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GIACOMO PUCCINI: IL TABARRO – Botha, van den Heever, Koch, RSO; CAPRICCIO CD

24.03.2018 | cd

GIACOMO PUCCINI: IL TABARRO – Botha, van den Heever, Koch, RSO; CAPRICCIO CD

 

Diese Live Aufnahme einer konzertanten Aufführung aus dem Wiener Konzerthaus vom 20. Mai 2010 ist wohl als Hommage an den großen südafrikanischenTenor Johan Botha gedacht, dessen diskographischer Nachlass in Relation zu seiner Bedeutung und seiner sanglich technischen Meisterschaft nicht allzu umfangreich ist. Das Album ist insgesamt hocherfreulich und ein Meilenstein in der Puccini-Rezeption, weil Dirigent Bertrand de Billy die impressionistisch klangmalerischen Valeurs der Partitur in einer Finesse auslotet, die ihresgleichen sucht. Paris, die Seine, ihre Kähne und Barken, die Hafenarbeiter, Intimität suchende Liebespaare, Liederverkäufer und Leierkastenspieler sind ja instrumental die Hauptakteure dieses veristischen Einakters aus dem „Trittico“. 

 

Neben der  Rahmenhandlung einer unglücklichen Ehe (junge Frau, alter frustrierter Mann), im Arbeitermilieu samt Ehebruch und blutigem Finale ist diese nach dem Schauspiel „Houppelande“ (bedeutet so etwas wie Loden-Wetterfleck, Umhang) von Didier Gold mit „Der Mantel“ schlecht übersetzte Oper ein faszinierendes Genrestück à  la „La Boheme“. Ein ganzer Kosmos, eine ganze Gruppe an Menschen in einem fest abgezirkelten Gesellschaftskreis wird von Puccini liebevoll in all seinen alltäglichen Armseligkeiten, Leidenschaften, Schwächen und dramatischen Zuspitzungen porträtiert. Und genau dieses detailreiche Element fängt Bertrand de Billy mit dem bestens disponierten Radio Symphonie Orchester Wien ein, ohne der Geschichte um den jungen Hafenarbeiter Luigi (Johan Botha) und seiner geliebten Giorgetta (Elza Van den Heever) etwas von der antikisch dramatischen Wucht zu nehmen. Wie in einem Tristan für arme Leute gilt auch im „Tabarro“ das Aufflammen eines Streichholzes als Zeichen der verbotenen nächtlichen Treffen. Klar, dass diese in jeder Hinsicht unerhörte Erniedrigung des einsamen, sexuell zurückgewiesenen Ehemanns Luigi (Wolfgang Koch) zur Katastrophe führen muss. Er erwürgt den Nebenbuhler kurzerhand und versteckt seine Leiche unter der „houppelande“, wo Giorgetta in den Abgrund ihres Lebens blicken muss.

 

Gesungen wird zumindest, was Sopran und Tenor betrifft, ganz außerordentliche gut. Johan Botha ist stimmlich einfach unglaublich stark, heldisch und Otello-erfahren wie einst Vladimir Atlantow in der Premiere an der Wiener Staatsoper vom 11.2.1979 ist sein Porträt des unbefangenen Kraftlackels Luigi ein Kabinettstück für alle Melomanen. Nicht minder aufregend interpretiert Elza an den Heever die zur Flucht aus dem engen lieblosen Milieu entschlossene Giorgetta. Mit fraulich leuchtenden Höhen, samtig timbrierter Mittellage und einer untadeligen Technik kann sie an große Vorbilder anschließen. Wolfgang Koch als gehörnter Michele hat selbstverständlich alle Noten drauf. Sein allzu helles Timbre ganz ohne tragisches Gen und die arg mangelnde Italianitá seines Gesangs sind aber schwere Hypotheken diese im deutschen Fach weltweit so herausragenden und unverzichtbaren Sängers. Die übrigen Rollen sind mit Heidi Brunner (La Frugola), Charles Reid (Il Tinca, Liederverkäufer, Liebender), Janusz Monarcha (Il Talpa) und Elisabeth Marin (Liebende) charaktervoll und überzeugend besetzt. 

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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