FRIEDBERG (Hessen)/ Stadthalle:
DER DRTTE MANN
Gastspiel des Motown Theaters Wolfsburg
Uraufführung der Tournee-Produktion
6. März 2025
Gelungene Tour-Premiere in Friedberg: Das Ensemble des Motown Theaters Wolfsburg überzeugte in „Der dritte Mann“ in der Stadthalle Friedberg (Foto: Motown Theater Wolfsburg)
Auf Einladung der Volksbühne Friedberg gastierte vergangenen Donnerstag das Ensemble des Motown Theaters Wolfsburg in der Stadthalle Friedberg. Zunächst als multimediale Lesung konzipiert, wuchs die Produktion im Laufe des Entstehungssprozesses zu einer vollwertigen Theaterproduktion mit schönen Bühnenbildern heran und ging nun erstmals auf Tournee.
Ein düsterer Klassiker mit Kultstatus: Der dritte Mann (1949) ist ein meisterhaft inszenierter britischer Film noir von Carol Reed – in eindrucksvollem Schwarzweiß und mit einer Story, die unter die Haut geht. Basierend auf einem Drehbuch von Graham Greene, entführt der Film den Zuschauer in das geheimnisvolle, von Schatten durchzogene Wien der Nachkriegszeit. Im Mittelpunkt steht der amerikanische Autor Holly Martins (Joseph Cotten), der einem vermeintlichen Jobangebot seines alten Freundes Harry Lime (Orson Welles) folgt – nur um sich plötzlich in einem Netz aus Lügen, Verrat und tödlicher Gefahr wiederzufinden.
Unvergessen sind die ikonischen Elemente des Films: das hypnotische Zither-Spiel von Anton Karas mit dem legendären Harry-Lime-Thema, die schrägen, expressionistischen Kamerawinkel, Orson Welles‘ berühmte „Kuckucksuhr-Rede“ und die atemberaubende Verfolgungsjagd durch die düsteren Wiener Katakomben. Ein Film, der bis heute fasziniert und Gänsehaut garantiert!
Sorgte für Begeisterung: Johannes Schubert an der Zither (Foto: Motown Theater Wolfsburg)
All dies wurde sehr gut für die Bühne adaptiert und so schufen die Künstler nahezu ein cineastisches Abbild des Kultfilms: „Das war ja richtig spannendes 4D-Theater!“ hörte man eine junge extra aus Fulda angereiste Zuschauerin nach der Vorstellung sagen. Die gelungene und clevere Kombination von Theater, Filmmaterial und der Live-Musik an der Zither (Johannes Schubert erhielt immer wieder Zwischenapplaus) vermochte das Publikum in der Kreisstadt zu begeistern. Generell verlief die Aufführung optimal, das Publikum folgte konzentriert und gebannt der vielschichtigen Story um Harry Lime, dem „übelsten Schieber, der je in dieser Stadt sein Geld verdient hat“. Robert Zimmermann brillierte nicht nur als Antagonist Lime (er sieht Orson Welles übrigens verblüffend ähnlich), sondern auch in vier weiteren differenziert angelegten Rollen vom österreichischen Hausmeister Koch bis hin zum amerikanischen Colonel Cooler. Barbara Fressner überzeugte in der Rolle von Harry Limes Freundin Anna Schmidt und persiflierte höchst komödiantisch in ihren zusätzlichen Rollen die Damen der „British Cultural Relations Society“. Danny Richter gab dem erst um seinen Freund Harry trauernden, dann an diesem zweifelnden und letztendlich ihn verurteilenden Schriftsteller Rollo Martins eine starke Tiefe, nicht ohne die Tragikomik der Figur für das Publikum unterhaltsam herauszuarbeiten. Und über allen Roland Kalweit als „very british“ Major Calloway, der als Erzähler der Geschichte den „Fall Harry Lime“ vor dem Publikum aus seinen Akten rekonstruiert und als eine Art Moderator die einzelnen Szenen verbindet.
Langer Applaus und Fußgestampfe des Publikums waren die Belohnung für diese neugeschaffene weltweit erstmalige (!) Theateradaption des Stoffes.
Den Machern der Volksbühne Friedberg um ihren Vorsitzenden Bernd Baier gelang es mit diesem Gastspiel ein weiteres Mal, dem Wetterauer Publikum neue Eindrücke jenseits der ausgetretenen Pfade des klassischen Tournee-Theaters zu präsentieren und der Stadt Friedberg einen erneuten kulturellen Höhepunkt zu verschaffen.