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FREIBURG/ Konzerthaus: DIE SCHÖPFUNG – würdiger lässt sich ein Jahresabschluss wohl kaum gestalten

01.01.2018 | Konzert/Liederabende

Freiburg: „DIE SCHÖPFUNG“ – 31.12.2018

Würdiger lässt sich ein Jahresabschluss wohl kaum gestalten als mit „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn dem heiteren, ja fast weltlichen Oratorium. Das Freiburger Barockorchester präsentierte das herrliche Werk im Konzerthaus und lässt es nochmals am Neujahrstag- Abend (zum Leidwesen aller Mitwirkenden) in der Philharmonie Berlin erklingen.

René Jacobs schenkte dem Haydn-Kosmos klangmalerische akustische Bildgewalten, kongenial verband der versierte Spezialist Alter Musik einheitlich die Details und großen Bögen dieser Komposition zu transparentem, warmem Instrumentalklang. Zauberhaft ließ sich Jacobs auf das Spielerische dieser wunderbaren Tonmalerei ein, in welcher sich Wellen gleich das organische Wachsen entwickelte, jedem Schöpfungstag die sich steigernde Differenzierung des Lebendigen erbrachte. Traumhafte Episoden erschienen in kontrastierten orchestralen Farben so liebevoll und anschaulich im visuellen Erscheinungsbild der Natur dargebracht. Höchste Anerkennung verdient die Art, wie die Figuren profiliert wurden, zur Phrasierung der Solisten schien jeder Akzent genau platziert und es ergab sich im Ganzen eine Ausdrucksskala hocheffizient ausgereizter Musikalität. Stilistisch wurden instrumentale Facetten vorteilhaft präsentiert in welcher sich Bläser dezidiert zu Wort meldeten, wie Streicher mal einen herben, mal einen feinen ziselierten, leicht federnden Klang entwickelten.

Wunderbar intonierte der Rias-Kammerchor in transparenter Phrasierung die Polychromie des Chorparts, beredet im Stimmglanz der wunderbaren Soprane, sonor und strahlend individuell ergänzten die Herren das plastisch aufgebaute Vokalbild zum Gotteslob. Sehr effektvoll ließ der klangschöne Chor in metaphysischer Steigerung das Finale ausklingen. Herrlich integrierten sich die Chor-Soli der drei Erzengel sehr effektvoll im glanzvollen Vokalbild.

Haydn macht in seinem kompositorischen Kosmos von der tiefen Männerstimme einen sehr vielseitigen Gebrauch, sein Radius reicht vom lyrischen Bariton bis zum tiefen Bass. Diesem enormen Stimmumfang wurde Michael Nagy in überreichem Maße gerecht. Es ist unglaublich in welcher Rasanz sich seine herrliches Timbre in Verbindung hoher Musikalität und technischer Finessen so glanzvoll formatierte, ich durfte diese Entwicklung seit dem Studium an der Musikhochschule Mannheim bis dato live miterleben. In markigen Klangfarben seines herrlichen Organs illustrierte Nagy den „Raphael“, mit Würde und Hoheit hat ihn der Schöpfer ausgestattet, bruchlos korrespondierte die hervorragende Technik des Sängers zwischen hohem lyrischen Baritonlagen und mächtig sonorer Basstiefe. Zudem sitzt Michael Nagy der Schalk im Nacken und ironisierte augenzwinkernd den charakteristischen Witz des „Adam“ zum Vergnügen des Publikums.

Als weiterer Glücksfall der elitären Besetzung erwies sich die Sopranistin Robin Johannsen, ihr feines glasklares Timbre entzückte in schönster Verzierungskunst zum mühelosen Wechsel der Register. Leicht mädchenhaft perlten die Koloraturen in lyrischem Wohllaut, dynamische Schattierungen schenkte die sympathische Sängerin den engelsgleichen Rezitativen „Gabriels“ schwerelos zum Flug der Nachtigall. Anmutig schalkhaft kam die liebende „Eva“ daher, im hinreißenden Duett herrlich aufblühend der bestens fokussierten Stimme.

Dritter im Bunde des ausgezeichneten Solisten-Trios war der junge Tenor Sebastian Kohlhepp und glänzte in vokaler Wendigkeit in der Rolle des „Uriel“. Sein hervorragend zentriertes Material verfügte über die eindringliche Deklamation, auf wunderbare Weise vereinte der hochgewachsene Sänger sein weiches Timbre spielerisch leicht zu differenziertem strahlendem Höhenklang. Fein schattiert erklang Kohlhepps transparent vorgetragen das Erscheinen der Sonne, schlank sehr gepflegt in liedhaftem Vortrag und dennoch leicht kerniger flüssiger Linie zur musikalisch grandiosen Steigerung des tenoralen Gesamtbildes.

Das Publikum im knallvollen Konzerthaus bejubelte die exzellente Wiedergabe spontan mit Standing Ovation und Jubelstürmen. Welch beglückendes Erlebnis zum Jahresabschluss in friedvoller Harmonie, nun kann das Neue Jahr kommen!

Gerhard Hoffmann

 

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