GRAFENEGG FESTIVAL: VALERY GERGIEV UND DAS MARIINSKY ORCHESTER ST. PETERSBURG am 3.9. und 4.9.2016
„Wolkenturm“. Foto: Wikipedia
Ganz im Zeichen Pjotr Iljitsch Tschaikowskis stand das Gastspiel des Mariinsky Orchesters Sankt Petersburg unter Valery Gergiev beim Grafenegg Festival an diesem Wochenende.
Valery Gergiev. Foto: Agentur
Den Auftakt bildeten bei gottvollem Sommerwetter das Violinkonzert und die „Pathéthique“ genannte 6. Symphonie (im „Wolkenturm“),
Man muss ja nicht extra betonen, dass zwischen Gergiev und seinem Hausorchester kein Notenblatt passt und dass der russische Maestro (ex aequo mit Mariss Jansons) sozusagen die oberste Autorität in Sachen Tschaikowski ist. Gergiev könnte seinen Leibkomponisten wahrscheinlich auch im Schlaf dirigieren, und so traumwandlerisch kommt er hier auch zur Sache: ohne Partitur, ohne Dirigentenpult und ohne Taktstock leitet er die Seinen äußerst uninvasiv, nur mit sehr künstlerischen, nahezu symbolischen, plastisch modellierten, manchmal an Sandor Vegh erinnernden Gesten an. Dabei ist er immer bedacht, seinen Landsmann von jeglichem falschen Pathos, für das Tschaikowski in deutschen Landen durch Fehlinterpretationen in Verruf gekommen ist, zu befreien.
Clara-Jumi Kang. Foto: Agentur
Das geht sich besonders gut beim Violinkonzert aus, auch dank der jungen koreanisch-deutschen Geigerin Clara-Jumi Kang.
Bei der „Pathéthique“, diesem „Requiem für den Komponisten selbst“, umschifft er naturgemäß die Gefahren nicht ganz, aber wie er z.B. dem Publikum, nachdem das Orchester schon zu Ende gespielt, kraft seines Charismas sozusagen nich eine zusätzliche Schweigeminute abnötigt, ist bewunderungswürdig. Chapeau !
Am Sonntagmorgen ging es in der Matinee im „Auditorium“ weiter mit dem Klavierkonzert Nr.1, in dem der blutjunge chinesisch-amerikanische Pianist George Li extrem brillierte. Und sich auch nicht zu schade für gleich zwei nicht minder virtuose Zugaben war.
Gergievs souveräne Interpretation der gar nicht so oft gespielten „Vierten“ riss das festliche gestimmte Publikum letztendlich zu Jubelstürmen hin.
Und am Abend konnte man dann auch noch Christoph Eschenbach und das Orchestre National de France (bei dem aufgrund des befürchteten, aber dann nicht eingetretenen, Schlechtwetters vom Wolkenturm ins Auditorium verlegten Konzerts) mit ihrer Präsentation der Fünften Symphonie von Tschaikowski erleben und dadurch sehr interessante Interpretationsvergleiche anstellen…
Robert Quitta, Grafenegg