GARS/ BURG: L‘ELISIR D‘AMORE von Gaetano Donizetti
am 13.7. 2024(Premiere)
Paolo Rumetz, Maria Nazarova. Copyright: Alexander Ch.Wulz
Zum Einstand seiner Intendanz in Gars hat Kammersänger Clemens Unterreiner Donizettis „L‘Elisir d‘amore“ gewählt, und das war eine gute Entscheidung. Über die Gattungsbezeichnung lässt sich trefflich streiten: Oper ? (Nein, sagt Unterreiner, denn es stirbt ja keiner.) Singspiel ? (Sowas schreiben doch nur die Deutschen.) Vorform der Operette ? Egal, der Liebestrank ist ein bezauberndes Werk, und in der Burgruine Gars sehr gut aufgehoben.
Vor allem auch deshalb, weil Unterreiner (gelobt sei sein Name! ) als Freiluftfestspielintendant nicht nur vor Ort (in einem eigens neu erbauten Holz-Orchesterhaus) live musizieren, sondern auch noch UNVERSTÄRKT ! singen lässt – was ja mittlerweile nicht einmal mehr in Kellertheatern vorkommt. Also keine auf die Stirn geklebten oder wie Kieferbrüche aussehende Mikrophone, keine billigen Verstärker, keine knarrenden Lautsprecher…alles Praktiken, die von einer sonst so regulierungswütigen EU-Kulturkommision längst verboten und geahndet gehören. Hier in Gars gibt es nur die Stimmen, und nichts als die Stimmen. Also sozusagen ein akustisches Renaturierungsprojekt.(Und warum sollte das auch nicht gehen ? Wozu haben wir denn schließlich die Sänger jahrelang studieren lassen?) Hl.Clemens, Verfechter der Reinen Gesangslehre: Santo subito !!
Und was für Stimmen, und was für auch des Schauspiels mächtige Sängerinnen und Sänger der Herr Intendant hier besetzt hat: dieses Gesangsquintett ist einfach – ich weiss, man soll mit dem Begriff sparsam umgehen, aber mir bleibt nichts anderes übrig – p e r f e k t: Maria Nazarova als bereits weltweit erprobte kokette Adina, der sehr junge (aber bei der Fußball-EM gab es sogar noch jüngere Genies), doch sehr vielversprechende Matteo Ivan Rašić als schmachtender Nemorino, der allseits bewährte Paolo Rumetz als sympathischer Schwindler Dulcamara, Orhan Yildiz als eitler Hallodri Belcore und Martha Matcheko als bezaubernde Giannetta).
Orchester und Chor der Burg Gars unter der energetischen Leitung von Levante Török lassen ebenfalls keine Italianità-Wünsche offen.
Und die Regie ? Nun ja das Ehepaar Carolin Pienkos & Cornelius Obonya ist ja für seine gediegenen, aber doch eher konventionellen Arbeiten bekannt, und diese hier bildet dabei keine Ausnahme (der erste Akt wirkt sogar ziemlich schenkisch). Eine Tatsache, die aber für die auch aus Wien angereisten Opernfreunde, die das ganze Jahr über mit Inszenierungen in Gefängnissen, Irrenhäusern, Spitälern, Metrostationen, Schwimmbädern, Proberäumen, Kaffeehäusern oder sogar mit Filmen statt Bühnengeschehen gequält werden und umerzogen werden sollen, eher ein Labsal, eine Erholung, eine ästhetische Sommerfrische darstellt.
Der erste Teil ist auch bühnenbildmässig sehr enttäuschend, weil man da (noch bei Tageslicht – und an einer Lichtregie wurde offenbar nicht gearbeitet) eigentlich nur rostrotbraune Stufen zu Gesicht bekommt. Unattraktiv, stimmungslos und hässlich.
Nach der Pause, nach Einbruch der Dunkelheit hat Walter Vogelweider aber dann doch noch seinen Zauberkasten ausgepackt: Glühbirngirlanden, eine Art Hochzeits-Maibaum, eine altmodische Destillations-Apparatur etc.etc…Ja, jetzt wirkt der Liebestrank auch optisch.
Eine fast rundum geglückte Produktion, ein auf alle Fälle geglückter Einstand für Clemens Unterreiner.
Jubel und glückliche Gesichter allenthalben.
Robert Quitta, Gars am Kamp