Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

GARS am Kamp/ Burgruine: OTELLO – die Oper hätte diesmal Jago heißen müssen. Premiere

16.07.2016 | Oper

Gars amKamp: Burgruine: DIESMAL HÄTTE DIE OPER “JAGO“ HEISSEN MÜSSEN:VERDI’S „OTELLO“  IN GARS AM KAMP(15.Juli 2016)

Spätestens mit dem „Credo“ des Jago war klar; wer der Star des Abends ist: nicht der „Mohr von Venedig“ sondern sein intriganter Gegenspieler Jago. Michael Kraus, der österreichische Bariton, war die Inkarnation des „Bösen“. Elegant, ausdrucksstark und stimmlich grandios, war er ein Paradebeispiel dafür, wie differenziert man Verdi’s Meisterwerk aufführen kann. Das war kein  dämonischer Brunnenvergifter, kein Monster. Dieser Jago ist voller Zweifel, verbirgt psychische Verletzungen und strahlt nach außen  egomanisches Selbstbewusstsein aus. Er ist fesch und beliebt – geradezu ein netter „Kumpel-Typ“ – und man versteht, warum ihm der venezianische „Held“ so auf den Leim geht. Leider  kann der Sänger der Titelpartie da nicht mithalten. Der deutsche Tenor Michael Baba – unter anderem in Erl als Wagner-Held erfolgreich – stößt mit dem Otello an seine stimmlichen Grenzen. Schon beim Auftritt hoch oben am Babenberger-Turm hat er Schwierigkeiten mit der Höhe der Tessitur. Am besten ist er, wenn er seine Mittellagen- Legato-Qualitäten ausspielt kann: in der Szene, in der Jago seine Eifersucht schürt, in der großen Arie im 3.Akt und im Finale. Immerhin hält er bis zum Ende durch. Und das Publikum in Gars kann  erstmals die vorletzte Oper von Giuseppe Verdi und Arrigo Boito erleben. Denn die neue Intendanz –Rudolf Berger und Johannes Wildner– traut sich vieles zu. Nach Don Carlos und Otello geht es weiter mit Zauberflöte und Maskenball. Das zeugt von Mut!

Also heuer die  von William Shakespeare verewigte Geschichte vom Glück und Ende des venezianischen Kriegshelden, des Mohren von Venedig. Für die Regie hat man  denn auch den britischen  Shakespeare-Spezialisten Michael McCaffry geholt. Er lieferte gemeinsam mit dem Bühnenbildner Asim Dzino eine stimmungsvolle Einheitsszene, mit Treppen und Aufgängen, in denen die Elemente der alten Burg gut genutzt werden können. Die Kostüme  von Luca Dall’Alpi sind historisierend und eher schlicht. Leider erinnert ausgerechnet die Maske von Otello an  die Boulevard-Komödie „Othello darf nicht platzen“. Aber was soll’s? In Gars steht die Musik im Mittelpunkt und Johannes Wildner, der seine Karriere als Geiger  bei den Wiener Philharmonikern begann, leistet Außergewöhnliches. Er holte ein neues Orchester in den Ruinen-Hof, das sich „Klangvereinigung Wien-Orchester der OPER BURG GARS“ nennt. Zusammen mit dem Chor der OPER BURG GARS (Leitung Roger Diaz) ergab dies eine deutliche Qualitätssteigerung. Und da die Besetzung  -nehmt alles nur in allem – stimmte, wurde Otello zu einer besuchens-werten Produktion. Denn neben dem dominierenden Männer-Duo war auch eine attraktive Desdemona aufgeboten: Alexandra Reinprecht bot ein berührende und zu Unrecht  des Ehebruchs verdächtigte Ehefrau von Otello. Sie kam mit den Klippen der Rolle einigermaßen zurecht , hatte die nötige Dramatik und Lyrik und punktete denn doch vor allem mit dem elegischen „Lied  von der Weide“. Ausgezeichnet übrigens  Oscar Marin als Cassio – ein lyrischer Tenor mit Zukunft! Auch die Emilia von Anna Agathonos fällt positiv auf. Eine angenehme, schöne Mezzo-Stimme! Benedikt Kobel gibt einen markanten Rodrigo, Bernd Hofmann lässt als Lodovico mit seiner schönen Bass-Stimme aufhorchen. Alles in allem: Otello hätte diesmal Jago heißen müssen!

Peter Dusek

 

 

Diese Seite drucken