GRANADA/ Verschiedene Spielorte: FESTIVAL INTERNACIONAL DE MUSICA Y DANZA
vom 20.7. bis zum 25.8. 2020
Das böse Covid-19 Virus hat bekanntlich auch in Spanien ungeheuerlich gewütet. Man sagt in Spanien übrigens immer nur Covid und nie Corona (wahrscheinlich weil Corona „Krone“ bedeutet, und man die Monarchie da nicht hineinziehen will). Mit dem Ergebnis, dass auch hier – wie bei uns – nur ein einziges grosses traditionsreiches Festival überlebt hat: das Festival International de Musica y Danza de Granada.
Die Sicherheitsvorkehrungen sind extrem streng: ohne endloses Ausfüllen von Formularen, ohne Pass, ohne QR-Code, ohne Maske, ohne Sicherheitsabstand, ohne automatische Temperaturmessungen kommt man nirgendwo hinein. Und es gibt auch weder Katalog noch Programmhefte.
Man nimmt das alles zähneknirschend, aber letzten Endes doch gerne in Kauf. Denn erstens ist man unendlich froh, nach Monaten des Entzugs endlich wieder lebende Menschen für lebende Menschen musizieren zu hören. Zweitens ist Granada eine der schönsten Städte der Welt und weist mit der Alhambra (in der die meisten Veranstaltungen stattfinden) eines der wenigen noch existierenden Weltwunder auf. Sie allein wäre schon jede Reise wert. Hinzu kommt aber noch drittens, dass bei diesem Festival nahezu ausschließlich absolute Weltstars auftreten.
Igor Levit. Copyright: Festival International de Musica y Danza de Granada
Wer zum Beispiel das Glück hatte, Igor Levit im Patio de las Arrayanes (Hof der Myrten) mit Beethovens drei letzten Klaviersonaten zu erleben, könnte eigentlich zufrieden aus dem Leben scheiden, so unvergesslich, einzigartig und unwiederbringlich ist diese Erfahrung.
Der brutal-triumphalistische Palacio de Carlos V ist ein weit weniger beglückender Spielort. Dennoch gelang es sowohl Krystian Zimerman (mit dem 2.Beethoven Klavierkonzert) als auch vor allem Altmeister Daniel Barenboim (mit den Diabelli-Variation) ihn trotz seiner nicht gerade idealen Akustik zum Klingen zu bringen.
Daniel Barenboim. Festival International de Musica y Danza de Granada
Die allerzauberhafteste Location in der Alhambra ist jedoch unbestritten der Sommergarten, Generalife genannt. Nicht umsonst fällt jedem Besucher dazu sofort das Wort „Paradies“ ein. Angesichts seiner Zypressen, künstlichen Teichen und Springbrunnen wähnte man sich auch ohne jegliche künstlerische Darbietungen wunschlos glücklich im siebten Himmel.
Das Spanische Nationalballett. Festival International de Musica y Danza de Granada
Hier präsentierte das Spanische Nationalballett sein jüngstes Programm. Am eindrucksvollsten dabei war vielleicht der Juan Crisóstomo Arriaga gewidmete Teil, vor allem auch weil dieser „spanische Mozart“ bei uns nahezu unbekannt ist…
Miguel Poveda. Foto: Festival International de Musica y Danza de Granada
Wenn wir schon in Andalusien sind, durfte natürlich auch Flamenco nicht fehlen, diesmal vertreten durch den weltweiten Superstar Miguel Poveda und seiner Band. Im ersten des Abends widmete er sich dem lokalen Nationalheiligen Federico García Lorca (der in Granada im Bürgerkrieg von den Faschisten erschossen worden ist). Äußerst verdienstvoll, aber in seiner Überambitioniertheit (Multimedia-Projektionen, „moderne“ Arrangements, coole Outfits) auch irgendwie fragwürdig und kaltlassend. Das änderte sich dann völlig überraschend im zweiten Teil, als sich die Musiker, jetzt alle schwarz gekleidet, einfach gemeinsam im Kreis auf die Bühne setzten und sich in allertraditionellster Weise und ohne Mätzchen dem „canto jondo“, dem klassischen Flamenco hingaben. Und die Leidenschaft ergriff so sehr Besitz von ihnen, dass sie überhaupt nicht mehr damit aufhören wollten…..
Wir kamen erst um drei Uhr in der Früh ins Bett. Unvergesslich !
Robert Quitta, Granada