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GENÈVE/ GENF: LE BARON TZIGAN die französische Fassung des Zigeunerbarons). Premiere

18.12.2017 | Operette/Musical

tzi
Copyright: Carole Parodi

Le Baron Tzigan, Operette Johann Strauss (die französische Fassung des Zigeunerbarons). Oper Genf; Premiere vom 15.12.2017

Es ist ein gewagtes und zugleich ein bemerkenswertes Unterfangen, dieses nicht ganz einfache Werk auf die Bühne zu bringen. Die Originalfassung dauert mehr als vier Stunden, hat viele Dialoge und findet in einer Zeit statt, für die wir heute nicht mehr wirklich viele Berührungspunkte aufbringen können. Kommt hinzu, dass die französische Fassung mit entsprechenden Dialogen nicht viel dazu beiträgt, diese Produktion zu einem festlichen wie auch explorativen Ereignis aufleben zu lassen.

Die Uraufführung war am 24. Oktober 1885 im Theater an der Wien und fast genau zehn Jahre später, am 20. Oktober 1895, wurde die französische Version in Paris aufgeführt, im damaligen Théâtre „Folies dramatiques“ wo vor allem Operetten aufgeführt wurden. Dieses Théâtre gibt es heute nicht mehr bzw. es wurde im 20. Jahrhundert als Kino verwendet und somit in den 1930er-Jahren gänzlich zum Tonfilmkino umgestaltet.

Der Regisseur (Christian Räth) und die Bühnenbildnerin/Kostüme (Leslie Travers) gehen mit ihrer Deutung des Werkes unkonventionelle, schlichte Wege, im Provisorium des Grand Théâtre de Genève, denn im Théâtre des Nations sind die bühnentechnischen Möglichkeiten stark limitiert.

Die ganze Handlung findet auf einem Gesellschaftsspielbrett statt. Ein aufgeklapptes Monopoly oder so was Ähnliches, bildetet die zentrale Drehscheibe des Geschehens. Keine Zelte, keine alten Zigeunerwagen und keine Burg, wie sie in der ursprünglichen Fassung vorkommen. Die Operette spielt eigentliche in Siebenbürgen zur Zeit der Habsburger statt, als die verschiedenen Völker zwischen den Kriegen auf der Suche nach Identität und Heimat waren. Die Soldaten (hier der Chor) ziehen für Maria Theresia in den Krieg. Auf diesem Brettspiel ist von alldem nichts zu verspüren, hier geht es um Reich und Arm, um Macht und Liebe und um ein Verwirsspiel, wie so oft in der Operette. Leider gelang es dem Regisseur nicht, die Geschichte einheitlich und witzig umzusetzen. Steife, sperrige und gepflegte Langeweile beherrschen diesen Premierenabend.

Die Kostüme des wohlhabenden Bauernvolks sind in bunten Farben, rosa, blau und gelb gehalten, die Gewänder der Zigeuner bilden einen zusätzlichen farblichen Akzent. Anstatt Lumpen tragen sie nahezu elegant arrangierte Designerkostüme, die noch viel weniger an die traditionelle Aufführung erinnern lassen.

Die Solisten und ihre Rollen
Barinkay (Jean-Pierre Furlan), der auf sein Gut zurückkehrt, um festzustellen, dass sich der Schweinezüchter Zsupan (Christophoros Stamboglis) mit seinem Volk dort niedergelassen hat. Leider ist Christophoros Stamboglis gleich nach der Premiere schwer erkrankt und musste sofort hospitalisiert werden. Die Folgeaufführungen wurde von Randall Jakobsh vollständig übernommen. Tragend war die sonore Bassstimme Stamboglis, wahrendem der zaghafte Tenor Furlans den Bühnenraum kaum so richtig auszufüllen vermochte. Von bescheidenem Klang war der Sopran von Eleonore Marguerre, welche die junge Zigeunerin Saffi verkörperte, die sich in Barinkay verliebte. Ihre Stimme war auch im Gesamtchor kaum herauszuhören, kurz eine sehr kleine Stimme. Eine markante Erscheinung war Saffis Mutter Czipra (Marie-Ange Todorovitch) im Heavy-Metal-Rocker-Kleid und mit zerzauster Frisur, welche sich vulgär bewegt und dabei viel Ordinäres ausstrahlt.

Da war auch Zsupans Tochter Arsena (Melody Louledjian), die vom mausarmen Rückkehrer Barinkay umworben wird und die beste Leistung des Abends geboten hat. Ihr leichter und gut geführter Sopran war sehr gefällig. Durch eine Heirat verspricht sich dieser, die Herrschaft über seine ehemaligen Güter wieder zu erlangen. Doch Arsena hat ihr Herz an den jungen Ottokar (Loic Felix) verloren und weist ihn zurück. Worauf Barinkay von ihr ablässt und im Gegenzug von den Zigeunern zu ihrem Zigeunerbaron ernannt wird. Als solcher verguckt er sich stattdessen in Saffi. Gelungen Jeanette Fischer als Mirabella die mit viel Witz und gutem Rollenverständnis die französischen Sprechdialoge anführt.

Stefan Blunier führt das Orchestre de la Suisse Romande gekonnt und mit sicherer Hand. Leider gibt es an diesem Premierenabend einige Probleme mit der Koordination zwischen den Solisten, den Sprechrollen und dem Orchester, die sich aber sicherlich nach ein paar Aufführungen und mehr Routine besser ineinander verschmelzen werden.

Marcel Burkhardt (ehemals Paolino)

 

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