La Juive, Oper von Fromental Halévy am Grand Théâtre de Genève vom 25.9.2022
John Osborne (Eleazar) und Ioan Hotea (Leopold). Copyright: Dougados Magali
Die Jüdin erzählt von der Verblendung und religiösem Fanatismus. Aber im inneren geht es in dieser Oper um eine grosse Liebesgeschichte, dessen Handlung im Jahr 1414 zur Zeit des Konzils angesiedelt ist. Das Werk war eine der erfolgreichsten Opern des 19. Jahrhunderts. Allein in Paris wurde „La Juive“ ab 1835 mehr als 500 Mal gezeigt. Sie handelt von Antisemitismus, Hass und Hetze.
Das Regieteam um dem Meisterregisseur David Alden erarbeitet ein durchdachtes und sehr schlicht gehaltenes Konzept. Marc Minkowski lässt wunderbare Töne aus dem Orchestergraben erklingen und lässt das Orchestre de la Suisse Romande zur Höchstform aufkommen. Das Sängerensemble ist überwältigend.
Handlung
Der jüdische Goldschmied Éléazar hat die Tochter des Magistraten Brogni aus den Flammen gerettet, obwohl Brogni seine beiden Söhne hatte hinrichten lassen. Éléazar zieht das Mädchen als seine eigene Tochter Rachel im jüdischen Glauben auf.
Inzwischen ist Brogni, nach dem vermeintlichen Verlust seiner Familie, Priester geworden und mittlerweile zum Kardinal aufgestiegen. Er wird wie Éléazar und Rachel nach Konstanz kommen. Dort soll er das bevorstehende Konzil eröffnen. Wir sind also im Jahr 1414. Hier beginnt die Oper. Weil Éléazar durch seine laute Hämmerarbeit die Ruhe des Feiertages bricht, fordert der Stadtvogt Ruggiero den Tod für ihn und seine Tochter.
Rachel (Ruzan Mantashyan) und Cardinal Brogni (Dimitry Ulyanov). Copyright: Dougados Magali
Rachel hat sich in den jungen Fürst Leopold verliebt, der vorgibt Jude zu sein, in Wirklichkeit aber Christ ist. Hinzu kommt, dass Leopold mit Eudoxie verheiratet ist. Aus Eifersucht denunziert Rachel ihren Geliebten und ein von Kardinal Brogni angeführtes Gericht verurteilt das Liebespaar und Éléazar zum Tode. Rachel lässt sich durch die flehentliche Bitte der Prinzessin Eudoxie zur Zurücknahme ihrer Anschuldigung gegen Leopold überreden und erreicht damit seine Begnadigung. Sie selbst entscheidet sich für den gemeinsamen Tod mit ihrem vermeintlichen Vater. Im Augenblick ihres grausamen Todes enthüllt Éléazar Kardinal Brogni Rachels wahre Identität.
Inszenierung und Bühnenbild
Die Inszenierung ist eher kühl und schlicht gehalten. Nicht sehr viele Farben zieren das Bühnenbild. Der Chor ist schwarz gekleidet und trägt eine Maske. Verschiebbare riesige Wände bilden Räume und Wege. Nüchtern und karg auch das Innere des Goldschmied Hauses, das mit einer riesigen Treppe versehen ist und einem sehr langen Tisch.
Die Hinrichtung wird mit dem prozessionsartigen Gang hinter eine grosse Wand visualisiert und am Boden liegt viel Asche.
Sängerensemble
John Osborne singt den Le Juif Eléazar mit wunderbar schön timbrierter Stimme, man versteht jedes Wort auf Französisch, so textdeutlich kann selten ein Amerikaner singen, er glänzt in seiner Rolle. Er ist mehr als nur ein Interpret. Er fiebert bis zur Zerrissenheit, in seiner Stimme und seinem Gesicht ist die Katastrophe voraussehbar, ohne dass sie mit schluchzender Sentimentalität angekündigt würde. Wie eben in der berühmten Arie „Rachel, quand du Seigneur la grâce tutélaire!“ des 4. Aktes, in der Eléazars abgrundtiefe Verzweiflung mit Händen zu greifen ist.
Die gesamte Besetzung ist hervorragend. Einer herrlich weich wirkende Ruzan Mantashyan als Rachel, einer vor Energie nur so sprudelnden Elena Tsallagova als Prinzessin Eudoxie und Dmitry Ulyanov mit seinem dunklen Bass als idealer Brogni. Ioan Hotea spielt und singt einen gelungenen Leopold. Als Ruggiero und Albert Leon Kosavic mit geschmeidigem Tenor. Das Ensemble wird sehr gut ergänzt mit den Männern des Volkes Sebastia Peris und Igor Gnidii.
Fazit
Unglaublich intensiver, spannender und musikalisch schöner Abend der vom Publikum mit Begeisterung umjubelt wurde. Dieses Werk sollte vermehrt den Weg zurück auf die Opernbühne finden. Die Musik Fromental Halévys ist spannend bis zur letzten Note. Ein wirkungsvolles Orchester, dramatische Chöre, romantische Farbigkeit und ausdrucksvolle Flöten.
Marcel Emil Burkhardt