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Georg Markus (Hg.): IN BESTER GESELLSCHAFT

29.12.2013 | buch

BuchCover In bester Gesellshaft

Georg Markus (Hg.):
IN BESTER GESELLSCHAFT
Geschichte und Anekdoten aus 25 Jahren Seitenblicke
214 Seiten, Verlag ORF 2 / Amalthea, 2013

Heute bangt jeder Gastgeber: „Kommen die ‚Seitenblicke’?“ Und jeder Eingeladene fragt zuerst: „Sind die ‚Seitenblicke’ da?“ Vor 25 Jahren, am 27. September 1987, als die erste Sendung dieses Society-Magazins im ORF ausgestrahlt wurde, gab es vor allem Skepsis, Ironie und auch Missbilligung. Wer wollte schon zugeben, sich für „diese Promis“ zu interessieren? Oder, wenn er dazu gehörte, zugeben, dass er so publicitygeil war, sein Gesicht im Fernsehen zu sehen? Heute hat die Sendung schon eine eigene Wort-Kreation geschaffen: Die Seitenblicke-Gesellschaft.

Inzwischen freuen sich selbst die Premierenfeiern der Wiener Staatsoper, wenn „die Seitenblicke kommen!“, und kaum einer der Ultra-Berühmten aus Oper, Theater, Kunstszene, Film, Politik, Wirtschaft und was es sonst noch gibt (jede Menge der Möchtegerns!) verweigert, wenn man ihn freundlich auffordert, irgendetwas ins Mikrophon zu sagen und in die Kamera zu lächlen (wobei auch Grimassieren und Blöde-Grinsen mittlerweile üblich ist).

Inzwischen hat sich zu dem Thema an Inhalt, an Erkenntnissen, an Anekdoten, auch an Statistik genug angesammelt, dass man ein ganz unterhaltsames Buch daraus machen konnte, das einiges preisgibt. Herausgeber Georg Markus, auf der Liste der „meist interviewten“ Promis aus schlappem Platz 112, war anfangs ein Skeptiker, bedauert aber heute, dass es die „Seitenblicke“ nicht schon gab, als Persönlichkeiten von der Größenordnung Oskar Werner oder Curd Jürgens darin hätten vorkommen können. Man kann nicht alles haben… (Dass das Wissen darüber, wer die aktuelle Frau Fendrich ist, marginalen Charakter hat, darüber sind wir mit Georg Markus ja wahrlich einig.)

Teddy Podgorski analysierte so tiefschürfend: „Der Erfolg der ‚Seitenblicke’ beruht auf zwei Säulen, nämlich der Eitelkeit und der Neugier der Menschen.“ Das kann man sagen, schließlich sind in den Jahren schon gut 100.000 (!!!) Menschen zu Wort gekommen, und täglich können von 700.000 bis (die Zahl dürfte allerdings das Maximum sein) über 1,2 Millionen Menschen vor dem „Kastl“ sitzen, um zu sehen, wer heute prominent ist.

Was die „Seitenblicke“ weiters befördert, ist ihr idealer Sendeplatz nach den Nachrichten und vor dem Hauptabendprogramm, wo ohnedies „jeder“ (wenn er nicht gerade zwischendurch in die Küche oder sonst wo hin geht) beim Fernsehen ist (und vorher läuft noch der Sport, besser gehet es nicht, um die höheren Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen).

Und zweitens hat die Sendung keinen Moderator (Dominic Heinzls Selbstversuch, anstelle der Promis zu prunken, ist ja am anderen Kanal so etwas von baden gegangen!) – das heißt, nur die Interviewten selbst stehen im Mittelpunkt, die verschiedenen Reporter verstecken sich meist hinter der Kamera. Sie sind auch nicht wichtig – und für das Format hat sich gerade das als besonders wichtig und richtig erwiesen.

Wirklich interessant wird die Aufzählung dessen, wo die „Seitenblicke“ dabei sind, denn all die Galas, Feste, Charities (Tu Gutes und lass Dich dabei filmen), sind ja gar nicht auszudenken. Redakteure und Reporter berichten aus dem Nähkästchen, wobei nicht alles, was sie für eine tolle Geschichte oder Anekdote halten, auch für den Leser eine ist, aber sei’s drum.

Schließlich arbeitet sich das Buch ja auf das zu, was besonders interessiert (wenn schon, denn schon): Wer durfte am öftesten den Mund aufmachen??? Also, der Sieger ist – ja! Alfons Haider vor, kurz abgeschlagen, Harald Serafin! Wen wundert’s? Auch dass nach „Dagi“ auf Platz 3 ihr Helmut Zilk noch immer auf Platz 4 ist, obwohl schon einige Zeit tot, wundert nicht. Auskunftsfreudig war auch Otto Schenk, Platz 5, und Marika Lichter, Platz 6, Niki Lauda auf 7… und wo bleibt er denn, der Baumeister aller Baumeister? Platz 34? Glaub ich nicht! Da muss sich doch jemand verzählt haben! Da liegt doch selbst Ioan Holender davor, nämlich auf Platz 16 unter den meist interviewten Promis Österreichs!!! Ob Küchenchef, ob diebische Gräfin, ob Hotelherrin oder Theaterdirektor, ob ein Schneckerl oder ein Strickmützenträger, sie sind alle da und verdanken den Seitenblicken zweifellos einiges. Hat nicht einst sogar Heribert Steinbauer, als er noch nicht Verleger war, sondern ÖVP-Mediensprecher, sinniert: „Der Waldheim hat doch a so a schlechte Presse. Könnte man das in den ‚Seitenblicken’ nicht ein bißl zurechtrücken?“

Das allerdings scheint das Einzige, was den ‚Seitenblicken’ in ihrem Vierteljahrhundert nicht geglückt ist.

Renate Wagner

 

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