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GARS/ Burgruine: DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL

22.07.2021 | Oper in Österreich

20.07.2021  Burgruine Gars : „DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL“

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Sooyeon Lee, Stephan Paryla-Raky. Foto: Opergars/Andreas Anker

     Nachdem im Vorjahr – justament zum 30 jährigen Jubiläum der Opernfestspiele – keine Aufführungen in der stimmungsvollen  Babenbergerburg über Gars stattfinden konnten, gibt es heuer die Mozart- Oper , die Respekt, Humanität und Toleranz im Mittelpunkt hat. Nun hätte man – gerade heute – aus der Geschichte gar Schreckliches anstellen können, viele Inszenierungen bezeugen das ja…Gott sei Dank hat sich die junge Wienerin Lisa Padouvas diesem unseligen Zeitgeist NICHT angepasst, und erzählt die Geschichte einfach, verständlich und stringent und ohne jedes abstoßende „Regie-Mätzchen“ – dafür ein Extralob! Sie demonstrierte, daß man in stimmungsvollem Rahmen mit wenig Aufwand und einzelnen Versatzstücken , kleidsamen Kostümen und guter Beleuchtung ( Bernhard Blaschek ) eine animierte, unterhaltsame Produktion erschaffen kann, die den Personen auf der Bühne Raum und Entfaltungsmöglichkeiten bietet, die diese auch durchaus nutzen können – und das vom Publikum aufmerksam verfolgt und „mitgelebt“ wurde!

     Fünf Streicher und ein Akkordeon umfasste das „Orchester“, das angeführt vom Intendanten Johannes Wildner  an der ersten Violine, der zu Beginn mit launigen, kurzen Worten begrüßte ( die sich so wohltuend von anderen Eröffnungsergüssen diverser Festspiele abhoben!! )  das musikalische Fundament bildete. Tristan Schulze hatte diese Fassung im Auftrag der Festspiele erstellt: und es funktionierte bestens! Ich hatte mir das nicht  vorstellen können, aber es „ging einem nichts ab“. Offenbar wurde perfekt geprobt, denn es wurde eine so harmonische Wiedergabe geboten, nie kam es zu „Differenzen“ mit der Bühne.

     Nach der Corona bedingten Absage von Klara Kolonits, die als Konstanze vorgesehen war, übernahm die junge Koreanerin Sooyeon Lee diese schwierige Partie, und konnte mit ihrem angenehmen Sopran und ihrer guten Technik überzeugen – die „Martern“ gelangen prächtig, Koloratur und Höhe passt , einzig im oberen Bereich gibt es eine kleine Passage, wo die Stimme einen leichten Beiklang bekommt – das ist auf alle Fälle wegzubringen. Der Übergang von der Blonde – die sie im Ensemble an der Dortmunder Oper verkörpert – zur Konstanze begann auf alle Fälle vielversprechend! „Abräumen“ in der Gunst des Publikums konnte – völlig zu Recht – auch die junge Kroatin Tamara Ivanis, die mit sprudelndem Bühnentalent und sympathischer Ausstrahlung über die Bühne wirbelte und mit kleinem, aber feinem Sopran ihr Blondchen auch musikalisch untadelig präsentierte! 

Ihr geliebter Pedrillo war beim erst 26jährigen Brasilianer Ian Spinetti ebenfalls in besten Händen beziehungsweise „Gurgel“: optisch bestens zu seiner Blonde passend, liess er durch eine – bei Charaktertenören seltene – schöne Klangfarbe seines leichten Tenors aufhorchen, der sich auch für größere Aufgaben zu empfehlen scheint! Mit ausgezeichneter Technik und blendend geführt, musikalisch und extrem textverständlich konnte der Belmonte des Siyabonga Maqungo bestechen! Er demonstrierte eindrucksvoll, dass es primär auf  Gestaltung und musikalische Ausdruckskraft ankommt, um eine Figur glaubhaft zu interpretieren und überzeugen zu können. Bravo! Jacques-Greg Belobo gefiel primär als Typ und spielte humorvoll den Osmin, stimmlich konnte er leider am wenigsten überzeugen, in der mittleren Lage ließ er ab und an aufhorchen, über die „gefährlichen Stellen“ schien er sich des Öfteren „darüber zu schwindeln“ – vielleicht war er auch nicht gut disponiert. Der von mir sehr geschätzte Stephan Paryla-Raky gab den Selim Bassa – wie er teilweise „brutal“ agierte ( agieren musste? ) hat mir persönlich nicht sonderlich gefallen.

       Unterm Strich eine ausgezeichnete und vielbeklatschte Aufführung, die sich mehr als die von mir gezählten 250 bis 280 Besucher verdient hätte – aber es war auch Dienstag. Kompliment an das Festival  und meine Empfehlung, die restlichen Termine zum Besuch im romantischen Kamptal zu nutzen!

 Michael Tanzler

 

 

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