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FRANKFURT: TRI SESTRI von Peter Eötvös

30.09.2018 | Oper


Ray Chenez, Dmitry Egorov, David DQ Lee, (c) Monika Rittershaus

Frankfurt: Tri sestry (Drei Schwestern)/P.Eötvös  30.9.2018

Als Saisonpremiere brachte die Oper Frankfurt Tri sestry von Peter Eötvös nach dem Drama von Anton Tschechow heraus. Die 1998 uraufgeführte Oper in drei Sequenzen gilt als sehr erfolgreich und wurde schon öfter nachgespielt, was sicher auch dem Sujet geschuldet ist. Eötvös hat eine im besten Sinne postmoderne Oper geschrieben und das  auf russisch, da er auch in biographischer Hinsicht sehr Rußland-affin ist. Und es ist ihm eine wirklich gute Musik dazu eingefallen, die die drei Schwestern und den Bruder Andrei  diskursiv ‚abhandelt‘. Dabei werden  wichtige Merkmale der neuen Musik auch ironisch eingesetzt. ‚Tonalitäten‘ kommen aber eher selten ins Spiel. Abwechselnd langsame und bewegte Partien sind gleichermaßen aufgeteilt auf zwei Orchester. Im Graben leitet Dennis Russell Davies den Klangkörper, der besonders die Thematiken und Instrumente, die den jeweiligen Personen zugeordnet sind, spielen, hinter der Bühne ist ein weiterer sichtbar postiert, der  mehr kommentierende Funktion hat, und in dem vermeintlich nur Streicher spielen. Geleitet wird er von Nikolai Petersen. Beide agieren in bester Koordination (über Monitore), und klanglich verschmilzen sie sowieso, wenn sie nicht getrennt aufspielen.

In ihrer lebhaften Regie bezieht Dorothea Kirschbaum den ganzen Bühnenraum in die Breite ein, indem sie die Wohnung mit ineinander übergehenden Räumen meist simultan bespielen läßt. Ashley Martin-Davis hat ihr eine loftartige Wohnküche gebaut, an die sich ein Fitnessraum mit Schaukel und Karussell anschließt. Zur 2.und 3.Sequenz wird dasselbe Bühnenbild quasi seitenverkehrt von der anderen Seite hereingefahren. Es ergeben sich viele Plätze und Sitzecken für die Kommunikation. Die Kostüme von Michaela Barth sind modern und bestehen aus eleganten bis extravagenten Schnitten für die Schwestern und Natascha, für die Männer auch mit russischen Anspielungen in ihren grau-braunen Habits und Capes.

Eine Besonderheit dieser Oper ist, daß alle Chargen mit Männern besetzt sind. Also für die drei Schwestern und Natascha allesamt Countertenöre mit der Begründung, daß hier in erster Linie keine Frauen- und Emanzipationsprobleme abgehandelt werden.sondern allgemein menschliche Lebensentwürfe und deren Nichtverwirklichung. Durch die Männerstimmen würde das Ganze auf eine höhere Abstraktionsebene gehoben, meint auch Kirschbaum. Außerdem sind die Männerstimmen im tiefen Bereich lauter und kommen damit besser über die zwei Orchester weg (!)

Irina ist Ray Chenez und kommt mit ihren beiden Liebhabern vielleicht noch am weiblichsten herüber. In einem bedruckten weißen Glockenkleidchen und blonder Perücke singt Chenez einen sehr beweglichen, angenehmen und superben Counter. Mascha ist David DQ Lee und verfügt über einen manchmal etwas fahl klingenden Countertenor, der aber auch voluminös aufblühen kann. In einem Mantel-Hosen Ensemble macht er/sie gute Figur und läßt sich von ihrem Liebhaber auch gern in den Arm nehmen.Die Olga ist Dmitry Egorov mit sehr stimmkräftigem Counter, die älteste Schwester, unverheiratet und ohne Liebhaber, wirkt resigniert aber auch durchsetzungsstark. Der träge Andrei kommt in Gestalt von Mikolaij Trabka in seinem Monolog als stark timbrierter Bariton herüber. Die immer überkandidelte Natascha des Eric Jurenas verfügt über einen versierten, in der Höhe spritzigen  zu ausladenden Sprüngen fähigen Countertenor. Der Doktor  ist der agile Tenor Mark Milhofer. Tesenbach wird von Kresimir Strazanac mit gepflegt dezidiertem Baßbariton gezeichnet, Soljony vom räsonierend britischen Baß Barnaby Rea. Als weitere ‚Liebhaber‘ treten Thomas Faulkner (Baß) und Iain MacNeil (Bariton) auf. Die Magd Anfisa wird vom Baß Alfred Reiter gespielt.  Isaak Lee und Michael McCown ergänzen als Rodé und Fedotik.         

Friedeon Rosén 

 

 

 

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