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FREIBURG: DER SCHMUCK DER MADONNA von Ermanno Wolf-Ferrari. Premiere

06.03.2016 | Oper

Theater Freiburg: Ermanno Wolf-Ferrari: „Der Schmuck der Madonna“ – Premiere 5.3.2016

Wer sich schon gewundert hat, dass in Freiburg immer wieder vergessene Opern aufgeführt werden (so vor kurzem – ebenfalls unter der Regie von Kirsten Harms – die Königin von Saba von Karl Goldmark): Das hat hier Methode! Unter dem Reihentitel „Opern-Wiederentdeckungen“ werden in Freiburg Stück um Stück aus dem Notenfundus ausgegraben und einem erstaunten Publikum präsentiert.

Schmuck der Madonna

Die meisten Opernfreunde haben von Wolf-Ferrari nur im Zusammenhang mit seinen opere buffe nach Goldoni gehört. Dabei ist „Der Schmuck der Madonna“ eine wahre Perle des Fin-de-Siècle. Zwei Seelen wohnten in Wolf-Ferraris Brust (nicht umsonst hat er den italienischen Namen seiner venezianischen Mutter an den seines deutschen Vaters gehängt), und das spiegelt sich auch deutlich in seiner Musik wider, einer Art italienischem Verismo gepaart mit deutscher Romantik, irgendwo zwischen Wagner und Mascagni, Strauss und Puccini. Zwar kann man Wolf-Ferrari einen eigenen Stil absprechen, was er da aber vorlegt ist mehr als hörenswert.

Die Story der 1911 in Berlin uraufgeführten Oper ist eine fatale Dreiecksgeschichte: Gennaro liebt Maliella, das Pflegekind seiner Mutter, diese ist jedoch in den zwielichtigen aber deswegen nicht weniger attraktiven Camorra-Boss Rafaele verliebt. Um seine Liebe zu beweisen, stiehlt Gennaro den Schmuck der Madonna-Statue, die in einer Prozession vorbeigetragen wurde. Die Dame seines Herzens ist erst begeistert und gibt sich ihm hin, bekommt dann aber Gewissensbisse und flüchtet sich als vermeintliches Opfer zu Rafaele, der aber nur noch Verachtung für sie übrig hat. Dass dies nicht gut ausgehen kann, versteht sich von selbst…

Kirsten Harms inszeniert angenehm zurückhaltend, und schafft es doch, die Zuschauer in ständiger Spannung zu halten (zum Beispiel wird nicht deutlich, ob nun eine Vergewaltigung oder eine Verführung stattfindet). Die Bühne ist bis auf herabhängende Kreuze und Gliedmassen praktisch undekoriert, und die Kostüme (beides Bernd Damovsky) sind unaufdrinklich zeitlos. Ein Highlight für die männlichen Zuschauer sind die sexy Outfits der Freundinnen der Camorrista und zweifelsohne der Striptease-Tanz einer jungen Dame auf dem Tisch ausgerechnet in einer Abendmahlinszenierung. Hector Lopez-Mendoza ist als Gennaro jung und wild, mit voller, angenehmer Stimme, die aber nicht ganz bis zum Schluss durchhält. Anja Jung als dessen Mutter ist – auch stimmlich – eine Idealbesetzung, aber vor allem Kartal Karagedik beeindruckt als Mafiaboss Rafaele. Sein Bariton ist kraftvoll, seiner Artikulation genau und böse, sein Auftritt charismatisch. Beinah noch einen drauf setzt die Russin Elena Stikhina als Maliella, die in Russland schon bekannt ist und von der man in Europa noch viel erwarten darf. Ihr dramatischer Sopran ist mitreissend.

Fabrice Bollon dirigiert gewohnt souverän, lässt es sich aber nicht nehmen, in den dramatisch-romantischen Passagen zu schwelgen, zwar auf Kosten der Genauigkeit, aber umso gefühlvoller, und damit für diese Musik genau richtig. Mehrere Chöre tummeln sich auf der Bühne, musterhaft organisiert von Bernhard Moncado, für den Kinder- und Jugendchor zeichnet Thomas Schmieger verantwortlich.

Die umjubelte Aufführung ist mehr als hörenswert, die Stimmen fantastisch – die angekündigte CD ist also eine absolute Kaufempfehlung!
 
Alice Matheson

 

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