Bukarest: Gespräch mit GMD Ethan Schmeisser anlässlich der «Norma» vom 03.11.2021
«I was really, really lucky»
2021 feiert die Nationaloper in Bukarest ihr 100jähriges Bestehen. Der Artistic Director (GMD) Ethan Schmeisser dirigiert sowohl die November-Vorstellungen von «Norma» wie auch die Neu-Produktion des «Don Giovanni» im Frühling 2022. Jan Krobot hat den Dirigenten am Morgen von Bellinis 220. Geburtstag in der Lobby eines Bukarester Hotels zum Gespräch getroffen.
Foto: Yossi Zwecker
Ethan Schmeisser selbst ist Israel geboren, seine Eltern stammen aber wie Elena Mosuc und Daniel Magdal, die Norma und der Pollione der aktuellen Bukarester Produktion aus Iaşi (Jassy), einer Universitätsstadt in der rumänischen Region Moldau im Nordosten des Landes
Ethan Schmeisser studierte an der Tel Aviv Music Academy und schloss das Studium in den Fächern Chor- und Orchesterdirigieren «cum laude» ab. Für seinen Masterabschluss im Fach Dirigieren studierte er bei Prof. Mendi Rodan.
Im Jahr 2000 konnte er an der Israeli Opera als Pianist und später Korrepetitor einsteigen. Schmeisser sieht es als glückliche Fügung seiner Karriere («I was really, really lucky»), dass zu dem Zeitpunkt, als er, noch zu Beginn seines Studiums, in Tel Aviv begann, die Israeli Opera ihre Aktivitäten deutlich erweiterte und er in die Betreuung des Young Artist Programms einsteigen konnte. 2009 debütierte er, gefördert von David Stern, mit Mozarts «Die Zauberflöte» als Dirigent und 2012 übernahm er die Leitung des Chores und war nun auch in die administrativen Tätigkeiten der Kompanie eingebunden. Da die Kompanie weder ein festes Ensemble noch Chor oder Orchester besitzt, konnte er so «learning by doing» in sehr kurzer Zeit sehr viel profitieren. Beim Israel Philharmonic Orchestra, arbeitete Ethan Schmeisser als Assistent und Pianist mit Dirigenten wie Zubin Mehta, Kurt Masur, Gustavo Dudamel, Roberto Abbado, Gianandrea Noseda, Marin Alsop, Karlheinz Stefans und Manfred Honneck zusammen. David Stern inspirierte Schmeisser sich mit der historisch informierten Spielweise und Aufführungspraxis auseinanderzusetzen.
2017 folgte das internationale Debüt Schmeissers beim Perugia Music Festival. Glückliche Zufälle, neben der familiären Abstammung, führten dann zum Engagement in Bukarest. Das Treffen mit seiner ersten Agentin Priscilla Baglioni fand in Bukarest statt, da Schmeisser vor Ort war, um sich rumänische Papiere zu besorgen und Baglionis Ehemann als Riccardo («Un ballo in maschera» in der Regie von Grischa Asagaroff, den Schmeisser bereits von einer Produktion in Tel Aviv kannte) an der Nationaloper engagiert war. Beim Premierenempfang traf Schmeisser dann zwei für seine weitere Laufbahn entscheidende Persönlichkeiten: seinen aktuellen Agenten Stelian Gheorghe und den Chorleiter Daniel Jinga, dem er von Chorleiter zu Chorleiter zur beeindruckenden Leistung des Chores in der gerade gehörten Premiere gratulierte. Als die Position des GMD neu zu besetzen war, empfahl Jinga, mittlerweile interimistischer Intendant, Schmeisser für die Position.
In Zukunft möchten beide, Jinga wie Schmeisser, die Nationaloper Bukarest wieder zur Heimat für rumänische Sänger, besonders jene, die lange nicht mehr in der Heimat gesungen haben, machen. Zusätzlich liegt ihnen, wo nötig, die Überarbeitung aktueller Produktionen in szenischer wie musikalischer Hinsicht am Herzen.
Die aktuelle Produktion der «Norma» steht deutlich für die erfolgreiche Arbeit Schmeissers. Unter seiner musikalischen Führung ist die Nationaloper Bukarest bereit zu neuen Höhenflügen.