Copyright: Paul Leclaire
Freiburg: Mozart: Don Giovanni, Vorstellung am 6. Juni 2019
Im Einführungsgespräch klang vorsichtig an, dass die Regisseurin KATARSZYNA BOROWSKA noch keine Erfahrung im Opern- Inszenieren hat. Auch schien es zwischen der Bühnenbildnerin aus Polen (keine Deutsch- und Englischkenntnisse, -Italienisch ?) und dem übrigen Team im Probenprozess sprachlich vorsichtig zuzugehen.
Das Ergebnis ihrer ersten Inszenierung, das man in Freiburg erleben kann, ist ein Desaster.
Mozart´s tragikomisches Meisterstück wird gar nicht inszeniert. Keine Situation wird geschaffen, die Sänger stehen ohne Gnade auf der Stelle zu ihren Arien, und das meist auch noch im Dunkeln, denn irgendein stummer Anwesender bekommt aus unerfindlichen Gründen den Spot. (Licht: die Regisseurin).
Es reicht hinten und vorne nicht, ein Gemälde von Hieronymus Bosch dreidimensional und in wabernder Zeitlupe 3 ½ Stunden auszustellen.
Die Darsteller können einem wahrlich leid tun. Verloren im Raum stehend liefern sie ihre Passagen ab, zwei- dreimal vergeblich einen Hauch von Inhalt hinüberretten wollend.
Dazu kommt ein Dirigat von HEKTORAS TARTANIS, der in einem Affenzahn, der Ausdruck muss bemüht werden, die Partitur herunterspult ohne auch nur eine der Preziosen der Musik Mozarts zu streifen. Die Sänger hasten dem Orchester nach, ein „den Moment erfassen“ oder gar einen Zauber wird man an diesem Abend nicht hören. Musikalische Wiederholungen werden inhaltslos verziert, anstatt dem Genie zu vertrauen und in derselben Melodie neue Farben auszuloten. Die Ensembles klingen laut und vordergründig.
Das mäßig disponierte Orchester mit problematisch gestimmten Holzbläsern hat fast nur barockes Laut-Leise zu bieten, und das Forte ist dann knallig und monoton. Die Musiker der Bühnenszenen werden teilweise aus dem Hauptorchester rekrutiert, sodass das große erste Finale nur noch ein einziger Kontrabass im „Tutti“ spielt.
Einigen Sängern hätte man eine schönere Begegnung mit der wunderbaren Materie gewünscht:
MICHAEL BORTH als Giovanni hat einen virilen Bariton mit genug klanglicher Aura zu bieten. Heraus sticht SAMANTHA GAUL, die ihre Zerlina musikalisch- ausgefeilt gestaltet und mit berückendem Timbre versieht. INGA SCHÄFER gelingt die zweite, schwierige Elvira Arie beachtlich, SARAH TRAUBEL vermag als Anna weniger für sich einzunehmen. Als Gast wirkt BARTOSZ UWANOWITCZ wie ein Fremdkörper in seinen hilflosen Versuchen, doch irgendetwas spielen zu wollen. JONGSOO YANG macht eine gute Figur als Bauer Masetto. MATTHEO MACCHIONI würde man als Ottavio ein einschmeichelnderes Stimmmaterial wünschen und JIN SEOK LEE wird durch die Komturszenen gehetzt ohne eine Bedrohung darzustellen. Der Chor wirkt in den kurzen Auftritten klanglich sehr direkt und eher hart.
Lokal wird von einer Skandalinszenierung gesprochen. Ein inhaltlicher Skandal findet aber keineswegs statt. Das Skandalöse ist eher der Dilettantismus der Konzeption, der sich hinter dem Gewand eines opulenten Bühnenbilds zu verstecken sucht.
Eine vertane Chance in Freiburg.
Damian Kern