Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

GRAZ/ Mumuth: MONSIEUR ET MADAME DENIS /DAPHNIS ET CHLOÉ von Jaques Offenbach

06.12.2015 | Operette/Musical

Zwei Operetten-Einakter in Graz: „Monsieur et Madame Denis“ und „Daphnis et Chloé“ von Jacques Offenbach (Premiere: 5. 12. 2015)

Graz_KUG_Offenbach 015
Die Bacchantinnen bei ihrer Liebeslehrstunde für Daphnis (Foto: KUG / Wenzel)

Am 5. 12. 2015 fand im György Ligeti-Saal des MUMUTH der Kunst-Universität Graz (KUG) die Premiere zweier selten gespielter Einakter von Jacques Offenbach statt: „Monsieur et Madame Denis“ (unter dem deutschen Titel „Herr und Frau Denis“) und „Daphnis et Chloé“. Sie wurden von Gesangsstudierenden des Instituts 10 der KUG in deutscher Sprache aufgeführt und von Dominique Mentha, der jahrelang das Tiroler Landestheater in Innsbruck und die Volksoper Wien leitete, in Szene gesetzt.

Jacques Offenbach (1819 – 1880) wurde in Paris dank seiner zahlreichen Opéras-bouffes, in denen er oftmals die Gesellschaft der Zeit Napoleons II. ironisch glossierte, zum musikalischen Repräsentanten des zweiten französischen Kaiserreichs. Er eröffnete im Jahr 1855 die Bouffes-Parisiens als sein eigenes Theater, in dem er mit brillanten Einaktern, zu denen wohl auch die beiden in Graz gespielten Werke gehören, seine ersten Erfolge feierte.

Im Programmheft ist ein Beitrag abgedruckt, in dem der Komponist seine Situation um 1855 sehr eindrucksvoll beschreibt. Daraus ein Zitat: „Da ich mich permanent mit der Unmöglichkeit konfrontiert sah, mich aufführen zu lassen, kam mir in dieser Zeit die Idee, selbst ein Musiktheater zu gründen. Ich sagte mir, dass die Opéra comique nicht mehr in der Opéra-Comique zuhause war, dass die wirkliche Buffo-Musik, die lustige, geistvolle, also die Musik, die lebt, nach und nach in Vergessenheit geriet. Die Komponisten, die für die Opéra-Comique arbeiteten, machten kleine Grand Opéras. Ich sah, dass man da etwas für die jungen Musiker machen konnte, die sich, wie ich, vor der Tür des Théâtre-Lyrique zu Tode warteten.“ 

Der Inhalt des ersten Einakters in Kurzfassung: In Abwesenheit vom Ehepaar Denis kommt dessen Ziehsohn Gaston mit seiner Braut Lucile, die er aus dem Pensionat entführt hat, in die Wohnung und bittet die Haushälterin Nanette um Unterschlupf.  Als die Gendarmerie auftaucht, verkleidet sich das junge Paar. Die Täuschung gelingt zwar, doch taucht der Gendarm Bellerose mit einer Wachmannschaft nochmals auf, ehe dem Paar die Flucht gelingen konnte. Nanette greift zu einer List, indem sie der Truppe Wein anbietet. Als alle betrunken sind, erpresst Nanette Bellerose, Gnade vor Recht ergehen zu lassen.

Der zweite Einakter handelt von einem Rendezvous Chloés mit Daphnis vor der Statue des Waldgottes Pan. Zunächst treffen sich dort Bacchantinnen, um den Jüngling Daphnis abzupassen. Pan, der alles belauscht, will die liebliche Chloé für sich gewinnen, spielt ein Echo und ergaunert sich von ihr einen Kuss. Als Chloé ihre Schafherde heimbringt, versuchen die Bacchantinnen, sich mit Daphnis zu verlustieren, doch der Jüngling ist in Liebesdingen genauso ahnungslos wie Chloé. Erst durch den Unterricht der Bacchantinnen können Daphnis und Chloé nun auch in Liebe zueinanderfinden und bedanken sich schließlich bei Pan und den Bacchantinnen.

