Juan Jesús Rodríguez (Duca di Nottingham), Mario Chang (Roberto Devereux), Ambur Braid (Elisabetta I.) sowie im Hintergrund das Frankfurter Opern- und Museumsorchester. Copyright: Barbara Aumüller
Frankfurt: „ROBERTO DEVEREUX“ – 04.02.2018 – konzertant
Schon traditionell präsentiert die Oper Frankfurt zu jeder Spielzeit eine konzertante Rarität jeweils an zwei Abenden seinem Opernpublikum. Die Wahl fiel heute auf die Tudor-Vertonung „Roberto Devereux“ (Gaetano Donizetti) und bescherte sich die EA dieses Werkes.
Im Spiel um Liebe, vermeintliche Untreue und natürlich Intrigen treffen zwei (vermeintliche) Rivalinnen zusammen, zum einen Elisabeth I. einst mächtigste Frau der Welt, aber ohnmächtig in Liebesangelegenheiten, übergibt ihren angeblich untreuen Favoriten dem Henker, zerbricht an Selbstzweifeln und überlässt eine angeblich Untreue und den Freund Robertos ihrem Schicksal.
Dramatik wären somit vorprogrammiert und spiegeln sich in der Partitur wider welcher sich in vorbildlicher Form Giuliano Carella widmete und das Frankfurter Opern- und Museumsorchester zu wahren instrumentalen Höhenflügen- und Leistungen animierte.
Bereits im Vorspiel zur thematischen Hymne God save the King, den musikalisch gebündelten Melodien der Handlung verstand es der italienische Maestro (wie wenige Wochen zuvor in Strasbourg zur „Francesca da Rimini“) orchestral Leidenschaften suggestiv zu vermitteln. Atemberaubende Tempi, ein strukturiertes vortrefflich ausbalanciertes Klangbild, dynamisch-spannendes Musizieren des bestens disponierten Orchesters und kongeniale Solistenbegleitung prägten die hinreißende Interpretation Carellas und sicherten ihm den Löwenanteil der Publikumsgunst.
Darstellerisch sehr intensiv vermittelte Ambur Braid die gekränkte und rachsüchtige Monarchin (sie sang die Partie bereits in Toronto), blieb der Partie jedoch vokal bis auf wenige gelungene Töne einiges schuldig. Ihr unruhig geführter Sopran war der hohen Tessitura nicht gewachsen, von belcantischer Tonalität weit entfernt, die Stimme wirkte zuweilen kantig und die oberen Register ließen mich erschauern. Versöhnlicher klang in meinen Ohren lediglich die finale Arie Vivi ingrato a lei d´accanto.
Leidenschaftliche Mezzotöne, lebendig in Wort, Stil, Musikalität ließ Alice Coote zur Gestaltung der Sara einfließen. Die ebenso darstellerisch engagierte Sängerin schenkte ihrer Romanze All´affitto é dolce sowie den Duetten in hohem Maße vokale Präsenz. Schlichen sich während dramatischer Momente gleißende Höhentöne ein, minderten sie in keiner Weise die beachtliche Gesangsleistung.
Belcanto pur durfte man jedoch von den Herren der „Schöpfung“ in reichem Maße vernehmen und die Krone des Abends gebührte ohne Zweifel dem Bassbariton Juan Jesús Rodriguez. Ob zur Kavatine des Duca di Nottingham: Force in quel cor sensibile, dem leidenschaftlichen „Ehestreit“ mit der angeblich untreuen Gattin Sara oder im emotionalen Terzett beeindruckte das herrlich timbrierte kernige Material. Effektiv präsentierte der spanische Sänger Gesangskultur von mitreißender Emphase, in Verbindung enormer Flexibilität und vortrefflicher Musikalität.
Mario Chang (Roberto Devereux), Ambur Braid (Elisabetta I.), Giuliano Carella (Musikalischer Leiter), Ingyu Hwang (Lord Cecil) und Daniel Mirosław (Sir Gualtiero Raleigh) sowie im Hintergrund das Frankfurter Opern- und Museumsorchester.
Den sonst typischen tenoralen Arienkomplex während der Opernhandlungen widmete Donizetti seinem Titelhelden „Roberto Devereux“ nach Duetten erst zur finalen Kerkerszene, aber dafür umso wirkungsvoller. Wenige sichtbare Emotionen schenkte Mario Chang dem unglücklichen Günstling, blickte dafür öfters in Bewunderung zu seinem Bariton-Partner auf und glänzte mit hervorragenden Vokalisen. In lyrischem Wohlklang entfaltete der sympathische Sänger wiederum sein herrliches Timbre zu edlen strahlkräftigen Höhenflügen und krönte das vorzügliche Portrait mit der bestens phrasierten Arie Io ti diró fra gli ultimi singhiozzi und der temperamentvollen Cabaletta.
Die weiteren weniger tragenden Rollen ergänzten stimmschön der Tenor Ingyu Hwang (Lord Cecil), mit leichtem Bariton Daniel Miroslaw (Sir Raleigh) und dunkleren Tönen Thesele Kemane (Page/Vertrauter). Adäquat auf hohem Niveau präsentierte sich wiederum der von Tilman Michael bestens vorbereitete Frankfuter Opernchor.
Leistungsgerecht verschenkte das Publikum seine Bravos und feierte alle Beteiligten herzlich während des Applaus-Durchgangs.
Gerhard Hoffmann