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GENOVA/Teatro Nazionale: MARIA STUARDA von Friedrich Schiller

29.10.2022 | Theater

GENOVA/TEATRO NAZIONALE (Sala Ivo Chiesa) : MARIA STUARDA von Friedrich Schiller

am 27.10. 2022

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Genova/Teatro NazionaleCopyright:

Davide Livermore ist zweifellos (neben Damiano Michieletto) einer der bedeutendsten italienischen Opernregisseure. Was man auch daran erkennen kann, dass er die letzten vier Scala-Inaugurationen inszeniert hat. (Wir erinnern uns aber auch gerne – um nicht zu sagen: lieber – an seine Produktionen in Valencia und beim Rossini Opera Festival in Pesaro.) Seit ein paar Jahren ist er (der ja, was die wenigsten wissen, eigentlich vom Sprechtheater kommt) auch Intendant des Teatro Nazionale di Genova (mit seinen vier Sälen).

Zur Eröffnung der heurigen Saison hat er jetzt selbst Schillers Maria Stuart (Maria Stuarda) inszeniert, was insofern überrascht, als Schiller derzeit ja nicht einmal in deutschsprachigen Ländern mehr in Mode ist.

Livermore stehen eine brillante Neuübersetzung von Carlo Sciaccaluga, drei italienische Bühnenpowerfrauen ( Elisabetta Pozzi, Laura Marinoni, Gaia Aprea) sowie Kostüme von Dolce&Gabbana zur Verfügung. Als Regisseur neigt er ja leider, wie man selbst von seinen gelungensten Inszenierungen weiss, zu einem gewissen Aufmerksamsdefizitsyndrom ( ADHS ), was sich darin äußert, dass dank Drehbühnen und anderer Mechanismen immer irgendetwas in Bewegung ist, hunderte (auch dreidimensionale) Videos eingespielt werden und Megatonnen von Trockeneisnebel wallen. Langweilen tut man sich bei ihn nie, eher wird man von den ausufernden Effekten erschlagen.

Bei diesem Prosastück hat er sein Syndrom zwar etwas eingebremst… bzw. verlagert… Denn inErmangelung von Originalmusik „dopt“ er Maria Stuarda halt mit eingespielter Elektronik – bzw. live performter Popmusik (Mario Conte e Giua). Vorwand für derlei „Aufpimpungen“ ist ja immer die „Gewinnung neuer Publikumsschichten“.

Wenn man aber gesehen hat, wie in der Pause der dreistündigen Aufführung Scharen von Jugendlichen das Theater fluchtartig verliessen, zweifelt man ein wenig an der Wirksamkeit dieser Theorie.

Livermores enthusiasmierendsten Inszenierungen (Ciro in Babilonia, L‘Italiana in Algeri etc.) lag immer eine genialische Grundidee (Stummfilmzeit, Science Fiction-Film etc.) zugrunde, die sein Feuerwerk an Effekten miteinander verband. Diese fehlt hier leider schmerzlich, so dass die Effekte mehr oder mehr weniger nur um sich selber kreisen. Vielleicht sollte Davide wieder mehr Oper machen. Da geht sich seine Methode besser aus…

Robert Quitta, Genova

 

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