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FRANKFURT/ Opernhaus: XERXES von G. F. Händel. Wiederaufnahme

30.10.2020 | Oper international


Cecelia Hall vor einer Projektion von Elizabeth Sutphen, dahinter Ensemble. Foto: Barbara Aumüller/ Oper Frankfurt

Frankfurt: XERXES von G.F.Händel am   29.10.2020 – Wiederaufnahme

In Frankfurt fand jetzt unter Coronabedingungen die 2.Wiederaufnahme von G.F.Händels ‚Xerxes‘ in der Inszenierung von Tilman Köhler aus 2017 statt (wir berichteten). die szenische Leitung der Wiederaufnahme hatte Hans Walter Richter inne, und er konnte die sehr erfolgreiche Regie Köhlers eigentlich sehr detailgenau rekonstruieren, man erinnerte sich immer mehr: ja, so war es. Außer daß eine Gruppe von Choristen, die manche der auch schrägen Situationen kommentierte, diesmal weggelassen wurde, was aber nicht ins Gewicht fiel. Das Bühnenbild besteht aus einem Raum mit ovalem „Wellblechhorizont“, der sich auch gut für die Großprojektion von Videos eignet (Karoly Risz). Im ersten Teil darin ein riesiger Tisch mit enormen Essensvorräten, im 2.Teil ist dieser verschwunden, nur noch das zentrale Fenster, in dem die Platane ihre Blätter verliert, am Ende nur noch wie ein Baumskelett wirkt. Die Kostüme  von Susanne Uhl erfreuen weiterhin das Auge.


Kateryna Kasper, Thomas Faulkner, Elizabeth Sutphen, Eric Jurenas. Foto: Barbara Aumüller/ Oper Frankfurt

Das Dirigat des ganz hochgefahrenen Orchesters hat Roland Böer übernommen. Er versteht es, Alles an Händels meisterhafter Komposition herauszukitzeln. Natürlich benötigt er, obwohl das Orchester relativ groß erscheint, keinen Taktstock dazu. Die Streicher konnten unter ihm die unterschiedlichsten Klangvaleurs bei teils riskanten Spieltechniken  erzeugen, die Blockflöten erklingen in einer süß-homogenen Blase wie aus einer anderen Welt, die tiefen Instrumente dräuen oft ganz unnachahmlich, warm geblasene Oboen, Klarinetten und saloppe Fagotte gesellen sich dazu. Händel spürt in seiner komplexen Art tiefsten Liebes- und Eifersuchtshändeln seiner Figuren nach, und Böer und sein Orchester setzen es  in einen berückend filigranen Klang um.


Cecelia Hall, Božidar Smiljanić. Foto: Barbara Aumüller/ Oper Frankfurt

Der Elviro ist ein Diener plumpester Sorte, der seine Aufträge, Briefe zuzustellen, grundsätzlich verpatzt, indem er sie an die falsche Personen aushändigt. Genauso polterig setzt Thomas Faulkner seinen kantig-bulligen Baß gekonnt ein. Ein ähnliches Stimmkaliber ist Bozidar Smiljanic als Ariodate, Vater des Xerxes. Da er auch ein erfolgreicher Feldherr ist, kann er die ‚Liebesknoten‘ endlich auch auflösen und seinem Sohn befehlen, zu seiner ursprünglichen Braut Amastre, die sich am Hof weiter in Männerkleidern aufhält, zurückzukehren. Sie wird vom Haus-Eigengewächs Katharina Magiera mit ihrem starken hier auch sehr männlich wirkendem Alt in unnachahmlicher Weise verkörpert. Die Atalanta in Gestalt von Elisabeth Sutphen ist ihrerseits in Xerxes verliebt, kann aber bei ihm trotz reizender Erscheinung und ungewöhnlicher Stimmanlagen ihres berückend timbrierten Soprans nicht punkten. Eine große Entdeckung als Koloratursopran! Das andere Frankfurter Eigengewächs Kateryna Kasper steht ihr als Romilda in nichts nach und läßt besonders für die verschiedenartigen Valeurs ihres einschmeichelnden Soprans aufhorchen. Zum Ende bekommt sie noch zwei Kleiderwechsel, erscheint aber eher nicht enthusiasmiert, dass sie bei ihrem angestammten Geliebten Arsamene verbleiben soll. Dieser ist mit Eric Jurenas ein Countertenor von höchsten Gnaden und ganz erlesener Sorte besetzt. Glatzköpfig bewegt er sich und turnt  auf dem Tisch herum, zerrt an der Tischdecke bis alles herunter kracht, um seine Romilda zu behalten. 

Vielleicht auch eine Neuentdeckung ist Cecelia Hall in der Titelrolle, ein „weiblicher“ Herrscher par excellence. Und da sitzen auch alle Koloraturen wie auf einer Kette aufgereiht dieser bemerkenswert leicht guttural getönten Prachtstimme. Wie sie sich immer wieder an Romilda heranpirscht und vermeintlich zum Schluß ihr erlösendes Ziel erreicht, ist neben ihrer smarten Frack-Erscheinung aber ihrer anmutigen Silberstimme geschuldet.                                                         

Friedeon Rosén

 

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