Graupa / Richard-Wagner-Stätten: PETER RÖSEL MIT KLAVIERSONATEN VON LUDWIG VAN BEETHOVEN – 3.4.2022
Ludwig van Beethovens Sonaten in den Richard Wagner-Stätten Graupa, dem Ort, wo Richard Wagner den Sommer 1846 in romantischer Umgebung verbrachte und den „Lohengrin“ konzipierte, wo sehr gut gestaltete Ausstellungen über Wagner und sein Wirken zu sehen sind und zurzeit eine kleine, feine Sonderausstellung über die Rolle des Schwanes in der Kunst und speziell bei Wagner, ein Sakrileg? – mitnichten. Wagner bewunderte Beethoven ein Leben lang. Kein Komponist hat ihn so beeinflusst wie Beethoven.
Beethovens Sinfonien sind aus den Konzertsälen nicht wegzudenken und stehen oft auf dem Programm, die einen mehr, die anderen weniger, aber die ebenso genialen Klaviersonaten von epochaler Bedeutung, die zu den bedeutendsten Werken der Klavierliteratur zählen und die Hans von Bühlow als „das neue Testament der Klavierliteratur bezeichnete (das „Alte Testament“ sei Bachs „Wohltemperiertes Klavier“), führen derzeit doch mehr oder weniger ein Schattendasein, nicht zuletzt, weil trotz so mancher Bemühungen Kammermusik allgemein im öffentlichen Musikleben wenig Lobby hat.
Ein interessiertes Publikum gibt es aber trotzdem, vor allem, wenn ein so technisch versierter wie gestalterisch kongenialer Künstler mit viel Einfühlungsvermögen in alles, was er spielt, einen Kunstgenuss der besonderen Art verspricht, wie der weltweit gefragte Pianist Peter Rösel, der in den großen Musikzentren der Welt zu Hause ist.
Sein Konzert mit Beethoven-Sonaten wollte er schon vor zwei Jahren in Graupa geben. Wegen Corona musste es aber zweimal verschoben werden. Die Nachfrage war so groß, dass er sich entschloss, das gleiche Programm am gleichen Tag zweimal zu spielen, wobei der Bedarf an Konzertkarten immer noch größer war, als die Platzkapazität des Festsaales im ehemaligen Jagdschloss.
Rösel kann immer aus seinem reichhaltigen Repertoire an Klavierkonzerten und Kammermusik schöpfen. Dieses Mal entschied er sich für drei Klaviersonaten aus drei verschiedenen Epochen im kompositorischen Schaffen Beethovens, und begann mit der auf höchstem Niveau unterhaltsamen „Sonate G‑Dur“ (op. 14, 2) aus der „heiteren Ecke“, wie er anmerkte. Im 19. Jahrhundert unterlegte man ihr in Musikerkreisen nachträglich ein Gespräch zwischen einer kapriziös plaudernden Dame und einem, energisch den Schlusspunkt setzenden, Herrn. Ihr folgten die anspruchsvollere E‑Dur-Sonate (op. 109) und die reife As-Dur-Sonate (op. 110) mit ihren wuchtigen Akkorden und spielerischen Passagen aus Beethovens reifster Schaffenszeit.
Selbst auf dem schon arg strapazierten, nicht mehr sehr klangschönen Bösendorfer-Flügel, auf dem nicht selten junge Pianisten (Kraft‑)Proben ihres Könnens zeigen, entfaltete Rösel eine frappierende Klangwelt. Mit seinem sprichwörtlich „singenden“, klingenden, „perlenden“ Anschlag, feiner Phrasierung, seinem abwechslungsreichen Spiel voller immanenter Spannung und seiner vergeistigten Gestaltung steigerte er sich in Beethovens Klang- und Gedankenwelt voller Gegensätze ohne Widersprüche hinein, in die er die Konzertbesucher mitnahm.
Selbst ein gewaltiges Fortissimo resultiert bei ihm immer folgerichtig aus der musikalischen Entwicklung des Vorangegangenen. Er gestaltet stets aus dem Erfassen der Intentionen des Komponisten heraus. Bei ihm muss man über Beethovens Musik nicht nachdenken, sie teilt sich fast unbewusst auf ganz natürliche Weise mit. Man kann einfach nur zuhören und mit Verstand und Seele genießen.
Das begeisterte Publikum entließ Rösel erst nach zwei Zugaben. Bei dem „Menuett“ aus Beethovens „Sonate Nr. 7“ und einer „‚Bagatelle“, die er mit „auf den Nachhauseweg“ gab und als liebevolle kleine Miniatur gestaltete, bewies er noch einmal sein Können, nicht veräußerlicht, sondern ganz im Dienst der Musik und „mit Herz“ auch für die „kleinen Dinge“.
Ingrid Gerk