Graz_KUG_Offenbach 020
Miji Seong als Nanette mit einer der Kleiderpuppen (Foto: KUG / Wenzel)

Dominique Mentha gelang eine humorvolle Inszenierung, in der seine exzellente Personenführung beim jungen Sängerensemble sowie beim Gendarmen- und Bacchantinnen-Chor gut zum Tragen kam. Gewöhnungsbedürftig beim ersten Einakter war die Idee, alle Personen aus dem Untergrund über Klapptüren auftreten und abgehen zu lassen. Für die Ausstattung der Bühne zeichnete Hanna-Sophie Stejskal verantwortlich. Sie war bei beiden Einaktern sparsam bei den Kulissen, punktete dafür mit hübschen Kostümen. Besonders farbenprächtig war die Schmetterlingen nachempfundene Kleidung der Bacchantinnen. Für die kreativen Lichteffekte sorgten Ralf Beyer und Martin Schneebacher.

Das junge internationale Sängerensemble zeichnete sich in beiden Einaktern durch seine enorme Spielfreude aus. Bei Monsieur et Madame Denis brillierte die koreanische Sopranistin Miji Seong als Haushälterin Nanette stimmlich und schauspielerisch schon während der Ouvertüre. Quirlig und kokett trippelte sie über die Bühne und montierte zwei Kleiderpuppen. Die Hosenrolle des Ziehsohnes Gaston spielte die lettische Sopranistin Irina Tjurdju ebenso eindrucksvoll wie die russische Sopranistin Natalya Ryabova die entführte Lucile. Der slowenische Tenor Rok Krajnc als Gendarm Bellerose konnte vor allem stimmlich überzeugen, auch wenn er seine komödiantische Begabung in einigen Szenen aufblitzen ließ. Stimmgewaltig und  komödiantisch agierte der Chor der Gendarmen.

Graz_KUG_Offenbach 023
Sujung Kang als Chloé und Dora Ducakijevic als Daphnis (Foto: KUG / Wenzel)

Im Einakter Daphnis et Chloé war der Bassist Sandro Ostrovsky als Waldgott Pan bühnenbeherrschend. Als ein brillanter Komödiant mit ausdrucksstarker Stimme tänzelte er leichtfüßig über die Bühne und begeisterte das Publikum in jeder Szene. Ihm ebenbürtig stimmlich wie darstellerisch war die thailändische Sopranistin Lalit Worathepnitinan als Callisto. Ausgezeichnet gefiel die kroatische Mezzosopranistin Dora Ducakijevic, deren tiefe, warmtönende Stimme in der Rolle des Daphnis eindrucksvoll zur Geltung kam, doch konnte die zierliche koreanische Sopranistin Sujung Kang ihre Rolle der Chloé ebenso gut ausfüllen. Für Begeisterung sorgte der Chor der Bacchantinnen (Einstudierung: Dovile Siupenyte, die im Programmheft ebenfalls als Studierende ausgewiesen ist), der gut choreographiert war und stimmkräftig agierte.

Das etwa 50-köpfig besetzte Opernorchester der KUG wurde von Frank Cramer geleitet, dem es schon bei den Ouvertüren erfolgreich gelang, die musikalischen Feinheiten der beiden Operetten von Jacques Offenbach, den Rossini seinerzeit mit dem Beinamen „Mozart der Champs-Elyséesehrte, in allen Nuancen herauszuarbeiten. 

Das Premierenpublikum, das auch mit Szenenbeifall nicht geizte, belohnte am Schluss alle Mitwirkenden und das Regieteam mit lang anhaltendem Beifall, wobei es für den Regisseur Dominique Mentha mit Recht einige Bravo-Rufe gab.

Udo Pacolt

 PS: Die weiteren Vorstellungen dieser Produktion finden am 7., 9. und 11. Dezember 2015 im Musiktheater der Kunst-Universität Graz statt.

 

 

 

Diese Seite drucken