Grafenegg Festival 2024 – Konzert im Wolkenturm 29.9. 2024ORCHESTER DER BAYREUTHER FESTSPIELE
unter Pablo Heras Casado mit Vida Mikneviciute, Michael Spyres und Günther Groissböck.
Foto: B. Schreiner
Jüngst von Bayreuth heimgekehrt, blickten wir – Ursula Szynkariuk und ich – mit Freuden diesem open air Konzert entgegen, wo man endlich mal das Orchester zu sehen bekam, das Richard Wgner ja im Festspielhaus unterirdisch platziert haben wollte. – Ein Erlebnis! Dazu die originale Sängerbesetzung des heurigen Sommers. Wir fuhren im Bus mit dem Wiener Wagnerverband, wieder geleitet von Dipl.Kfm. Liane Bermann, in das niederösterreichische Kulturzentrum im Bezirk Krems, wo bekanntlich die führenden Musiker unserer Zeit in den Konzertsälen bzw. auf den Bühnen wiederholt zu Gast sind.
Der gesamte 1. Akt und das Finale des 3. Akts wurden dargeboten. Allein die Tatsache, dass man problemlos das gesamte Orchester von weit über 100 Musikern, das sich aus allen Weltteilen zusammenfanden, überblicken und in jedes Detail hineinhören konnte, war ein besonderes Erlebnis. Dass die Sänger in Abendkleidung ihre Rollen nicht ganzkörperlich ausspielten, sondern sich auf die passende Mimik zum Gesang beschränkten, hat das Gesamterlebnis nicht beeinträchtigt.
Der gebürtige Amerikaner Michael Spyres, seit langem in allen baritenorealen Branchen im Einsatz, war auch hier ein belcantesker Wälsung, ebenso wie die gebürtige Finnin Vida Mikneviciute als Sieglinde, vom Orchester so liebevoll umspielt, dass es dank extremer Wortdeutlichkeit bis zum „blühenden Wälsungenblut“ seitens des Publikums vollstes Verständnis und unsägliches Mitgefühl für das ungewöhnliche Liebespaar gab. Die Stimme des Tenors spricht in allen Lagen und Lautstärken gleich sicher an, ebenso wie die stets passende Mimik bei minimalem Körpereinsatz. Die finnische Sieglinde, die bereits weltweit alle großen Rollen ihres Fachs von Salome und Senta bis zu Jenufa gesungen hat, war ihm eine adäquate Partnerin. Dass „unser“ Günther Groissböck auch den Hunding übernahm, lag auf der Hand, ehe er sich nach der Pause als Wotan ausleben durfte. Die nicht physisch präsente Brünnhilde wurde dennoch sehr glaubhaft als „kühnes, herrliches Kind“ auf dem vom bräutlichen Feuer umwaberten Felsen in den Schlaf versenkt. Konnte man das sehen? Im Geiste, ja. Denn dafür sorgten der Dirigent Pablö Heras-Casado und das Orchester, diesmal nicht in einem engen Orchesterraum, sondern weithin hör- und sichtbar im Freien mit der untergegangen Sonne im Hintergrund. Im Programmheft war der gesamte Text mit Wagners Regieanweisungen mitzulesen, aber dafür war ja nachher noch Zeit. Zuvor beglückte die weithin tönende Musik mit den unzähligen genialen, nicht immer zu hörenden Details.
Viele bekannte Gesichter waren im Publikum auszunehmen und wir bekennenden Wagnerianer waren auf der Heimfahrt noch voll beschäftigt mit Kommentaren zu allen beglückenden Details.
Sieglinde Pfabigan