo man denn zuerst hinsehen und welchen Akteur man genauer beobachten soll: Mal verrenken sich die Tänzer nach allen Regeln der Kunst, die Bühnenmusiker treten mit Affenmasken auf, jedes einzelne Kostüm der Chorsänger wäre eine genauere Betrachtung wert. Ein bisschen hat man hier natürlich mit Reizüberflutung zu kämpfen, was aber für den Jubel und Trubel, welcher in einem Zirkus herrscht, mehr als passend ist.

Für die Produktion wurden gleich mehrere hochkarätige Gäste ans Haus geholt und auch auf bewährte Ensemblemitglieder zurückgegriffen, da man bei der Besetzung augenscheinlich nicht nur auf das passende Stimmfach, sondern auch auf schauspielerisches Potential und äußerliches Zusammenpassen mit der Rolle geachtet hat.

Regina Riel als Fürstin Fedora Palinska stellt eine glanzvolle, arrogante Diva mit Herz dar. Ihr Sopran hat eine bezaubernde Stimmfarbe; so weich und warm und in den Höhen trotzdem mit einer strahlenden Brillianz. Ein bisschen fehlt es ihr an Textdeutlichkeit, aber zum Glück gibt es auch bei der Zirkusprinzessin Übertitel. Auch im Schauspiel liegt eine der Stärken Riels und so zeigt sie ein weites Spektrum an Emotionen: Sie kokettiert gekonnt mit ihren Verehrern, gibt sich als die Unnahbare vor Prinz Sergius, himmelt Mister X wie mit Märchenaugen an, gibt sich der Liebe zu Prinz Korossow hin und zeigt sich rasend vor Wut am Ende des zweiten Aktes.   

Alexander Geller als Mister X/ Prinz Korossow/ Fürst Fedja Palinski ist der gefallene Held, der einem an diesem Abend viel Freude und süßes Leid beschert. Mit seinem schillernden, glasklaren Tenor begeistert er den ganzen Abend lang, man darf sich an seinen zahllosen Liebesbekundungen und auch an den kitschigen Duetten gemeinsam mit Riel erfreuen. Beide harmonieren fantastisch miteinander auf der Bühne, es ist ein Genuss sehen zu dürfen, wie sich ihre Anziehung zueinander in Liebe entwickelt.

Sieglinde Feldhofer aus dem Grazer Hausensemble als Soubrette Miss Mabel Gibson ist eine Bereicherung für den Abend. Sie bringt solch eine schwungvolle Energie auf die Bühne und singt noch dazu kraft- und gefühlvoll. Mit großem komödiantischen Talent gibt sie sich ihrer Rolle hin, spricht einen höchst authentischen Wiener Dialekt und wickelt ihren Tony gekonnt mit umwerfendem Charme um den kleinen Finger.

Christine Feldhofer und Alexander Kaimbacher  Foto: Werner Kmetitsch

Christine Feldhofer und Alexander Kaimbacher   Foto: Werner Kmetitsch

Alexander Kaimbacher als Tony Schlumberger glänzt besonders im Lied „Wenn ich in den Zirkus geh’“ und im Duett mit Feldhofer. Auch er scheint eine zweite Heimat in der komischen Welt der Operette gefunden zu haben, nicht nur einmal hat er das gesamte Haus zum Lachen gebracht.

Als Widersacher Prinz Igor ist Ensemblemitglied Ivan Oreščanin zu sehen, der sichtlich in seiner Rolle als intriganter Fadenzieher aufgeht. Die Komödie liegt ihm in den Adern, was man diese Saison schon in der Kurzoper Susannas Geheimnis von Ermanno Wolf Ferrari erleben konnte. Schade nur, dass es in dieser Rolle nur wenig zu singen gibt und somit kaum Gelegenheit Oreščanins samtigen Bariton auszukosten.

In der Sprechrolle des Erzählers als grantiger Wiener Ober Pelikan steht Christoph Wagner-Trenkwitz auf der Bühne. Es ist sehr unterhaltsam, wie wahrheitsgetreu er darüber schimpft, dass früher doch alles besser war und dass die Zeiten jetzt besonders schlecht sind.

Aufgrund eines nicht allzu lange vor der Premiere gebrochenen Beines, wurde Uschi Plautz gefragt, ob sie denn neben der Rolle der Carla Schlumberger nicht auch den Zirkusdirektor in einer Hosenrolle spielen will. Aus der Not wurde eine Tugend gemacht, Plautz war einfach unglaublich lustig in dieser Rolle anzusehen.

