Fürstenwalde und Marl: Sabine Grofmeier, Klarinette und Konstantin Manaev, Cello am 13. und 14. Mai 2023
Beeindruckender Konsens!
Konstantin Manaev, Sabine Grofmeier. Foto: Stefan Pieper
Der Reiz einer Duo Begegnung liegt an der Ausbalanciertheit zwischen zwei Stimmen oder Instrumenten, die vielleicht auch gegensätzliche Charaktere verkörpern. Im Idealfall kommt eine Kommunikation auf Augenhöhe dabei heraus. Sabine Grofmeiers Erfahrungsschatz in dieser Richtung ist immens, ebenso jener des Cellisten Konstantin Manaev, der unlängst zwei hervorragende Einspielungen für das ARS-Label vorlegte. Wenn zwei derart erfahrene Musikerpersönlichkeiten nicht nur kurzfristig zusammenkommen, sondern über Jahre etwas Größeres wachsen lassen, ist eben noch das entscheidende i-Tüpfelchen obendrauf möglich. Und genau das war bei zwei Konzerten erlebbar – zum einen beim 55. Fürstenwalder Musikzirkel, ebenso in Sabine Grofmeiers Musikstadt Marl im dortigen Kulturzentrum Erlöserkirche.
Die beiden trafen vor vielen Jahren aufeinander, als sie sich beim Preis der GWK kennenlernten und besannen sich von dem Moment an auf ein gemeinsames künstlerisches Projekt. Natürlich nur in loser Regelmäßigkeit, denn der Terminkalender mit zahllosen Projekten und Begegnungen ist bei beiden gut gefüllt. Sabine Grofmeier veranstaltet Konzertreihen in Hamburg und anderswo, ebenso Meisterkurse und ist auch sonst viel international unterwegs. Konstantin Manaev stellt gerade neben zahlreichen anderen Engagments noch ein neues Kammermusikfestival auf die Beine: Das von ihm kuratierte Romberg-Festival hat im Juni im Herrenhaus Hartkort im Westfälischen Sassenberg-Füchtorf Premiere.
Konstantin Manaev. Foto: Stefan Pieper)
Beethovens Duo Nr. 3 ist eigentlich für Klarinette und Fagott gesetzt, aber es taugt auch für die variable Konstellation „Klarinette plus Cello“, um das Publikum mit sprühender musikalischer Anmut für sich zu gewinnen. Dann durfte erst mal erfahren werden, welch imponierendes Potenzial der Cellist Konstantin Manaev verkörpert. Die Celloliteratur verfügt mit Johann Sebastian Bachs Solosuiten über ein unumstößliches Referenz-Repertoire bis in alle Ewigkeit. Überlegene Überzeugungskraft zeichnet aus, wie Manaevs Spiel in einen beschwörenden, konzentrierten Sog hinein zieht, so dass man sich noch viel mehr davon wünschte. Diesen Wunsch erfüllte Manaev im zweiten Konzertteil – diesmal mit der C-Dur-Suite und mit einer elektrisierenden Gigue als Höhepunkt.
Im Duo zeigten beide, was herauskommt, wenn sich zwei derart gereifte Potenziale ergänzen: Manaevs kraftvoller Ton und seine resoluten Akzentuierungen können es jederzeit mit Sabine Grofmeiers expressiver und couragierter Phrasierung aufnehmen. Aber eben so, dass alles leichtfüßig bleibt! Besonders gut ließ sich dies studieren anhand von bekannten Kult-Stücken wie Gershwins „Summertime“, Henri Mancinis „Moon River“, Astor Piazzollas „Oblivion“ und vor allem dessen melancholischem Libertango, der – vor allem durch einen kreativen Umgang mit Agogik – wie eine gemeinsame Improvisation wirkte.
Sabine Grofmeier und Konstantin Manaev sind der musikalischen Gegenwart nicht abgeneigt. Es geht dabei um farbenreiche, berührende Wirkungen und weniger um intellektuelle Avantgarde. Von Francesco Bottiglieri wurde ihr eine quirlige musikalische Fantasie auf ihre Wahlheimat Hamburg komponieren lassen. Die Klarinettistin und der Cellist malen sämtliche musikalischen Bilder mit hoher Ausdruckstiefe aus. Eben so, wie der hanseatische Großstadtdschungel in dieser Stadt, in der gerne ein frischer Wind weht, alle Sinne anregt. „Wüstenwind“ ist ein Stück des befreundeten Film-Komponisten Boris Kosak, was wie gerufen kommt für alle, die eben gerne reisen und die das Fernweh plagt. Eine „Disco-Toccata“ von Guillaume Connesson bot eben nicht nur einen konstanten Viererbeat, sondern eben auch heiße Jazzimprovisation im Benny Goodmann Stil, die auch dem temperamentvoll gestrichenen und gezupfte Cello gut zu Gesicht standen.
Keine Frage, dass es die beiden dann auch mit dem unwiderstehlichen Fünfvierteltakt von Dave Brubecks „Take Five“ souverän und abenteuerlustig aufnahmen, was dann in seiner ganzen polyrhythmischen Dichte auch so klang, als sei hier eine ganze Jazzband unterwegs.
Viele Musikerinnen und Musiker trauen sich immer wieder an diese beliebten, zugleich spielerisch anspruchsvollen Stücke. Aus so tiefer Überzeugung etwas unverwechselbar Eigenes daraus zu schöpfen, das können nur wenige – zum Beispiel Sabine Grofmeier und Konstantin Manaev.
Stefan Pieper