Eine solide Leistung erbrachte das Grazer Philharmonische Orchester unter der Leitung von Marius Burkert. Er navigierte sowohl Sänger als auch Chor durch die rhythmische Partitur, gab dem Orchester in den langen, schmalzigen Passagen Textur und schaffte es auch, die Bühnenmusik bestens zu koordinieren, hatte diese doch komplizierte Einsätze und war sicher nicht ganz einfach mit dem Orchester im Graben abzustimmen.

Ein besonderes Lob an dieser Stelle gilt den Verantwortlichen für die Kostüme dieses Abends: Sage und schreibe 2000 Kostümteile wurden für diese Aufführung verwendet. Einige hektische Umzüge – vor allem von den Tänzern – konnte man besonders im zweiten Akt mitverfolgen, besonders viel Zeit hinter der Bühne gab es da wohl nicht. Generell gibt es in der Zirkusprinzessin viele aufwendige Kostüme und alles, bis hinunter zu den Socken, scheint durchdacht und mit viel Liebe gestaltet zu sein.

Ohne Zweifel kann ein Besuch der Zirkusprinzessin empfohlen werden, auch wenn die Geschichte etwas seicht ist. Mögliche Probleme mit der Kontinuität der Geschichte wurden durch die einfühlsame Regiearbeit gelöst; als Beispiel kann man hier nennen, dass Mister X/ Fedja Palinski eine blonde Perücke verpasst wird, damit er zu Prinz Korossow wird, denn sonst ist es sehr wunderlich, warum denn Fedora ihren früheren Liebhaber einfach nicht mehr wiedererkennen kann.

Wer eine – wenn auch nur kurze – Flucht vor dem kalten, grauen Übergangswetter braucht, dem wird diese Produktion der Zirkusprinzessin mit all ihrem Glitzer, Glanz und ihrer Fröhlichkeit auf diesem Wege helfen.

Konstanze Kaas
MerkerOnline

 

ANHANG:
Noch ein kurzer Überblick über den Inhalt
des 1926 im Theater an der Wien uraufgeführten Welterfolges – mit unglaublichen 344 Folgevorstellungen – welcher nun seine Grazer Erstaufführung erlebt.
Der erfolgreiche Zirkusschausteller Mister X hat ein Geheimnis: Er wurde als Fürst Fedja Palinski geboren und verlor seinen Erbanspruch, da er sich in die junge Gattin seines Erbonkels verliebt hatte. Jahre vergehen, besagter Erbonkel hat nun schon längst das Zeitliche gesegnet. Laut Wunsch des Zaren soll die junge Witwe Fedora schnell wieder heiraten und ihr Erbe macht sie natürlich auch nicht unattraktiver. Die Fürstin wird nun von zahlreichen Verehrern umworben, allen voran Prinz Sergius Wladimir, und besucht in deren Begleitung jenen Zirkus, in welchem Mister X Darsteller ist. Sie bewundert den tollkühnen Mister X, was auch Prinz Sergius bemerkt, der Mister X aber auch als Fedja Palinski enttarnt. Schnell hat dieser einen Racheplan geschmiedet, als Fedora ihn abermals zurückweist: Er stellt ihr Mister X als Prinz Korossow vor und wie geplant, verliebt sich Fedora in den vermeintlichen Prinzen, ohne ihn als Mister X oder als Palinski zu erkennen. Heiß und innig ineinander verliebt, heiraten die Beiden alsbald, da Fedora einen von Sergius gefälschten Brief des Zaren erhält, in welchem der Zar bekannt gibt, dass sie am nächsten Tag einen vom Zaren gewählten Mann ehelichen soll. Nach der vollzogenen Trauung erfährt Fedora, dass sie einen Schausteller geheiratet hat und wird als Zirkusprinzessin verlacht. Sie trennt sich darauf von ihrem frischen Gemahl, auch wenn dieser ihr seine wahre Identität verrät. Ihr Stolz und ihre Würde sind aber unwiederbringlich verletzt. Doch später treffen sie einander wieder, als Palinski als Mister X in Wien gastiert. Fedora vergisst all ihren Stolz und die Liebenden können einander glücklich in die Arme schließen.

Konstanze Kaas

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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